Mein Grossonkel Ferdinand Wehren

  15.03.2019 Leserbriefe

Mit Interesse habe ich den Artikel «Als leblose Helden kehrten sie ins Saanenland zurück» im «Anzeiger von Saanen» vom Dienstag, 5. März 2019 zum tragischen Ballonunglück in Brüssel im Jahr 1923 gelesen. Dabei ist neben Christian von Grünigen auch mein Grossonkel Ferdinand Wehren ums Leben gekommen. Wie im Artikel zu lesen ist, fand das Ereignis ein riesiges Echo und grosse Anteilnahme in der ganzen Schweiz und natürlich insbesondere in Saanen.

Zur Erinnerung an das Ereignis und an die Trauerfeier in der Kirche Saanen hatte damals die Buchdruckerei W. Stämpfli, Thun (die auch den Druck des «Anzeigers von Saanen» besorgte), eine 48-seitige Broschüre veröffentlicht. Darin sind in verschiedenen Artikeln ausführlich der Gordon-Bennett-Wettbewerb, der Ballon «Genève» der beiden Schweizer, die Ereignisse, die Überführung der Toten nach Saanen und schliesslich die Trauerfeier dokumentiert.

Enthalten ist auch der Artikel, der im «Anzeiger von Saanen» erschien, betitelt «Die Leichenfeier in Saanen am 30. September.» Er beginnt mit den Worten: «Wohl noch nie hat Saanen eine so eindrucksvolle Trauerfeier erlebt, … Über tausend Personen mögen sich an diesem strahlend schönen, sommerlich milden Tag … versammelt haben.»

Robert Schneiter, ehemaliger Pfarrer in Saanen, hat zweifellos recht: Die Erinnerungsplakette muss nicht zwingend am Fuss des Kirchturms montiert sein. Dabei verkennt er aber die erschütternde Wirkung, die das tragische Ereignis damals in der Talschaft hervorgerufen hat. Die beiden Ballonfahrer waren waghalsige und populäre Mitbewohner, deren Tun bewundert wurde (in einem Filmfragment von Fotograf Naegeli aus Gstaad, das Christian Högl kürzlich wieder zugänglich gemacht hat, ist Ferdinand Wehren, evtl. auch Christian von Grünigen, beim Bergsteigen zu sehen). Nicht zuletzt war Ferdinand Wehren einer der Söhne von Ruedi Wehren, Lehrer in Saanen, als Gründer und langjähriger Redaktor des «Anzeigers von Saanen» eine wichtige Figur im Leben der Talschaft, was sicher eine Rolle spielte. Es ging also nicht einfach um «… besonders vermögende Bürger von Saanen mit einem grossen Einfluss auf den Kirchgemeinderat, … die erreichten, dass die Gedenktafel an der Kirche montiert wurde», wie Pfarrer Schneiter vermutet. Wer die Auftraggeber für die Tafel waren, ob die Initiative dazu überhaupt aus den betroffenen Familien kam, wer sie geschaffen hat und wann genau sie montiert wurde, kann ich leider nicht sagen. Hier könnten wohl am ehesten Dokumente der Kirchgemeinde Aufschluss geben.

Ruedi Wehren hat übrigens, nachdem er bereits seine Ehefrau verloren hatte, den Verlust seines Sohnes nicht verwunden und ist kurz darauf gestorben.

H.R.WEHREN, BASEL/GSTAAD


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