In der Zufriedenheit ein Wermutstropfen

  25.09.2020 Sport

20 Mal hat Otto Friedli den Hornberg-Hornusset, den er selbst ins Leben gerufen hat, organisiert. Jetzt zieht er einen Schlussstrich – und blickt stolz zurück auf die gelungenen Wettkämpfe, welche er über all die Jahre hinweg durchgeführt hat.

NADINE HAGER
1997 – in diesem Jahr sauste zum ersten Mal ein Nouss über die Wiese Horelägere auf dem Hornberg. Otto Friedli hatte diese weite Ebene beim Skifahren entdeckt und beschlossen, sie für seinen Lieblingssport zu gebrauchen. «Damals bestand noch nicht einmal der See auf dem Hornberg», erinnert er sich schmunzelnd mit seinem Fotoalbum in der Hand. Darin hat seine Frau für ihn alle 20 Hornussturniere mit Bildern, Ranglisten und Kommentaren festgehalten – und ihm damit ein Erinnerungsstück geschaffen, das er gerne andächtig durchblättert.

Etwas Besonderes
Normalerweise bestehen die beiden Mannschaften, welche gegeneinander antreten, aus 16 bis 18 Mann (bis heute ist das Hornussen ein Männersport). Der Hornberg-Hornusset jedoch zog regelmässig zwischen 40 und 50 Hornusser an. «Die Spieler suchten die Hornberg-Atmosphäre», erklärt Otto Friedli. Einerseits habe der Wettkampf auf dem Hornberg jeweils nach den beiden grössten Wettkämpfen des Jahres stattgefunden. Dadurch wäre die Stimmung sehr gelöst gewesen und jeder habe ohne grossen Druck sein Bestes geben können – vielen sei es dadurch sogar besser gelaufen als bei den grossen Turnieren. «Andererseits trug auch die schöne Landschaft dazu bei, dass der Hornberg-Hornusset stets etwas Besonderes war.» Dazu gehöre auch das unebene Gelände, welches gar nicht typisch sei für ein Ries (Anm. der Redaktion: Spielfeld) – das sei eine Herausforderung, die gerne angenommen werde. Zudem sei eine charakteristische Eigenheit gewesen, das lokale Gewerbe zu unterstützen – beispielsweise durch den Verkauf von Hornberg-Mutschli. Und verschmitzt lächelnd fügt er hinzu: «Ausserdem glaube ich, dass viele angezogen wurden von den besonderen Preisen, die man gewinnen konnte.»

Die Liebe zum Detail
Während bei gewöhnlichen Hornuss-Wettkämpfen nämlich eher kleine Preise für eine sehr beschränkte Anzahl von Hornussern herausspringt, hat Otto Friedli dies für den Hornberg-Hornusset von Beginn an anders vorgesehen. Auf der einen Seite vergab er stets viele Preise: Nicht nur die drei besten Hornusser durften jeweils ein Geschenk in Empfang nehmen, sondern auch alle ungerade Platzierten bis zum 27. Rang. «Meine Überlegung dahinter ist, dass auf diese Weise nicht immer nur die zehn besten Hornusser alles abräumen, sondern dass viele verschiedene Spieler einmal zum Zug kommen.» Auf der anderen Seite waren diese Geschenke stets etwas Besonderes: Otto Friedli hat für sie keinen Aufwand gescheut. Meistens hat seine Frau Ursula eigens hierfür Holzanfertigungen gemacht: Stühle, Uhren, Kistchen, Bretter mit Gravuren – einmal auch riesige Blumentröge. «Diese Tröge waren definitiv ein Highlight während diesen 20 Jahren! Bis wir die auf dem Hornberg hatten … Der Gewinner konnte seinen Preis kaum tragen, so schwer war er.» Auch Teilnehmer des Schätzwettbewerbes, welcher immer ein Teil des Hornussets war, wurden stets reich entlöhnt. Der Hauptgewinn beispielsweise war jeweils eine Übernachtung im Hotel Hornfluh für zwei Personen.

