Licht am Ende des Tunnels

  01.04.2021 Gstaad

Liebe Leserin, lieber Leser
Wenn diese Zeilen erscheinen, stehen wir mitten in der Karwoche. Ja, Sie haben richtig gelesen: Wir stehen nicht in der Oster-, sondern in der Karwoche. Die Osterwoche beginnt mit dem Ostersonntag und endet mit Ostersamstag (dieses Jahr am 10. April). Die sogenannt «weisse Woche» – wenn wir uns an die Auferstehung erinnern. An den Sieg des Bösen über das Gute, des Tages über die Nacht, des Lebens über den Tod.

Aber so weit sind wir jetzt noch nicht. Wir stecken noch mitten in der Karwoche. Und dieses Jahr erscheint mir die Karwoche durchaus bezeichnend für die Dürrezeiten, die wir gemeinsam durchlaufen.

Die Karwoche ist im Christentum die letzte Fastenwoche in der Passionszeit. Im römisch-katholischen Umfeld wird sie auch als die «Heilige Woche» bezeichnet. Sie zeichnet sich traditionell durch strenges Fasten mit anschliessendem Fastenbrechen an Ostern aus. Der Begriff Karwoche leitet sich vom mittelhochdeutschen «Kara» ab, was Trauer, Sorge und Klage bedeutet. Sie beginnt am Palmsonntag mit der Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem, und umfasst anschliessend die stillen Tage Montag bis Mittwoch. Am Gründonnerstag gedenken wir des letzten Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern, an Karfreitag der Kreuzigung und des Todes des Messias. Karsamstag gilt als Tag der Grabesruhe. Mit der Feier der Osternacht und dem Tagesanbruch am Ostersonntagmorgen gehen die Feierlichkeiten über in das Erinnern an das leere Grab und die Auferstehung Jesu von den Toten.

Heute ist Gründonnerstag. Ein stiller Tag.

Und genauso kommt mir im Moment auch die Zeit vor, in der wir stecken: Stille. Stillstand. Abwarten. Kein «normaler» Alltag. Corona hat uns im Griff und bestimmt zu einem grossen Teil unseren Alltag.

Fast 10’000 Menschen in der Schweiz sind mit oder durch das Virus gestorben. Wir haben uns längst an gewisse Einschränkungen gewöhnt, andere haben wir allmählich wirklich satt. Existenzen sind bedroht. Arbeitsstellen, Unternehmen gingen und gehen verloren. Das Saanenland, die Schweiz, ja wahrscheinlich die ganze Welt hat sich durch den unsichtbaren Feind verändert. Neue Prioritäten wurden gesetzt. Zum Teil hat es die Menschen einander nähergebracht, zum Teil unwiederbringlich getrennt.

Ja, wir sitzen in der «Kara» fest – Sorge, Klage, Stille, Stillstand … Öffnung, Aufbruch weit entfernt. Und wir sind es leid. Wir wünschen uns Normalität. Wir wünschen uns Gemeinschaft, Umarmungen, Apéros und feine Essen im Restaurant. Nähe statt Distanz … Immer wieder wird unsere Geduld auf die Probe gestellt. Immer wieder bringt das Virus eine neue Variante hervor – immer wieder heisst es, sich neu auf eine veränderte Situation einstellen.

Aber, liebe Leserin, lieber Leser – lassen Sie uns nicht hier stehenbleiben. So wie wir uns jedes Jahr neu auf die Karwoche einlassen und am Ostersonntag den Sieg des Lebens über den Tod feiern, genauso wird auch Corona vorübergehen. Wir werden das Virus entweder erfolgreich bekämpft haben, es unter Kontrolle bringen oder lernen, mit ihm zu leben. Es gibt eine Zeit nach Corona. Es gibt eine Zeit, in der wir uns wieder unbeschwert umarmen werden. Jetzt brauchen wir noch Geduld und Durchhaltewillen, Zusammenhalt und Rücksicht aufeinander. Gemeinsam kommen wir durch die Pandemiezeit. Da bringt es nichts, sich über Vorschriften aufzuregen, die uns nicht logisch erscheinen. Am besten: «Gring ache u seckle», wie Anita Weyermann, die ehemalige Schweizer Mittel- und Langstreckenläuferin, zu sagen pflegte ;-). Und immer vor Augen halten: Das Licht am Ende des Tunnels kommt näher. Ganz bestimmt.

Gott ist da! Die Hoffnung leuchtet auf. Frohe Ostern!

IHRE MARIANNE AEGERTER


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