5G – wie gefährlich sind die Strahlen wirklich?

  20.08.2021 Saanen

Im Saanenland sind derzeit zehn Mobilfunkantennen mit der neuen 5G-Technologie ausgerüstet und in Betrieb. Die Bevölkerung ist in Bezug auf die Strahlen verunsichert: Unabhängige Studien belegen gesundheitsschädliche Auswirkungen, Bund und Anbieter sehen dagegen keine Gefahr.

KEREM S. MAURER
Aktuell sind laut dem Bundesamt für Kommunikation Bakom schweizweit 5954 Mobilfunkantennen mit der neuen 5G-Technologie ausgerüstet. Die effektive Zahl dürfte jedoch höher sein, weil Antennen, die in kleinerem Abstand als zwanzig Meter zueinander stehen, als eine Mobilfunkanlage gezählt werden. Laut einer Übersichtskarte, die öffentlich auf der Website des Bakoms einsehbar ist, stehen derzeit im Saanenland zehn 5G-taugliche Mobilfunkantennen. Wie viele solche Mobilfunkantennen im Saanenland noch geplant sind, wollen die Betreiber «aus Wettbewerbsgründen» nicht sagen. Aber: «Schweizweit werden etwa 40 Prozent der Antennenbauprojekte mit Einsprachen belegt. Im Saanenland ist die Situation mit dem Schweizer Schnitt vergleichbar», teilte Armin Schädeli von der Swisscom-Medienstelle auf Anfrage mit. Gegenwärtig läuft ein Bauund Ausnahmegesuch für den Umbau einer bestehenden Mobilfunkanlage auf dem Eggli von Swisscom und Salt. Die Einsparchefrist gegen dieses Projekt dauerte bis am 19. August.

Gesundheitsschädlich …
«Durch die Aufschaltung der rechtswidrigen und sehr gesundheitsschädigenden Mobilfunktechnologien 3G, 4G und 5G verstossen die Verantwortlichen bei Bund, Kantonen und vor allem auch in den Gemeinden und Städten gegen 30 Grundgesetze und machen sich damit haftbar und zu 100 Prozent verantwortlich!» Dies sagte Christian Oesch von der Freiheitlichen Bewegung Schweiz FBS, der schon mehrere solche Veranstaltungen in der Schweiz durchgeführt hat, am Mittwochabend in Saanen. Rund vierzig Interessierte sind seiner Einladung gefolgt und liessen sich von ihm und Andreas Pflugshaupt, der die 5G-Technologie erklärte, über die entsprechenden Gefahren aufklären. Kontinuierlich werde diese Technologie insbesondere von Mobilfunkanbietern fälschlicherweise als für die Gesundheit unbedenklich dargestellt, erläuterte Oesch. Dabei würden Halbwahrheiten zitiert und Tatsachen verschwiegen. Monetäre und wirtschaftliche Interessen würden über die Gesundheit der Bevölkerung gestellt, womit das Vorsorgeprinzip aufs Sträflichste vernachlässigt werde. Damit nahm er die Gemeindebehörden – die an diesem Abend genauso wenig vertreten waren wie die Mobilfunkbranche – in die Pflicht, sich besser zu informieren, statt «den Anbietern alles blind zu glauben».

... und rechtswidrig?
Ferner machte Christian Oesch darauf aufmerksam, dass Bewilligungen von 5G-Sendeantennen gegen geltendes Bundesrecht verstiessen und begründete dies mit unbrauchbaren Messmethoden, untauglichen Berechnungsgrundlagen des Strahlenspektrums sowie einem fehlenden Qualitätssicherungssystem beim Bundesamt für Umwelt Bafu. Letzteres habe das Bundesgericht im September 2019 gegen Sunrise sogar bestätigt. Und er fügte an, dass gegen 7000 unabhängige Studien biologische Schäden an Menschen, Tieren und Pflanzen bestätigten, die zweieinhalb Mal grösser sind als diejenigen der «befangenen ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection). Und dies schon ohne 5G, weil es davon noch keine Langzeitstudien gebe. «Es ist eine interessante Tatsache, dass unabhängige wissenschaftliche Studien zweieinhalb Mal häufiger Hinweise auf biologische Wirkungen und Gesundheitsrisiken finden als von der Industrie finanzierte Studien», gab Oesch zu bedenken. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Oesch alle seine Aussagen mit Quellenangaben und entsprechenden Studien belegen konnte.

Swisscom erwartet keine negativen Auswirkungen
Die Swisscom betont ihrerseits, dass die Immissionen von Mobilfunkantennen schweizweit überall gleich streng geregelt seien und dass die Einhaltung laufend überprüft werde. In der Schweiz gebe es zum Beispiel in Wohnungen oder Büros zehnmal strengere Grenzwerte als die WHO empfehle. Und: «Aktuelle Überprüfungen dieser internationalen Grenzwerte, beispielsweise durch die Weltgesundheitsorganisation, die amerikanische Food and Drug Administration oder die internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung, unterstreichen, dass bereits bei deren Einhaltung keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch 5G zu erwarten sind.»

Experten des Bundes sehen keine Gefahr
Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK will ebenfalls keine eindeutigen Beweise für gesundheitsschädliche Auswirkungen von Mobilfunkstrahlen gefunden haben. Es schreibt in seinem Bericht «Mobilfunk und Strahlung», in deren Arbeitsgruppe auch die Mobilfunkanbieter Swisscom, Salt und Sunrise mitwirkten: Es gibt kaum Studien an Menschen, bei denen der ganze Körper im Bereich des Ganzkörpergrenzwertes exponiert ist. (…) In epidemiologischen Studien sind die am stärksten exponierten Personen deutlich weniger stark exponiert. Bei diesen Expositionen findet man keine Hinweise auf Gesundheitsauswirkungen.» Ferner hält der Bericht fest, dass es in der ärztlichen Praxis zwar Fälle gebe, bei denen «Patienten ihre Beschwerden plausibel auf hohe NIS im Alltag zurückführen», doch einen Beweis für eine solche Wirkung könne im Einzelfall nicht geleistet werden.


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