Lebendiger Glaube

  05.03.2021 Kirche

Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz ist die nationale Interessenvertreterin der Schweizer Protestantinnen und Protestanten. Auf ihrer Website äussert sie sich zu grundsätzlichen und aktuellen Themen der reformierten Landeskirchen. Im Folgenden finden Sie Texte daraus zum Thema reformierter Glaube.

Die EKS repräsentiert rund zwei Millionen Protestantinnen und Protestanten.

Sie nimmt die gemeinsamen Interessen ihrer Mitgliedkirchen wahr und vertritt sie auf nationaler und internationaler Ebene. Politisch ist die EKS als Vertreterin des Schweizer Protestantismus unter anderem Gesprächspartnerin der Bundesbehörden. Sie pflegt Beziehungen zu den Partnerkirchen im In- und Ausland, zur jüdischen und islamischen Gemeinschaft, zur Bischofskonferenz sowie zu den Hilfswerken, Missionsorganisationen und zu fondia.

Glauben im jüdisch-christlichen Sinn bedeutet, auf Gott zu vertrauen und in Gemeinschaft mit ihm und seiner Kirche zu leben
Glauben ist eine umfassende Lebensweise, die sich weder auf ein Wissen noch auf Überzeugungen, Ansichten oder Meinungen beschränkt. Glaubende verlassen sich nicht auf sich selbst, sondern auf Gott, der Glauben schenkt und Vertrauen schafft.

Menschen nehmen die Welt mit ihren Sinnen wahr. Über das Tasten, Hören, Sehen, Schmecken und Riechen wird die Umwelt für Menschen unmittelbar zugänglich. Der Gottesglaube gründet zwar nicht in solchen Sinneswahrnehmungen, besteht aber auch nicht unabhängig davon. Denn wer an den Gott glaubt, der sich in seinem Wort – der Heiligen Schrift – mitteilt, auf ihn vertraut und in Verbindung mit ihm lebt, dem werden nach biblischer Verheissung die Augen geöffnet. Gläubige erkennen, was ihnen durch die Sinne allein verschlossen bleibt.

Glaube bedeutet nicht, eine andere Wirklichkeit wahrzunehmen, sondern die Wirklichkeit anders wahrzunehmen.

Glaube zeigt sich nicht nur in inneren Zuständen oder persönlichen Überzeugungen, er ist auch äusserlich für andere erkennbar. Glauben und Handeln bilden aus evangelisch-reformierter Sicht eine untrennbare Einheit. Christlicher Glaube ist Leben in Gemeinschaft. Niemand glaubt für sich allein.

Was ist der christliche Glaube?
Christinnen und Christen glauben, dass Jesus von Nazareth der Christus, der Gesalbte Gottes ist. Sein Erscheinen haben die Propheten des Alten Testaments angekündigt. Er ist das ewige «Wort Gottes» (Johannes 1,1), der Sohn Gottes und zugleich Gott selbst, der sich als Mensch offenbart hat. Die Menschen der alten Kirche brachten diesen scheinbaren Gegensatz auf die knappe Formel:

Jesus Christus ist «wahrer Mensch und wahrer Gott».

In ihm zeigt Gott der Schöpfung sein Gesicht: «Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir schauten seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, wie sie ein Einziggeborener vom Vater hat, voller Gnade und Wahrheit. (…) Niemand hat Gott je gesehen. Als Einziggeborener, als Gott, der jetzt im Schoss des Vaters ruht, hat er Kunde gebracht.» (Johannes 1,14.18)

Jesus Christus ist in die Welt gekommen, um alle, die an ihn glauben, mit Gott zu versöhnen. Sein Tod am Kreuz und seine Auferstehung heilen den Riss zwischen Gott und seinen Geschöpfen. Sie stellen die zerbrochene Beziehung zwischen Schöpfer und Schöpfung wieder her. An Jesus Christus zu glauben, bedeutet, sich ihm rückhaltlos anzuvertrauen. Die Evangelisch-Reformierten haben dabei besonders das Ereignis des Glaubens betont. Glauben kommt aus dem Hören auf Gottes Wort. Durch sein Wort bewirkt Gott selbst den Glauben bei den Hörenden. Für die Reformatoren ist Glauben eine Kunst des Hörens, die sich der Hörbegabung durch Gott verdankt. Gott spricht und macht zugleich für sein Wort empfänglich.

