Outdoorboom auch im Saanenland?

  02.02.2021 Saanenland, Sport

Der Outdoorboom wird landauf, landab thematisiert. Auch vor dem Saanenland macht er nicht halt. Er betrifft aber nicht alle gleich.

BLANCA BURRI
In Anbetracht der Pandemie erwartete die Gemeinde Saanen für die Wintersaison einen Outdoorboom. Deshalb agierte sie vorausschauend und schaffte in verschiedenen Bäuerten zusätzliche Parkplätze. In Turbach gibt es beim Rotengraben auf einer Wiese neben der Strasse einen neuen unbefestigten Winterparkplatz. In Scheidbach wurde der Winterparkplatz für Tourengänger zum Giferhüttli und zum Steinmandli markant vergrössert.

Pragmatisch handeln – politisch absegnen
Zwei weitere provisorische Parkplätze mussten aufgrund des bisherigen Gästeaufkommens noch nicht in Betrieb genommen werden. Der erste liegt beim ehemaligen Schützenhaus in Gstaad und der zweite bei der Dälweid in Saanennmöser. Der Parkplatz in Saanenmöser wurde vergangenes Jahr über Weihnachten und Neujahr erstmals in Betrieb genommen. Damals sorgte dies für Diskussionen. Inzwischen konnte die Sache bereinigt werden. «Wir konnten nun mit allen Betroffenen eine gute Lösung finden», zeigt sich Philipp Becker, Leiter Infrastrukturen, erfreut. Wegen der Pandemie hat die Gemeinde auch in die Verkehrsführung und in den Sicherheitsdienst investiert. Das Gesamtpaket habe nicht nur gut funktioniert, sondern auch positiven Anklang in der Bevölkerung und bei Gästen gefunden. «Wir haben versucht, pragmatische Lösungen zu finden», sagt Philipp Becker, «diese könnten den Startschuss für das zukünftige Outdoor-Parking-Regime darstellen.» Nach den ersten Erfahrungen müsse das Angebot noch politisch abgesegnet werden, betont er weiter.

Beim Benutzen der temporären Parkplätze sollte daran gedacht werden, dass sie auf festgepresstem Schnee auf Wiesen erstellt werden. Es empfiehlt sich, sie mit wintergerechten Autos zu befahren.

Gsteig und Lauenen
In Lauenen legt der Gemeindeverwalter Hansueli Perreten nahe, das Auto im Dörfli von Lauenen abzustellen und die Touren von dort zu starten. «Bei Bedarf können wir in diesem speziellen Winter auf temporäre Parkplätze zurückgreifen», sagt er. Im Moment brauche es diese jedoch nicht.

In der Gemeinde Gsteig wurde bisher ein zusätzlicher Parkplatz auf private Initiative erstellt, wie Gemeindeschreiber Paul Reichenbach sagt. «Bei der Barriere an der Arnenseestrasse hat die Weggenossenschaft Tschärzistal einen gebührenpflichtigen Parkplatz eingerichtet.» Dieser wird von Skitourengängern auf den Walig und andere Gipfel in der Umgebung rege genutzt.

Geringer Anstieg bei Guides
Simon Bolton vom Outdoor-Anbieter Alpinzentrum Gstaad spricht von einem gewissen Anstieg der Nachfrage, jedoch nicht von einem Boom. Schwankungen seien oft dem Wetter oder den Verhältnissen und nicht alleine einem Boom geschuldet.

Der Präsident des Bergführervereins Gstaad-Lenk, Peter Sollberger, stellt keine Zunahme der geführten Touren fest. «Die Buchungen sind im normalen Rahmen.» Sollberger ist jedoch aufgefallen, dass es im Gelände deutlich mehr Outdoorsportler gibt. «Auf einfachen Tourenbergen wie dem Walig, Feutersoey, treffe ich viel mehr Leute an als früher.» Dabei handle es sich hauptsächlich um Gäste aus dem Welschland. Die Tourenhochsaison starte indes erst gegen Ende Winter, da könne die Nachfrage noch steigen. Einen Unterschied stellt er bei der Anstellung von Aspiranten (angehenden Bergführern) fest. «Wegen der Fünfpersonenregel sind weniger Gäste pro Gruppe erlaubt. Deshalb müssen viele Touren doppelt geführt werden. Oftmals übernimmt ein Aspirant die zweite Gruppe», fasst Sollberger zusammen. Auch bei der Skischule Gstaad werden kaum mehr Skitouren gebucht wie in anderen Jahren, informiert Skischulleiter Jan Brand.

Langlaufguides sind gefragt
In der Skischule Gstaad ist der Anstieg jedoch bei den Langlaufguides spürbar. «Es wurden 50 Prozent mehr Langlaufstunden gebucht als vergangenes Jahr», sagt Brand und hängt ein grosses Aber an: «Der Lockdown hat einen Einbruch der Nachfrage nach Skilehrern von 30 Prozent verursacht. Die grosse Nachfrage nach Langlaufguides macht das noch lange nicht wett, weil der Umsatzanteil von Langlaufguides auf sehr tiefen Niveau ist.»

Schneeschuhlaufen ohne Guide
Für Schneeschuhtouren stellt die Skischule Gstaad einen unwesentlichen Anstieg der Nachfrage fest. Brand: «Schneeschuhlaufen ist wie Wandern, die meisten Sportler bleiben auf den markierten Routen und brauchen deshalb keinen Guide.»

Durch die top Pulverschneeverhältnisse dieses Winters habe es dafür ab und zu spontane Buchungen für Freerideguides gegeben, so Brand. Doch das sei nicht dem Outdoorboom, sondern den Traumverhältnissen geschuldet.

Schneeschuhe aus dem Unterland
Das Geschäft Edelweiss Sport von Gusti Oehrli ist auf Tourenski und Schneeschuhe spezialisiert. Gusti Oehrli: «Skitouren sind seit ein paar Jahren trendy. Das hält auch jetzt während der Pandemie an.» Der Anstieg von Schneeschuhläufern sei indes wohl der aktuellen Situation geschuldet. Da nur wenige Chaletgäste in der Region Schneeschuhe kauften, sich die meisten Gäste aber im Mittelland mit den Sportgeräten eindeckten, könne sein Geschäft von diesem Trend nicht wirklich profitieren. Den Hauptumsatz erzielt Edelweiss Sport in der Regel mit der Vermietung von Alpinski. Wegen den wenigen Gästen und den schlecht ausgelasteten Hotels sei der Umsatz total zusammengebrochen. Das Geschäft mit den Schneeschuhen und Tourenski mache diesen Einbruch niemals wett.

Temporäre Abkehr vom Alpinski
Eine temporäre Abkehr vom Skifahren stellt auch Hans Frautschi von Frautschi Sports AG in Schönried fest: «Das hat wohl mit der Panikmache in der Presse zu tun.» Sein Geschäft vermietet drastisch weniger Alpinski, dafür viel mehr Langlauf-, Schneeschuh- und Skitourenausrüstungen. Auch der Verkauf von Schneeschuhen und Winterwanderschuhen habe geboomt. Das Lager der Schneeschuhe sei seit Mitte Dezember leer. Im Moment befasst er sich mit dem Einkauf für nächsten Winter. Er geht davon aus, dass die meisten Menschen nun im Besitz vom Outdoor-Equipement sind und setzt deshalb vor allem auf die Skiausrüstung.


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