Jagdgesetz: der Wolf steht im Fokus

  11.09.2020 Saanenland

Am 27. September kommen fünf nationale Vorlagen zur Abstimmung. Darunter auch die Änderung des Jagdgesetzes. Bei dieser Vorlage steht der Wolf im Fokus.

ANITA MOSER
Das geltende Gesetz stammt von 1986, damals gab es in der Schweiz keine Wölfe mehr. 1995 kehrte er zurück. Ende 2019 gab es acht Rudel und gemäss der Stiftung Kora wurden im letzten Jahr insgesamt rund 80 Wölfe nachgewiesen. Das revidierte Jagdgesetz trage der steigenden Zahl der Wölfe Rechnung, heisst es in den Abstimmungsunterlagen.

Wird das Jagdgesetz angenommen, dürfen die Kantone den Wolfsbestand vorausschauend regulieren, um Schäden an Schafen und Ziegen zu verhindern. Abschüsse seien zum Beispiel dann nötig, wenn Wölfe gelernt hätten, den Herdenschutz zu umgehen oder wenn sie in Siedlungen auftauchten. Neu könnten die Kantone auch Einzelwölfe zum Abschuss freigeben, «wenn diese sich auffällig verhalten oder gefährlich werden». Nicht eingreifen dürfen die Kantone bei Wolfsrudeln, die sich fernab von Schafherden oder Siedlungen aufhalten. Bevor die Kantone Abschussbewilligungen erteilen, müssen sie das Bundesamt für Umwelt anhören.

Für Entschädigungen für gerissene Schafe und Ziegen werden die Kriterien verschärft. So sollen Bäuerinnen und Bauern nur noch entschädigt werden, wenn sie zuvor Massnahmen zum Schutz ihrer Herden ergriffen haben.

Liegen sachliche Gründe vor, kann der Bundesrat weitere Tierarten als regulierbar festlegen.

Mit dem revidierten Gesetz sollen zusätzliche Wildtiere unter Artenschutz gestellt werden – zum Beispiel die meisten Wildentenarten.

Gegen das revidierte Jagdgesetz wurde das Referendum ergriffen, deshalb kommt es am 27. September vors Volk.

Fortschrittlich oder missraten?
Die Befürworter bezeichnen die Vorlage als fortschrittlich, die Gegner als missraten. Das neue Jagdgesetz bringe Sicherheit für Tiere, Landschaften und Menschen, förderte die Artenvielfalt, schütze die Kulturlandschaft und ermögliche die Pflege der Traditionen, argumentieren die Befürworter. «Das revidierte Gesetz erlaubt es den Kantonen mit ihren Wildhütern, den Wolf und den Steinbock nach Absprache mit dem Bundesamt für Umwelt zu regulieren. Schäden können dadurch minimiert werden und die Sicherheit für Tiere, Landschaften und Menschen wird vor allem in touristisch und landwirtschaftlich genutzten Berggebieten erhöht.»

Das Jagdgesetz bringe wildlebende Tierarten noch stärker in Bedrängnis, geschützte Tiere könnten abgeschossen werden, ohne dass sie je einen Schaden angerichtet hätten, argumentieren die Gegner. «Statt den Umgang mit dem Wolf pragmatisch zu regeln, gefährdet das neue Gesetz den Artenschutz in der Schweiz. Luchs und Wolf verhindern den übermässigen Verbiss des Jungwaldes durch Hirsch und Reh. Sie sichern als Teil des Ökosystems artenreiche und stabile Schutzwälder. Die Tiere verfrüht zu regulieren, schadet dem Wald und ist aus forstlicher Sicht deshalb kontraproduktiv.»

Bundesrat und Parlament empfehlen ein Ja zum «fortschrittlichen Jagdgesetz». Unterstützt wird das Gesetz unter anderem von der SVP, FDP, CVP und EDU, von Jagd Schweiz, der Schweizersichen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete SAB oder vom Schweizer Bauernverband.
Im Nein-Komitee vertreten sind unter anderem die Naturschutzverbände (Pro Natura, WWF, Bird Life, Schweizer Tierschutz usw.), aber auch ein Komitee aus Jägern oder der Schweizerische Forstverein votieren für die Ablehnung des «missratenen Abschussgesetzes». Die Nein-Parole herausgegeben haben die SP, EVP, die Grünen sowie die Grünliberalen.

Befürworter und Gegner des revidierten Jagdgesetzes im Interview: Seite 3


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