«Wir freuen uns, dass die Jugend das Kommando übernimmt»

  19.02.2021 Interview, Saanenland

Seit 2017 trägt der Verein Jeunesse Saanenland einen massgeblichen Teil zum hiesigen Nachtleben bei. Ende letzten Jahres zog sich der ehemalige Vorstand zurück und überlässt von nun an der Jugend das Sagen – in Zeiten von Corona eine besondere Herausforderung. Ex-Vorstandsmitglied Matthias Hofer und die beiden Nachfolger Nick Blum und Noah Bill beschreiben im Interview, welche Zukunft sie sich für ihre Heimat wünschen.

SOPHIA GRASSER

Wie kam der Generationenwechsel zustande?
Matthias Hofer (MH)
: Als wir vor vier Jahren den Jugendverein Jeunesse Saanenland ins Leben riefen, waren wir eine achtköpfige Gruppe im gleichen Alter – wir gingen alle auf die 30 zu. Es dauerte nicht lange, bis die ersten aufgrund von Familienplanung oder beruflicher Umorientierung aus dem Verein ausstiegen. Da war für uns klar, dass wir junge, engagierte Nachfolger ins Boot holen müssen. Ausserdem war es nur logisch, dass wir Repräsentanten unserer Zielgruppe in den Vorstand aufnahmen. Wir haben schnell gemerkt, dass wir von der Zusammenarbeit mit der jüngeren Generation ausschliesslich profitieren. Hätten wir so weitergemacht wie bisher, wäre unser Verein wahrscheinlich gestorben. Deshalb haben wir beschlossen, den Stafettenstab weiterzugeben.

Welche Ziele verfolgt der neue Vorstand?
Nick Blum (NiB)
: Wie auch unsere Vorgänger möchten wir das Nachtleben im Saanenland insbesondere für die Einheimischen wiederbeleben und ausbauen. Wir spielen beispielsweise schon lange mit dem Gedanken, einen Club zu eröffnen – in der jetzigen Zeit natürlich nicht ganz so leicht. Die Bars schliessen für unseren Geschmack zu früh (lacht) und die wenigen Nachtclubs, die während der Saison geöffnet haben, liegen entweder ausserhalb von Gstaad oder sind den meisten Jugendlichen zu kostspielig.
Noah Bill (NB): Richtig, das ist unser Hauptziel: ein zentral gelegener Nachtclub, dessen Preise in unserem Budget liegen. Ein weiteres Problem ist die Landflucht der Jugend. Viele ziehen in eine grössere Stadt, um zu studieren oder um sich anderweitig weiterzubilden. Unser langfristiges Ziel ist es deshalb, die Attraktivität des Saanenlands zu steigern – sei es in Form von Sportevents oder anderen Freizeitaktivitäten. Wir wünschen uns, dass sich die Jugendlichen sagen: «Hey, gehen wir nach Gstaad. Da ist was los!»

Welche Strategie verfolgen Sie, um das Nachtleben im Saanenland wiederzubeleben?
NB
: Vieles erreichen wir allein durch unser Herzblut, unser Engagement und unseren Ehrgeiz – da stoppt uns auch nicht Corona. Das Schöne ist, dass wir uns gegenseitig ständig motivieren. Und am Ende profitieren alle davon: Das ergibt dann nämlich eine junge, ambitionierte Gruppendynamik.
NiB: Ausserdem stehen wir weiterhin in engem Kontakt mit dem ehemaligen Vorstand. Wir durften bereits einiges von ihnen lernen und nehmen nach wie vor jeden Ratschlag dankbar an. Indem wir die Sichtweisen beider Generationen berücksichtigen, erreichen wir eine gemischte Zielgruppe. Das ist ebenfalls von grossem Vorteil.
NB: Das stimmt. Und durch die Unterstützung der Älteren können wir wiederum auf ein grosses Netzwerk zurückgreifen – obwohl unser Team bereits über ein umfassendes Know-how verfügt. Nick als Hochbauzeichner entwirft den Grundriss einer Veranstaltung und entscheidet, wo das Zelt und die Bühne aufgestellt werden. Ich als Interactive Media Designer kümmere mich um das Marketing, erstelle die Flyer und verwalte unsere Homepage. Indem jeder ein wertvolles Fachwissen besitzt, ergänzen wir uns perfekt.

Wie plant man in dieser unsicheren Zeit? Haben Sie einen Plan B?
NB
: Wir sind optimistisch und planen die Veranstaltungen so weit, dass sie am vorgesehenen Datum stattfinden können. Natürlich haben wir im Hinterkopf, dass uns Corona einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Das muss man in dieser Zeit bedenken. Wir bleiben flexibel und versuchen, den Aufwand möglichst gering zu halten. Idealerweise können wir auf die kommenden Umstände schnell reagieren und anschliessend ein neues Konzept entwerfen, ohne unseren alten Plan vollkommen zu verwerfen. Wir arbeiten dann mit dem, was wir haben.

Möchten Sie uns einen Vorgeschmack auf die geplanten Events geben?
NiB
: Für dieses Jahr sind mindestens drei Events geplant. Ein erster Anlass, sobald das Versammlungsverbot entsprechend gelockert wird. Es bietet sich an, etwas Unkompliziertes zu organisieren, was sich schnell auf die Beine stellen lässt. Eine grössere Veranstaltung ist für den 24. Juli vorgesehen. Details verraten wir allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt. Wir möchten keine Versprechen geben, die wir nicht halten können.
NB: Wir machen uns diese Unberechenbarkeit einfach zunutze: Der Event soll eine Überraschung werden. Wir wollen die Leute neugierig machen und ihre Vorfreude steigern.
MH: Das dritte Ereignis wird das Oktoberfest sein, das letztes Jahr aufgrund von Corona ausfallen musste. Dieses Mal soll der Fokus auf Nachhaltigkeit liegen.

Wir freuen uns, dass die Jugend das Kommando übernimmt und diese Pläne realisiert. Sie sind zehn Jahre jünger, sie haben andere Ideen und das Wichtigste: Sie sind motiviert und wollen für sich und die nächste Generation etwas schaffen. Ich bin mir sicher, dass es der richtige Zeitpunkt ist, in den Hintergrund zu treten – ein paar Jahre später und die zukünftige Jugend hätte gar keine Lust mehr, mit uns zusammenzuarbeiten, weil wir dann mit 35 schon alte Säcke sind (lacht). Und wir sind extrem glücklich, dass wir so ein super Team gefunden haben.


JEUNESSE SAANENLAND

Der Jugendverein Jeunesse Saanenland hat sich zum Ziel gesetzt, das hiesige Nachtleben insbesondere für die Einheimischen wieder zu beleben und auszubauen. Nach dem Generationenwechsel besteht der Vorstand nun aus den sieben Mitgliedern Francine Annen, Natalie Hauswirth, Noah Bill, Nick Blum, Diego Marti, Melanie Stähli und Yannis Welten.


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