Sessionsrückblick mit Erich von Siebenthal und Anne Speiser
02.11.2018 ZweisimmenNationalrat Erich von Siebenthal berichtete über die Herbstsession im Nationalrat und stellte die bevorstehenden Entscheide der EU gegenüber in den Vordergrund. Anne Speiser blieb bei ihren SVP-Leisten und fasste zwei heisse Eisen an: das bäuerliche Pachtrecht und die schwächer werdende Ärztedichte im Berner Oberland.
Dass die parlamentarische Arbeit kein Zuckerschlecken ist, hat Erich von Siebenthal anhand des Tagesplans der Sitzungen der Räte in Bern dargestellt. Es brauche Überzeugung und und das nötige «Gspüri», wie man die Meinung des Volkes in Bern vertreten könne, dann sei die Arbeit in Bern nicht nur interessant, sondern mache auch Spass. Die Familie im Hintergrund müsse die vielen Absenzen tragen können, sie sei ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Arbeit in Bern. Er bedaure die schwache Anteilnahme der Bevölkerung am Politgeschehen und will für die nächste Legislatur Periode erneut mit Überzeugung als Nationalratskandidat antreten.
Rückblick auf die Herbstsession 2018 im Nationalrat
Erich von Siebenthal meinte: «Auch wenn die Geschäfte immer schwieriger werden und Entscheidungen zu Gunsten der Schweiz immer härter zu erringen sind, kommt es für mich nicht in Frage, Bedingungen unter dem Druck aus der EU zu akzeptieren.» Die Bauern hätten heute eine stabile Lobby im und um das Parlament. Die Zusammenarbeit zwischen den Bauern, dem Gewerbe und der Industrie sei lebensnah und kompromissfähig. Es sei immer wieder anspruchsvoll, über die Parteigrenzen Mehrheiten zu bekommen.
Von den sieben wichtigsten Geschäften ging Erich von Siebenthal hauptsächlich auf die bevorstehenden Entscheidungen (Rahmenabkommen, Schengen Abkommen) der EU gegenüber und auf die hängigen Initiativen ein. Nationalrat Erich von Siebenthal äusserte sich klar zum Rahmenabkommen mit der EU: «Das Rahmenabkommen geht für mich nicht!» Der Bundesrat versuche jedes Jahr, die Direktzahlungen der Bauern zu kürzen. Im Gegenzug wolle man, ohne das Parlament zu konsultieren, die Kohäsions-Milliarde an die EU bezahlen. Es könne nicht sein, dass der Bundesrat gegenüber der EU eine positive Ausgangslage schaffen wolle, um ein Rahmenabkommen mit der EU zu ermöglichen.
«Wer soll in der Zukunft in der Schweiz bestimmen? Das Volk als oberster Gesetzgeber, wie es in unserer Bundesverfassung steht, oder sollen es Bürokraten, Experten, Gerichte und internationale Organisationen für uns tun?», stellte Erich von Siebenthal in den Raum. Heute würden einige Volksbeschlüsse nicht umgesetzt (Masseneinwanderungs-, Ausschaffungs-, Unverjährbarkeits- oder Pädophileninitiative). «Aufhorchen liess der Entscheid 2012, als eine Kammer des Bundesgerichts die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vor die Verfassungsbestimmung über die Ausschaffung krimineller Ausländer stellte», so Erich von Siebenthal. Bedenklich sei, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Menschenrechtskonvention «dynamisch» weiterentwickle. Zum Beispiel habe er verhindert, dass kriminelle Ausländer nicht ausgeschafft wordens seien, er habe das Recht auf Geschlechtsumwandlung legalisiert und entschieden, dass das Dublin-Abkommen nur teilweise gelte. «Da stellt sich uns die Frage, welche Rechtssicherheit haben wir, wenn nicht mehr unser Land als letzte Instanz entscheiden kann.» Das werde unberechenbar, wir hätten die Bundesverfassung, diese ausschliesslich anzuwenden habe sich bewährt. Dazu komme, dass die EU sich einem Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) selber widersetze. Der europäische Gerichtshof habe in seinem Gutachten 2014 begründet, dass ein Beitritt der EU in die EMRK die Autonomie des Unionsrechts verletzen würde. Die EU halte an ihrem Recht zur Selbstbestimmung fest. «Warum soll es denn die Schweiz tun?», so von Siebenthal. «Die Menschenrechte sind in der Bundesverfassung festgehalten, da wollen wir keine Einmischung der EMRK. Vertrauen wir weiterhin auf unsere Neutralität mit all deren bewährten, durch unsere Demokratie errungenen Gesetze und Gerichte», schloss Erich von Siebenthal.
Grossrätin Anne Speiser zum Grossen Rat des Kantons Bern
«Nachdem sich nach der letzten Wahl vieles geändert hatte, musste sich der neue Grosse Rat neu konstituieren, die neuen Gesichter bei den Regierungsräten haben Änderungen und Umbesetzungen gebracht, an die man sich zuerst hat gewöhnen müssen», meinte die wiedergewählte Grossrätin. Mit Genugtuung hat Anne Speiser die Abweisung des SP-Antrages, die Finanzierung im Wahlkampf offenzulegen, dargestellt. Für die Regierungsratswahlen seien neue Regelungen durchgesetzt worden. Beim bäuerlichen Pachtrecht (Motion Graber) seien nur geringfügige Änderungen beschlossen worden. Ein landwirtschaftlicher Betrieb werde dem Hügelgebiet zugeteilt, wenn der Hauptteil seiner landwirtschaftlich genutzten Fläche in diesem Gebiet liege. Landwirtschaftliche Betriebe im Berg- und Hügelgebiet gemäss Artikel 1, Absatz 5 der eidgenössischen Verordnung vom 7. Dezember 1998 über den landwirtschaftlichen Produktionskataster und die Ausscheidung von Zonen (Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung), welche die Voraussetzungen von Artikel 7 BGBB hinsichtlich der Standardarbeitskraft (SAK) nicht erfüllten, seien den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellt, wenn für ihre Bewirtschaftung mindestens 0,6 SAK nötig seien. Alle übrigen landwirtschaftlichen Betriebe, welche die Voraussetzungen von Artikel 7 BGBB hinsichtlich der SAK nicht erfüllten, seien den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellt, wenn für ihre Bewirtschaftung mindestens 0,85 SAK nötig seien.
Aus der Fürsorgekommission berichtete Anne Speiser, dass im Oberland zunehmend Lücken in der hausärztlichen Versorgung entstünden. Es fehle an Hausärzten, Kinderärzten und Psychiatern im ganzen Oberland respektive im ganzen Kanton. Da die Generationen-Ablösung oft schwierig sei, und die jungen Ärzte wegen der Veränderung in unserer Gesellschaft auch nicht mehr bereit seien, Wochenarbeitszeiten inklusive Pikett von über 80 Stunden zu leisten, würden die Praxen im Oberland verwaisen. An verschiedenen Möglichkeiten arbeite man, eine Lösung sei aber nicht in Sicht. Dass man in Spitälern kaum noch Schweizerdeutsch höre, ermutige auch nicht.
WALTER ZELLER