Frauenstreik 2019 – zwei Einheimische wollen ein Zeichen setzen

  24.05.2019 Gesellschaft

28 Jahre nach dem ersten Frauenstreik in der Schweiz sind viele Forderungen immer noch aktuell. Zwei Frauen aus der Region werden am 14. Juni aktiv, an der Kundgebung in Bern aber auch hier im Saanenland.

SARA TRAILOVIC
«Männersache» heisst die erste automatische Ergänzung, wenn man bei Google den Suchbegriff «Frauen sind» in der Google-Suche eingibt. Überspitzung oder Realität? Tatsache ist, dass unzählige Frauen am 14. Juni in der ganzen Schweiz streiken werden, um für die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung der Geschlechter einzustehen. Auch Moni (Monica) Bigler aus Saanen und Nadja Ruchti aus Gstaad werden ihre Arbeit niederlegen. Sie sprachen mit dem «Anzeiger von Saanen» über ihre Beweggründe und das geplante Gipfelfeuer.

Solidarität zeigen
«In vielen Teilen der Welt sind Frauen immer noch stark benachteiligt», empörte sich Moni Bigler. Dafür wolle sie Solidarität zeigen. «Wir müssen uns beteiligen», meinte Nadja Ruchti, «gerade wegen unserer bequemen Lage.»

Seit dem ersten Frauenstreik 1991 sind viele Forderungen immer noch nicht umgesetzt worden und die Ungerechtigkeit zeigt sich in vielen Facetten. Nadja Ruchti führte aus: «Wir Frauen erledigen immer noch zwei Drittel der unbezahlten Arbeit. Das bedeutet nicht nur weniger Lohn, sondern auch weniger Anerkennung und niedrigere Renten.» Moni Bigler, Inhaberin des Coiffeurgeschäfts Hair Room in Gstaad: «Frauenberufe werden als weniger wichtig wahrgenommen und schlechter bezahlt.» Die beiden Frauen sprachen auch Aspekte wie sexistische Gewalt und Geschlechternormen an. Für sie ist klar: «Das Thema Gleichberechtigung ist noch nicht abgeschlossen!»

«Wir suchen Teilnehmer/innen»
Nadja Ruchti will ein Gipfelfeuer entfachen – «ein Zeichen setzen für die Rechte und den Wert der Frauen in unserer Gesellschaft.» Auch einheimische Frauen, die nicht an die grossen Kundgebungen in den Städten gehen können oder wollen, sollten sich am Frauenstreik beteiligen können, so Ruchti. Diverse Koordinationsgruppen unterstützen solche regionalen Aktionen, im Internet gibt es sogar Listen mit Streikideen. «Das Gipfelfeuer kommt nur zustande, wenn Frauen aus der Region sich aktiv melden und mitmachen.» Natürlich seien auch Männer willkommen, für Gleichberechtigung einzustehen. Die Aktion soll bei praktisch jeder Witterung stattfinden.

Geschäftsinhaberin Moni Bigler will das Saanenland gegen aussen hin vertreten. Sie wird ihr Coiffeurgeschäft am 14. Juni schliessen und zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen in Bern «Präsenz markieren». Sie sei sich bewusst, dass Sie als Geschäftsführerin bei bestem Willen nicht wahrhaftig streiken könne. «Und doch will ich Solidarität zeigen für all die Frauen, die in einer schwierigeren Lage sind.» Und sie verzichte schliesslich am 14. Juni auch auf die Einnahmen. «Unsere Arbeit ist wertvoll, das soll der Gesellschaft bewusster werden, aber auch uns Frauen selbst.»

Frauen und Männer, die am beim Gipfelfeuer mitwirken wollen, melden sich unter [email protected]. Wer am 14. Juni nach Bern fährt oder fahren möchte, kann sich bei Moni Bigler meldet unter +41 (0)33 744 98 88 / [email protected].


FRAUENSTREIK 1991 UND 2019

Am 14. Juni 1981 nahm das Schweizervolk einen Artikel zur Gleichstellung der Geschlechter in die Verfassung auf. Heute, 37 Jahre später, müssen die Frauen hierzulande feststellen, dass ihre Anliegen noch immer nicht in Realität umgesetzt worden sind. Die gleiche Situation herrschte bereits 10 Jahre nach der Einführung des Artikels. Im Oktober 1990 hatte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) die Idee eines nationalen Frauenstreiks offiziell lanciert. Daraufhin bildeten sich dutzende Komitees, sodass am 14. Juni 1991 rund 500’000 Schweizerinnen ihre Arbeit niederlegten.

Nach Demonstrationen für echte Lohngleichheit 2018 in Bern und den Frauenstreik-Blöcken am 1. Mai dieses Jahres in mehreren Städten, entschied der Frauenkongress des SGB, für den 14. Juni 2019 erneut zum Frauenstreik aufzurufen. Mittlerweile haben sich zahlreiche Frauen und Vereine zu Koordinationen zusammengetan, um Kampagnen mit Plakaten und Aktionen zu organisieren – darunter die Koordinationsgruppe Bern, der VPOD (Verband des Personals öffentlicher Dienste) oder der Gewerkschaftsbund Thun. Die Männer sind aufgerufen, sich mit dem Frauenstreik zu solidarisieren und ihn zu unterstützen, indem sie alles dafür tun, den Frauen die Teilnahme am Streik zu ermöglichen.

Die Frauenstreikbewegung fordert besonders:
– gleiche Arbeit, gleicher Lohn
– soziale Absicherung von Hausfrauen und Bäuerinnen
– Null-Toleranz für häusliche und sexuelle Gewalt
– Wertschätzung von Frauenberufen, Haus- und Hofarbeit
– Service public und Kinderbetreuung
– faire Renten für beide Geschlechter
– Lockerung der Geschlechterrollen

Mehr Infos unter www.frauenstreik19.ch – offizielle Webseite der VPOD www.frauen-streiken.ch – Berner Koordinationsgruppe


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