Ein Erfolg: Gstaader Bildhauer-Symposium

  07.08.2018 Kunst, Event

Innerhalb von drei Tagen wurden aus drei Baumstämmen, eineinhalb Meter hoch und mit einem Durchmesser von 50 Zentimetern, drei aussergewöhnliche Skulpturen. Den drei jungen Holzbildhauern konnte man auf dem Kapälliplatz bei ihrer Arbeit mit Elektrosäge und Schnitzmesser zuschauen.

ANITA MOSER
Live bei der Entstehung eines Kunstwerkes dabeisein – das war von Freitag bis Sonntag auf dem Kapälliplatz in der Promenade möglich. Initiiert wurde das Gstaader Bildhauer-Symposium von Barproject.ch.

Mit der Motorsäge machten sich die jungen Holzbildhauer Angela Galli, Sebi Loibl und Martin Chardonnens am Freitagmittag an die Arbeit. Aus Rücksicht auf die Nachbarschaft musste man für diese rudimentären ersten Schnitte kurzzeitig zum Rüttischulhaus dislozieren. Auf dem Kapälliplatz kamen dann die viel leiseren Elektromotorsägen sowie das Schnitzerwerkzeug zum Einsatz. Während Stunden wurde gesägt, geschnitzt und gehobelt … und von den vielen Beobachtenden gerätselt und gemutmasst, was denn am Schluss herauskommt.

Ein Steinbockkopf, ein Huhn und ein «Nüt»
Während das Huhn von Angela Galli und der Steinbockkopf von Martin Chardonnens schon bald Form annahmen, ging das Rätselraten beim Objekt vom einheimischen Sebi Loibl munter weiter. Eine Kobra? Ein Mensch? Ein König? Ein Flamingo? Genau das ist es, was Sebi Loibl gefällt. Seine Skulptur sei ein «Nüt». Er habe versucht, etwas zu machen, das zwar am Schluss schön aussehe, aber nichts darstelle. «Es ist doch cool, wenn alle etwas anderes in einem Kunstwerk sehen». Loibl hat als Erstausbildung Schreiner gelernt und danach wie die beiden anderen Künstler die Holzbildhauerschule in Brienz abgeschlossen. Im Moment absolviert er seinen Zivildienst im Chinderhuus Ebnit. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich im Winter als Skilehrer. Zudem arbeitet er im und fürs Iglu und kann dort auch als Künstler seine Kreativität einsetzen. «Und ich arbeite auch noch sehr gern als Schreiner.» Aber irgendwann möchte er von seiner Arbeit als Holzbildhauer, als Künstler leben können. «Und am liebsten eigene Ideen umsetzen.»

Auch Martin Chardonnens aus dem freiburgischen Le Mouret möchte von der Kunst leben können. «Ich wollte nicht mein ganzes Leben lang Küchen, Fenster und Möbel machen», sagt der gelernte Möbelschreiner und Holzbildhauer. Er möchte beide Ausbildungen verbinden, auf Auftrag arbeiten, aber auch eigene Sachen kreieren. «Ich habe noch viele verrückte Sachen im Kopf – etwas mit Licht und Schatten, wie die chinesischen Schattenspiele.» Tiere liegen ihm. Für das Symposium in Gstaad hat er sich für einen Steinbockkopf entschieden. «Keine wirklich richtig typische Brienzer Skulptur», lacht er.

Bereits den Schritt in die Selbständigkeit gewagt hat Angela Galli aus Wil. Ursprünglich hat sie Polydesignerin 3D gelernt. «Design finde ich mega spannend, auch die Arbeit mit verschiedenen Materialien», sagt sie. Sie kombiniere gerne Textil mit Holz. «Zurzeit arbeite ich an einem Schaukelschaf für Kinder.» In Gstaad hat sie aus dem Baumstamm ein filigranes Huhn auf Stelzen gesägt und geschnitzt.

Die junge Berufsfrau hat mit ihrem Kissentaburett und Sitzbank den Kiwanis-Förderpreis für Kunsthandwerk gewonnen. Wie ihre beiden Schul- und Berufskollegen möchte auch Angela Galli eigene Ideen verwirklichen und bestenfalls davon leben können.

«Einfach ein schönes Kunstwerk»
Alle drei Skulpturen sind bei den Promenierenden auf jeden Fall gut angekommen. Viele sind stehen geblieben und haben eine Weile zugeschaut. Mehr als eine Weile – und zwar am Samstag wie am Sonntag – sehr interessiert zugeschaut hat Raphael Krieg. «Ich schnitze gerne», sagte der 10-Jährige aus Arlesheim, der mit seiner Familie in der Region Ferien verbringt. Früher habe er mit dem Sackmesser Stecken geschnitzt. Den Holzbildhauern auf dem Kapälliplatz hat er viele Fragen gestellt. Angela Galli hat ihm ein Stück Holz geschenkt und Schnitztipps gegeben. Wer weiss, vielleicht liegt unter dem Weihnachtsbaum dereinst eine Schnitzwerkzeugkiste. Sebi Loibls Skulptur habe zu Beginn wie ein Elefant ausgesehen, sagte Raphael auf eine entsprechende Frage. Und am Schluss? «Es ist einfach ein schönes Kunstwerk!»

Die drei Skulpturen sind bis Ende Sommersaison in drei Hotels ausgestellt – das Huhn im Gstaaderhof, der Steinbockkopf im Gstaad Palace und die namenlose im Huus. Alle drei stehen zum Verkauf. Interessierte können sich direkt in den jeweiligen Hotels melden.

Weitere Fotos unter https://tinyurl.com/ydfdmzj7
Video: https://tinyurl.com/ycdrwbqz


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