Sachliche Diskussion zu den Vorlagen des Gemeinderats

  24.04.2019 Gemeinde, Politik

An der Bäuertversammlung Schönried, Gruben und Saanenmöser standen die Vorlagen der gemeinderechtlichen Grundordnung zur Diskussion. Die vorgesehenen Änderungen bezüglich Bäuertenansprüchen und Nachkreditvergaben wurden besonders kontrovers diskutiert. Schliesslich entstand eine Mitwirkungseingabe.

SARA TRAILOVIC
«Die Informationsveranstaltung hat sich definitiv gelohnt», sagte Gemeinderat Hans Peter Schwenter. Knapp 40 Personen hatten sich am 16. April versammelt, um über die vorgesehenen Änderungen in den gemeinderechtlichen Grundordnungen (Organisationsreglement und Abstimmungs- und Wahlreglement) zu diskutieren. Fazit: Zahlreiche Änderungen werden von den Anwesenden an der Bäuertversammlung nicht unterstützt.

Ein basisdemokratischer Anlass
Organisiert hatten die «basisdemokratische» Veranstaltung Gemeinderat Hans Peter Schwenter und Rolf Schwenter, Präsident der Dorforganisation Schönried. «Wir wollen die Stimmung der Bevölkerung herausspüren», sagte Rolf Schwenter. «Grundsätzliche Reglementsänderungen wie diese sollten unserer Meinung nach breiter diskutiert werden.» Im Laufe des Abends stimmten die Anwesenden über 13 relevante Vorlagen des Gemeinderates ab. Die Resultate der Abstimmungen seien zwar nicht rechtskräftig, allerdings werde die Haltung der Votanten in Form einer Mitwirkungseingabe an die Gemeinde weitergereicht, informierte Hans Peter Schwenter auf Nachfrage.

Für die Verlängerung der Amtsperiode des Gemeindepräsidenten
Bevor es zur Abstimmung kam, zitierte Hans Peter Schwenter die aktuellen Grundordnungsartikel und die dazugehörenden Vorlagen. Die Anwesenden plädierten unter anderem gegen die Abschaffung der Geschäftsprüfungskommission sowie gegen die Schliessung der Wahllokale in Schönried und Gstaad. Die geplante Verlängerung der Amtszeit des Gemeindepräsidenten von drei auf vier Amtsperioden (davon während höchstens zwei vollen Amtsperioden als Präsident) sowie die Anonymisierung der Stimmabgabe stiessen hingegen klar auf Zustimmung.

Gegen die Abschaffung der Bäuertansprüche
Der Gemeinderat schlägt die Streichung der Bäuertansprüche vor. «Die Bevölkerung soll keine Bäuertvertreter, sondern Gemeinderäte als Vertreter der gesamten Gemeindebevölkerung wählen», steht in den Erläuterungen zur Vorlage. An der Informationsveranstaltung war man geteilter Meinung. Es sei illusorisch zu glauben, dass alle für alle in gleichem Masse einstünden, meinte etwa Rolf Schwenter. Gemeinderat Philippe Bigler konterte: «Ich arbeite seit Jahren in Saanenmöser, wohne aber in Saanen. Es wäre mir noch nie in den Sinn gekommen, eine Ortschaft politisch zu bevorzugen.» Aussenbäuerten sollten mit einem Minimum vertreten sein und somit auch immer auf dem neusten Stand bleiben, meinte ein weiterer Votant. «Das aktuelle Reglement gleicht demografische Vor- und Nachteile aus und ist deshalb fair», sagte Rolf Schwenter. Die grosse Mehrheit sprach sich schliesslich für die Beibehaltung der Bäuertansprüche aus.

Finanzen und Referenden
Drei Vorlagen betreffend die Finanzen sorgten vorerst für Verständnisprobleme in der Turnhalle Schönried. Stark vereinfacht gesagt, sollen die Änderungen den Handlungsspielraum der Gemeinde erweitern. Die Anwesenden sprachen sich zum einen gegen eine Erhöhung der Finanzkompetenzen des Gemeinderates aus, andererseits votierten sie gegen die Absicht der Behörden, die Anzahl Unterschriften für ein fakultatives Referendum von heute 150 auf 200 zu erhöhen. Im vergangenen Jahr sei bloss ein Referendum zustande gekommen, informierte Hans Peter Schwenter.

Präzisierung wird gewünscht
Bei der Abstimmung zum komplett neuen OgR-Artikel 32.1 kam es zu besonders intensiven Diskussionen. In der Reglementsvorlage steht: «Der Gemeinderat kann Vorlagen anstatt an der Gemeindeversammlung auch mittels Urnenabstimmung dem Stimmbürger vorlegen.» Die Anwesenden lehnten den Vorschlag ab, allerdings nicht grundsätzlich. Störend empfanden sie die ergänzende Formulierung, dass der Gemeinderat «situativ» entscheiden könne, wann es zur Urnenabstimmung kommen solle. Die Mehrheit würde den neuen Artikel mit klar ausformulierten Spielregeln akzeptieren.

Weitere Anliegen
Im Anschluss an die Abhandlung der vorgesehenen Gesetzesänderungen eröffneten die Organisatoren die Diskussion für verschiedene Anliegen. Hans Peter Schwenter fasste die Anmerkungen der engagierten Bürger/innen aus Schönried, Gruben und Saanenmöser wie folgt zusammen: «Schneedepot, Ortsdurchfahrt, Hubelstrasse und Parksituation in Schönried sind Themen, welche der Bevölkerung am Herzen liegen.» Er werde diese Anliegen aktiv im Gemeinderat einbringen, versprach Hans Peter Schwenter. Wenig Verständnis hat die Bevölkerung auch für die Auflösung der Kartonsammelstelle, und zu reden gaben auch die MOB-Bahnübergänge in Schönried und Saanenmöser. Weitere Emotionen löste die Parksituation aus: «Eine neue Bergbahn macht ohne Verbesserung der Parkmöglichkeiten keinen Sinn», sagte ein Votant.

Mitwirkungseingabe
Er werde die protokollierten Abstimmungsergebnisse und Rückmeldungen in Briefform dem Gemeinderat übergeben, betonte Hans Peter Schwenter (siehe Kasten). Rolf Schwenter bedankte sich für die sachliche Diskussion. «Es ist wichtig, dass wir auch mit unseren Gästen im Gespräch bleiben.»

Der komplette Entwurf der überarbeiteten Grundordungen der Gemeinde Saanen ist auf der Webseite der Gemeinde einsehbar. www.saanen.ch/Neuigkeiten


WEITERES VORGEHEN

Der Gemeinderat hat die Überarbeitung der gemeinderechtlichen Grundordnung beschlossen. Diese umfasst das Organisationsreglement (OgR) aus dem Jahr 1999 sowie das Abstimmungs- und Wahlreglement (AWR) von 2012. Die Reglemente waren bis zum 18. April öffentlich zur Mitwirkung aufgelegt.

Bis Eingabeschluss wurden vier Eingaben eingereicht. Der Gemeinderat wird diese bis am 30. April einsehen und allenfalls in die Vorlagen einfliessen lassen. Danach prüft das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) die Revisionsvorlagen auf die Konformität bezüglich übergeordneter Gesetze. An der Gemeindeversammlung vom 13. September oder 6. Dezember 2019 wird definitiv über die überarbeitete Grundordnung abgestimmt.

 


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