Im Saanenland und Obersimmental gibt es die meisten Biobauern

  12.04.2019 Landwirtschaft, Saanenland

Nirgendwo im Kanton Bern gibt es so viele Biohöfe wie im Saanenland und Obersimmental. Und die Erfolgsgeschichte geht weiter. Jedes Jahr stellen neue Höfe auf Biobetrieb um. Nun hoffen die Verantwortlichen, dass auch die Nachfrage anhält.

SABINE REBER
Die Zahlen sind eindrücklich. In der Region Obersimmental-Saanen zählt der Kanton Bern 576 Direktzahlungsbetriebe. Davon sind 156 als Biobetriebe registriert. Das macht 27,08 Prozent. Also fast jeder dritte Betrieb wirtschaftet hier nach den Biorichtlinien. Ernst Flückiger ist Leiter Fachbereich Beratung Inforama beim Kanton Bern und dort für die «Bio-Offensive» zuständig. Er sagt: «Das Saanenland hat mit über 27 Prozent verglichen mit dem kantonalen Durchschnitt von 12 Prozent einen sehr hohen Anteil an Biobauern.»

Im Saanenland haben viele Betriebe schon vor zehn, fünfzehn Jahren auf Bio umgestellt. Flückiger: «Im Berggebiet werden die Betriebe grundsätzlich extensiver bewirtschaftet als im Mittelland. Reine Graswirtschaftsbetriebe mit Milch- und Fleischproduktion sind einfacher auf Bio umzustellen als Ackerbaubetriebe.»

Bio bringt beachtliche Vorteile
Auch Christoph Bach, Präsident Landwirtschaftliche Vereinigung Saanenland, weiss: «Bei uns oben ist es einfacher, als Biobetrieb zu arbeiten, weil wir hier praktisch keinen Ackerbau betreiben.» Bei der Viehwirtschaft sei die Differenz zwischen Bio und konventionellem Betrieb im Alltag auf dem Hof gar nicht so gross. Im Ackerbau sei die Umstellung viel schwieriger, und ohne Pestizide zu arbeiten sei dort eine viel grössere Herausforderung. Bach erläutert weiter: «Bei der Fütterung gibt es im Biobereich Einschränkungen, sodass Kraftfutter wegfällt und überhaupt weniger Futter zugekauft werden darf.»

Hingegen bringt es für die Bauern beachtliche Vorteile, wenn sie auf Bio umstellen: «Sie bekommen höhere Direktzahlungen pro Fläche, das ist natürlich ein Ansporn für die Umstellung.» Auch für die Milch bekommen die Biobauern mehr Geld. Derzeit macht der Mehrbetrag pro Liter Biomilch laut Bach 15 bis 20 Rappen mehr aus. Er betont aber, dass auch in unserer Region die Unkrautbekämpfung im Biolandbau wesentlich aufwendiger sei. Bach: «Durch diese Mehrarbeit sind die höheren Direktzahlungen gerechtfertigt.»

Der Präsident der Saaner Bauern sieht die Entwicklung hin zu mehr Biobetrieben grundsätzlich etwas kritisch und gibt zu bedenken: «Wenn plötzlich alle umstellen, dann haben wir ein Problem. Die Nachfrage muss nämlich Schritt halten mit der Produktion.» Mehr Bio, das gehe nur, wenn auch die Konsumenten regelmässig entsprechend mehr Bioprodukte kauften. Bach betont: «Das Angebot und die Nachfrage müssen übereinstimmen, sonst funktioniert das auf die Dauer nicht!»

Offenheit dank Tourismus
Aber Ernst Flückiger vermutet, dass es noch einen weiteren Aspekt gibt, warum im Saanenlan besonders viele Bauern auf Bio umstellen: «Viele Bauern sind hier auch als Skilehrer tätig, und die Region hat schon sehr lange eine starke touristische Prägung».

Der Fachmann vermutet, dass das ein Grund ist für die vielen Biohöfe im Saanenland, denn durch den Tourismus seien die Menschen hier grundsätzlich offener für Neuerungen. Er meint: «Diejenigen Bauern, die als Skilehrer arbeiten, sind ja oft auch befreundet mit ihren Gästen. So haben sie einen direkten Kontakt zu den Absatzmärkten.» Dank dem Tourismus seien die Saaner Bauernfamilien tendenziell weltoffener und aufgeschlossener für Veränderungsprozesse. Flückiger: «Sie bekommen halt in der Region Gstaad mit, was international läuft, und spüren darum auch besser, was die Konsumenten wünschen.»

Für diese Theorie spricht, dass am zweitmeisten Biohöfe auf der anderen Seite des Berner Oberlands verzeichnet sind, nämlich in den Regionen Grindelwald, Adelboden und Hasliberg, wo ebenfalls viele Bauern als Skilehrer arbeiten.

Ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage schaffen
Der Berner Regierungsrat will die «Bio-Offensive» laut Flückiger verstärkt weiterführen, denn: «Der Markt wächst, insbesondere bei den Grossverteilern wie Migros und Coop. Und da sollen die Berner Bauernfamilien teilhaben!» Derzeit würden noch sehr viele Bioprodukte aus dem Ausland importiert, bedauert Flückiger. Das sei natürlich für die Berner Landwirtschaft nicht erfreulich. Er sagt: «Solange die Kunden Schweizer Bioprodukte und insbesondere Bioprodukte aus der Region kaufen, solange dafür ein Absatzmarkt besteht, unterstützt der Kanton die Berner Landwirtschaft in diesem Bereich. Allerdings müssen wir mit wachen Augen aufpassen, dass Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht bleiben und nicht plötzlich ein Überangebot entsteht.»

 


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