Heisser Jazz – in Zweisimmen gespielt

  01.02.2019 Kultur

Mit Christoph Steiners «Escape Argot» trat am vergangenen Samstagabend ein hochkarätiges Jazz-Trio auf, welches seine Songs feinfühlig, sackstark und sehr heiss vortrug. Die Organisatoren von Zweisimmen Jazz hatten in die katholische Kirche geladen, wo das mutige und neugierige Publikum hoch begeistert und heiter bereichert einen aussergewöhnlichen Konzertabend geniessen durfte. Am Nachmittag fand die jährlich gut besuchte Hauptversammlung des Zweisimmen Jazz Clubs statt.

 

Man kann davon ausgehen, dass die Bandmitglieder sehr wohl etwas am Hut haben mit «Plutimikation», nicht so wie Pippi Langstrumpf. Es ist schier unerklärbar, welche Töne die drei Musiker dem sakralen Raum am vergangenen Samstagabend einhauchten, diesen einlullten und mit schmeichelhafter Musik umgaben. Wahrscheinlich sind diese Jazzmusiker von einem anderen Stern, fast wie es bei Pippi auch den Anschein macht. Angesagt war streng genommen zeitgenössischer und moderner Jazz. Nicht das erste Mal sollte es sein, dass die Empfindung vor Ort dann entgegengesetzt positiv und eben schmeichelhaft schön war. Das feine Auberginen-Süppchen von Leila, welches die drei aus Burgdorf, Freiburg und Zürich stammenden Künstler vor dem Konzert aufgetischt bekamen, hatte wohl seine Wirkung gezeigt.

 

Wie ein Gedicht kam das eineinhalbstündige Konzert rüber, ein wenig wie der Titel des aktuellen Albums, das «Still Writing Letters» heisst. Ein anderer Song hiess «Empty Books», aber so wars dann nicht gemeint, und ganz bestimmt nicht wie «Get That Poison Off That Tongue», «Against Versus Contra» oder «Dichter im Stress» – niemals! Eher wie «The Remains of Lightness».

 

Christoph Steiner ist ein ausgezeichneter Schlagzeuger und Bandleader, der es versteht, seine Ideen auf sein Trio zu übertragen. Er ist auch der Komponist all dieser Musiktitel. Ihm wurde vor nicht allzu langer Zeit sogar die Ehre zuteil, als erster Schweizer Jazzmusiker in der Elbphilharmonie in Hamburg zu spielen. Was für eine Ehre. Das war aber mit «Hildegard» ein anderes erfolgreiches Kapital in seinem künstlerischen Leben. Entsprechend dem guten Raumklang in der katholischen Kirche spielte die ganze Band nicht ganz so energisch wie üblich, aber sehr gekonnt, und Steiner setzte seine Schlagstöcke und Besen gefühlvoll und mit Mass ein. Seine Mitmusiker Christoph Grab am Alt- und Tenorsaxophon und Florian Favre am clubeigenen Konzertklavier setzten ihre Akzente würdig in diesem wunderbaren Jazzspiel. Ein besonderer Leckerbissen für «Bassfühlige» war das vom sehr innovativen Favre manchmal gleichzeitig zum Klavier und mit der linken Hand gespielte «Moog». Es ist ein Synthesizerpiano mit nur 37 Tasten, welches den legendären Moog-Basssound von sich gibt. Eine schöne Ergänzung zum Sound von «Escape Argot».

 

Zum Schluss sei vermerkt, dass wieder einmal ein wahrhaftig würdiger Konzertabend stattgefunden hat mit absoluten Stars dieser Szene, welchen hierzulande zu wenig Beachtung geschenkt wird. Mit Grab, Steiner und Favre sind in Zweisimmen hochkarätige 30- bis 40-jährige Musiker aufgetreten, welche auch international standhalten und hohes Ansehen erreichen werden.

 

ZWEISIMMEN JAZZ/MARKUS BACHMANN


 

Der nächste Konzertabend im 25. Programm von Zweisimmen Jazz findet Anfang März statt. «Nilo Bortot’s Trio» wird im Beinhaus Jazzstandards vom Feinsten vortragen. Der Vorverkauf läuft bereits.


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