Hofbeurteilung statt Geissenschau

  21.05.2021 Landwirtschaft

Am 12. Mai nutzten 17 Ziegenzüchter des Ziegenzuchtvereins Saanenland und der Ziegenzuchtgenossenschaft Gstaad die Möglichkeit, ihre Ziegen auf dem eigenen Hof beurteilen zu lassen. Normalerweise findet im Saanenland im Frühjahr und im Herbst je eine Ziegenschau mit bis zu 130 Tieren statt. Dabei werden sowohl Saanengeissen wie auch alle anderen Ziegenrassen den Experten des Bernischen Ziegenzuchtverbandes vorgeführt.

Eine Punktierung/Schau ist jeweils ein besonderer Anlass im Kalender des Ziegenzüchters. Auch ist es ein idealer Anlass, unser «Wappentier» der einheimischen Bevölkerung und den Touristen zu zeigen. Die Ziegen werden dafür herausgeputzt und zum Schauplatz gebracht.

Dieses Jahr war nun jeder Züchter selbst für einen anschaulichen Schauplatz draussen vor dem eigenen Stall verantwortlich. Eine geeignete Anbindevorrichtung und Sägemehl durften auch zu Hause auf dem Hof nicht fehlen, ja sogar Blumenschmuck war hier und da zur feierlichen Gestaltung des Platzes angebracht worden. Auch die Zuschauer durften nicht fehlen, war doch bei den meisten Züchtern die ganze Familie anwesend, um dem besonderen Event beizuwohnen.

Insgesamt 100 Tiere wurden an diesem Tag von zwei Experten beurteilt und viele Züchter durften stolz eine gute Punktzahl entgegennehmen.

Es werden die Rassenmerkmale, das Format, die Gliedmassen, das Euter sowie die Zitzen beurteilt. Die Punktierung der weiblichen Ziegen erfolgt frühestens 30 Tage nach dem ersten Wurf, die männlichen Ziegen können bereits im Alter von 60 Tagen das erste Mal den Experten vorgeführt werden.

Eine gut bewertete Mutterziege wird als Mutter für viele Nachkommen behalten. Ein Bock wird meistens für eine bis zwei Decksaisons genutzt, dann wird er in der Regel an einen anderen Züchter verkauft. Hier in der Region gibt es mehrere Betriebe, die einen Ziegenbock halten oder sich für die Deckperiode einen Ziegenbock ausleihen. Alle anderen besuchen mit ihren Geissen einen Bock ihrer Wahl, je nach Ziegenrasse hier in der Region oder fahren auch weiter, um einen geeigneten Bock aufzusuchen. Nach fünf Monaten bringt die Ziege ein bis drei Gitzi zur Welt. Die weiblichen Nachkommen werden aufgezogen und zur Weiterzucht behalten. Die Mutterziege wird nach dem Ablammen gemolken. Solange die Jungen noch kaum Heu oder Gras fressen, wird die Milch zur Aufzucht benötigt. Später kann die immer beliebtere Ziegenmilch zu Milchprodukten weiterverarbeitet werden. Im Sommer stellen die Bauern auf der Alp meist selber Ziegenkäse her oder die Molkerei Schönried verarbeitet die Milch zu leckerem Käse.

Die männlichen Nachkommen werden oft gemästet und später als (Oster-) Gitzi geschlachtet. Aber nicht nur an Ostern ist das Ziegenfleisch in verschiedenen Variationen eine Delikatesse! Erkundigen Sie sich bei einem Züchter oder bei unseren einheimischen Metzgern, Sie werden überrascht sein, wie gut Ziegenfleisch schmeckt!

Trotz der speziellen Situation scheint die erste Ziegen-Hofbeurteilung im Saanenland ein Erfolg gewesen zu sein. Dennoch freuen wir uns, wenn wir uns wieder auf dem Schauplatz in Saanen treffen dürfen. Denn eine Beurteilung der schönsten Ziege auf dem Platz, der Ziegen-Miss, und der Ziege mit dem schönsten Euter, der Miss Schöneuter, sowie eine gesamte Rangierung aller punktierten Tiere kann nur an einer richtigen Schau erfolgen.

Bis dahin verbleiben wir mit vielen guten Wünschen für die kommende Alpzeit in Haus und Stall.

URSULA RUCHTI FRIEDLI,
PRÄSIDENTIN DER ZIEGENZUCHTGENOSSENSCHAFT GSTAAD


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