Die verzweifelte Suche nach dem davongaloppierenden Glück

  15.09.2020 Vorschau

Wie jedes Jahr beteiligt sich die Abteilung Gstaad des Gymnasiums Interlaken am Festival Literarischer Herbst. Aufgrund der Corona-Pandemie muss das dieses Jahr in einer reduzierten Ausgabe stattfinden. Dementsprechend haben sich nur zwei Klassen mit einem Werk auseinandergesetzt, und zwar mit «Glück» der Autorin Dragica Raj ˇci ´c Holzner. Sie wird dieses sowie ihr soeben erschienenes Buch «Liebe um Liebe» am zweiten Tag des Festivals vorstellen.

Die Autorin
Dragica Raj^ci´c Holzner wuchs in Kroatien auf und verbrachte verschiedene Abschnitte ihres Lebens in Kroatien und der Schweiz. Sie floh vor dem Krieg, jobbte als Putzhilfe, gründete eine Zeitung, arbeitete als Journalistin und studierte schliesslich in Luzern. Seit den Siebzigerjahren betätigt sie sich als Schriftstellerin, zunächst in ihrer Muttersprache, später auch auf Deutsch. Sie wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, so zum Beispiel 1994 mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis. Ihr Werk «Glück» erschien 2019 in der Edition spoken script. Soeben ist ihr Roman «Liebe um Liebe» erschienen.

Das Werk
Auf den ersten Blick ist das Buch eine Prosagedichtsammlung. Erst beim näheren Hinschauen entfaltet sich eine Geschichte: In Rajˇci´cs Buch wirken sowohl das Leben der Protagonistin als auch die Sprache wie durch einen Fleischwolf gedreht. Die unglückliche Kindheit und Jugend im kroatischen Dorf mit dem Hohn sprechenden Namen «Glück», ihr kurzeitiges Glück mit Igor, eine abgebrochene Schwangerschaft. Die Flucht aus Kroatien, die Reise, die Ana durchlebt, um vor konstanter Gewalt zu fliehen, endet im «Womanirrenhaus» in Chicago, von wo aus sie die Geschichte erzählt und verarbeitet. Das Werk beinhaltet Themen wie belastende Vergangenheit, Migration, Gleichberechtigung, das Ringen um eine Identität, Beziehungsprobleme, Alkoholsucht, Hoffnung und Freundschaft.

Die Klasse 22s von Sebastian Breuer kommentiert
«Wenn man sich auf das Werk einlässt, führt das Ganze zu einem aussergewöhnlichen Leseerlebnis.»
«‹Glück› bietet keine schöne Geschichte, nur eine harte Realität, die mit harten Worten beschrieben wird.»
«Für Menschen, die sich mit der Protagonistin identifizieren können, ist es ein tolles Buch, da der Schreibstil und die Ereignisse, die beschrieben werden, helfen können zu verarbeiten.»

Die Klasse 23s von Ursula Moulin kommentiert
«In einer poetischen Welt, die Sprachnormen aufbricht, Wörter ungewohnte Formen annehmen und Sätze in Schieflage geraten, erzählt Dragica Rajˇci´c Holzner die Geschichte von Ana, einer jungen kroatischen Frau. Es ist eine Geschichte voller Misshandlungen und Missbräuche gegenüber den Frauen durch ihre Väter und Ehemänner, die weitergeben, was sie selbst einmal mitbekommen haben.»
«Das Leben von Ana Jagoda beginnt im Dorf Glück, das aber nicht wirklich von Glück geprägt ist. Hier erlebt sie viele psychische, familiäre, aber auch physische Probleme, die sie zur Selbstreflexion zwingen, um zu überleben. Es zeigt ihren Kampf um das Überleben.» «Der Roman verdeutlicht, dass sich die alten Wunden des Ortes Glück für immer in der Protagonistin Ana verewigt haben. Sie möchte ihr Glück finden, vielleicht sogar mit Igor, doch die psychische und physische Zerstörung holt sie immer wieder ein. Dagegen kämpft bis zum Schluss an.»

PD


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