Freiberger Gewieher

  13.08.2019 Region

Freiberger Pferde? Hmm, was ist das? Ah doch, sind das nicht diese dicken, plumpen Bauerngäule, die früher bei der Arbeit in der Landwirtschaft eingesetzt wurden? Gibts die überhaupt noch? Kann man denn auf denen auch reiten? So und ähnlich tönt es, wenn wir Mitglieder des PZV Pferdezuchtvereins Saanen-Obersimmental als Züchter nach unseren Pferden gefragt werden.

In den Köpfen vieler Zeitgenossen spukt noch heute das Bild des kräftigen, gedrungenen sogenannten Jurapferdes, welches – meist in dunklen Ställen angebunden – gottergeben auf seinen Einsatz im Wald beim Holzrücken, dem Transport von Arbeitsmaterial, Käse und allerlei Gerätschaft in unwegsamem Gelände ausharrte.

Diese dunklen Zeiten sind zum Glück inzwischen vorbei. In der Freibergerzucht hat sich in den letzten Jahrzehnten durch gelegentliche Einkreuzungen von Warmblütern Wesentliches verändert. Als letzte noch lebende Schweizer Pferderasse (in den vergangenen 30 Jahren sind 18 von damals noch 19 heimischen Pferderassen ausgestorben!) und letzter Vertreter des leichten Kaltblutpferdes in Europa kommt der Freiberger mittlerweile durchaus sportlich und mit gefälligem Exterieur daher.

Zu diesem Wandel beigetragen haben auch die Bemühungen der Züchter des hiesigen Pferdezuchtvereins Saanen-Obersimmental, der bereits auf ein 108-jähriges Bestehen zurückblicken darf. 1911 in Zweisimmen als Zuchtgenossenschaft gegründet, wies diese in ihrer Blütezeit fast 160 Mitglieder auf. Ein Bestand von bis zu 100 Zuchtstuten,eine Fohlenweide,Hengststation(en) sowie mehrere Schauplätze zeugten von einem aktiven Zuchtgeschehen. Drei gekörte Freibergerhengste, die noch heute aktiv das Bild des sportlichen Freibergers prägen, entstammen dieser Genossenschaft und sind als herausragender Zuchterfolg von Heinz Schwarz aus der Lenk zu verzeichnen.

In einer Zeit schwindender Bedeutung des Pferdes als sogenanntes Arbeits- oder Nutztier ist zuletzt der Bestand an Freibergerpferden schweizweit und damit auch in unserem Verein spürbar zurückgegangen und die Zahl der Mitglieder schrumpft kontinuierlich. Um einem Aussterben dieser bereits als bedroht geltenden wunderbaren Schweizer Pferderasse entgegenzuwirken, sind erhebliche Anstrengungen nötig: Der Freiberger muss raus aus den Ställen und einer breiten Öffentlichkeit gezeigt werden!

Der moderne Freiberger, der nach wie vor einen gutmütigen, anständigen Charakter, robuste Gesundheit und überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft mitbringt, hat seinen bevorzugten Einsatz als nervenstarkes Allroundund beliebtes Familienpferd bei Geländeausritten und Kutschfahrten, darf sich aber zunehmend auch im Sport (Dressur, Springen, Gymkhana) sehen lassen und gehört im Fahrsport bei den Vierspännern inzwischen sogar zur absoluten Weltelite. Seine Unerschrockenheit und trittsichere Beweglichkeit, sein Gehorsam und das einwandfreie Zusammenspiel mit seinem Reiter prädestinieren es für einen Einsatz auch an Rindern.

Auch Mitglieder unseres Zuchtvereins stellten im vergangenen Mai jeweils vierjährige Jungpferde erstmals an einem offiziellen Freiberger Dressurturnier vor: Sonja Schwarz präsentierte den Fuchswallach Verano und Jasmin Schwenter startete mit ihrer dunkelbraunen Elitestute Demoiselle du Fâtre in einer vier- und fünfjährigen Freiberger Pferden vorbehaltenen Turnierkategorie an den FM-Dressurprüfungen in Schwarzenburg/BE. Mit ihrem mittlerweile nicht mehr aktiven Zuchthengst Valenzio ist Sonja Schwarz inzwischen bereits in höheren FM-Dressurklassen erfolgreich unterwegs.

Im August/September eines jeden Jahres finden die Fohlenschauen auf verschiedenen Schweizer Schauplätzen statt. Wir werden zu gegebener Zeit über die Teilnahme unserer Mitglieder mit ihrem jeweiligen Freiberger Nachwuchs an dieser Stelle wieder berichten.

PZV SAANEN-OBERSIMMENTAL, SUSANNE SCHWENTER-WOLFF


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