Auch jenseits der Preise gab Friedli viel Liebe ins Detail. So verteilte er bedruckte Kugelschreiber, welche er Monate zuvor in Auftrag gegeben hatte, bestellte Musiker für die gute Stimmung auf den Hornberg, sorgte für eine Festwirtschaft. «Für mich sind diese Details ein Weg, das Hornussen zu zelebrieren», erklärt er.

Eine Herausforderung
Die Kehrseite dieses liebevollen Feierns des Hornussens ist aber offensichtlich: Der Aufwand ist enorm. «Das Organisieren des Ries, die Materialbeschaffung, die Zubereitung des Essens und das Aufstellen der Festwirtschaft, die Dekoration, die Preise, die Rangverkündigung, die Inserate, die Musik ... Bis alles lief, war die Organisation jedes einzelnen Hornussets mit einer Anspannung für mich verbunden.» Und danach musste jeweils wieder alles abgeräumt werden, auch das brauchte Zeit. Hinzu kam ausserdem der finanzielle Aufwand, der nicht zu unterschätzen ist: Das meiste haben Otto Friedli und seine Frau Ursula Friedli aus eigener Tasche vorgeschossen und dabei nur teilweise auf Sponsoren gesetzt. Seine Frau hat ihn bei alldem zwar tatkräftig unterstützt – trotzdem sind 20 Durchführungen nun genug. Die Zeit für Entlastung – die Zeit für einen Schlussstrich – ist gekommen.

Der Abschied
«Den letzten Hornusset habe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge mitverfolgt», sagt Friedli im Interview. «Ich fand, dass eine super Stimmung herrschte, jeder half dem anderen und der Teamzusammenhalt war gross.» Deshalb sei es natürlich schade, dass dies nun vorbei ist. «Ein besonderer Wermutstropfen ist für mich, dass ich aufgrund gesundheitlicher Probleme an diesem letzten Hornusset nicht mitspielen konnte, obwohl ich diesen ja selber organisiert habe.» Trotzdem lässt Otto Friedli sich nicht unterkriegen. «Ich schaue gern auf die 20 Jahre zurück.» Und während er behutsam sein Fotoalbum mit 20 Jahren Hornberg-Hornusset durchblättert, die Bilder betrachtet und sich erinnert, lächelt er versonnen. «Ich bin stolz.»


OTTO FRIEDLI UND DAS HORNUSSEN

Wie viele Hornusser ist auch Otto Friedli schon früh in diesen Sport eingestiegen, weil sein Vater es ihm beibrachte. Als Siebenjähriger wohnte er im Emmental in Ferrenberg und lernte dort auch das Hornusser-ABC bei der Hornusser-Gesellschaft Schmidigen. «Vom Fünfjährigen bis zum Achtzigjährigen können im Hornussen alle gemeinsam spielen, das gefällt mir.» Ausserdem sei es spannend, dass es ein Mannschaftssport sei, in dem Einzelleistung ebenfalls zählt: Neben dem Punktestand, welcher über den Sieg einer der Mannschaften entscheidet, werden nämlich auch jene drei Hornusser geehrt, welche insgesamt am weitesten geschlagen haben – unabhängig von ihrer Mannschaftszugehörigkeit. Des Weiteren braucht es «Körper und Geist», wie Otto Friedli erklärt: «Du musst mental bereit sein, um den kleinen Nouss treffen zu können.» Friedli brennt also in vielerlei Hinsicht für diesen Sport. Nicht nur deshalb hat er sich dafür entschieden, den Hornberg-Hornusset auf die Beine zu stellen – er wollte auch den Sport mehr in seine Nähe bringen. Als damaliger Koch im Hotel Spitzhorn fehlte es ihm nämlich für seine geliebte Freizeitaktivität oft an Zeit – mit dem Hornberg-Hornusset hat er sich diese in die Nähe geholt.


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