Die Gottesbeziehung hängt davon ab, wie Gott die Gläubigen anspricht und wie er mit ihnen eine Beziehung eingeht. So sehr der Glaube von der persönlichen Gottesbeziehung ausgeht, so eng ist er mit der Gemeinschaft der Glaubenden verbunden. Glauben heisst, gemeinschaftlich in der Welt unterwegs zu sein: mit allen, die auf diesem Weg waren, sind und sein werden. Dies ist die weltweite Kirche Jesu Christi.

Zentrale Glaubensinhalte der Reformierten
Sola scriptura, solus Christus, sola gratia, sola fide, soli Deo gloria:

Allein die Schrift, allein Christus, allein die Gnade, allein der Glaube, Gott allein gehört die Ehre – dies sind die grossen Grundprinzipien des reformierten Glaubens.

Ihre Umsetzung, Verkündigung und Transponierung auf kirchlicher Ebene bilden das zentrale Thema der reformierten Theologie (...).

Dieses fünffache «Allein» bildet die dichteste Zusammenfassung des christlichen Glaubens nach reformiertem Verständnis. Evangelisch-reformierte Christen verdanken dem dreieinigen Gott, seinem Wort und seiner Gegenwart alles, was sie sind, glauben und tun. Deshalb gilt alle Verehrung, alles Bekennen und Bitten Gott allein. Nach evangelisch-reformiertem Verständnis reflektiert und konkretisiert christliche Theologie das fünffache Bekenntnis zu Christus für die Verkündigung und Praxis der Kirche in ihrer jeweiligen Gegenwart.

Aus biblisch-theologischer Sicht gibt es Kirche nicht in der Mehrzahl. Sie kennt weder Konfessionen noch Kirchenpolitik. Die Rede von Landes- oder Mitgliedkirchen, von Kirchengemeinschaften oder Ökumene spiegelt eine historische Entwicklung wider. Die biblischen Verheissungen und die Theologie definieren Kirche anders. Denn das Bekenntnis zum einen Christus ist das Bekenntnis zur einen Kirche, mit Christus als einzigem Grund, alleinigem Haupt und Ziel.

Im Jahr 2017 feierte die Evangelischreformierte Kirche Schweiz 500 Jahre Reformation (man denke für die Kirchen Saanenland zurück an den gemeinsam gestalteten Reformationsgarten im Gstaad im Jahr 2019).

Die Reformation begann als kirchliche Reformbewegung und mündete ungeplant in einen zuvor nicht gekannten Konfessionalismus. Entsprechend bildet das fünffache reformatorische «Allein» kein konfessionelles Programm. Es ist vielmehr ein Weckruf zur Besinnung auf die biblischen Zeugnisse.

Gottes Wort in Gemeinschaft gelebt
Kirche, altgriechisch «ekklesia», meinte ursprünglich die Volksversammlung in den antiken griechischen Städten. Die Autoren des Neuen Testaments übernahmen den Ausdruck für die neuen Gemeinschaften, die in der Nachfolge Jesu Christi entstanden waren.

Kirche nach reformatorischem Verständnis ist überall da, wo das Evangelium verkündigt, gemeinschaftlich bezeugt und gelebt wird.

Der Genfer Reformator Johannes Calvin schrieb zur Kirche: «Denn überall, wo wir wahrnehmen, dass Gottes Wort lauter gepredigt und gehört wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden, lässt sich auf keinerlei Weise daran zweifeln, dass wir eine Kirche Gottes vor uns haben.» (Unterricht in der christlichen Religion IV,1,9)

Kirche besteht unabhängig von ihrer institutionellen Gestalt. Auch auf die Anzahl der Kirchenmitglieder kommt es nicht an, «denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen» (Matthäus 18,20) (...).

PETER KLOPFENSTEIN


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