Leben geht durch den Magen

  10.09.2021 Vorschau

Das Filmpodium Saanenland startet die neue Saison mit einer lakonisch romantischen Komödie von Mika Kaurismäki.

Auf der Suche nach einem alten finnischen Freund kommt der Chinese Cheng gemeinsam mit seinem Sohn nach Pohjanjoki, einem abgelegenen Dorf in Lappland. Dort kennt niemand den gesuchten Freund, doch die lokale Cafébesitzerin Sirkka bietet ihm eine Unterkunft an. Im Gegenzug hilft er ihr in der Küche und überrascht die Einheimischen mit chinesischen Köstlichkeiten. Mit «Master Cheng in Pohjanjoki» hat Mika Kaurismäki eine leichtfüssige und dennoch universelle Komödie über das Glücklichwerden geschaffen. Warmherzigkeit, Romantik und Humor fügen sich zu einer filmkulinarischen Köstlichkeit, bei der sich finnisches Flair und chinesische Weisheit mischen. Die finnisch-chinesisch-britische Produktion erzählt ein Märchen vom Zusammenprall zweier Kulturen, und eignet sich hervorragend für einen Sommerabend.

Der finnische Regisseur Mika Kaurismäki ist der Bruder des (bekannteren) Regisseurs Aki Kaurismäki. Er wurde 1955 in Finnland geboren, studierte Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München und erhielt zweimal den finnischen Filmpreis. Seit Anfang der 1990er-Jahre lebt er in Brasilien. Dass er in vielen Ländern gewohnt und gearbeitet hat, habe sich sicherlich auf seine Arbeit ausgewirkt, sagt Kaurismäki in einem Interview. Als Filmemacher sehe er sich auch als eine Art Anthropologe, der mit seiner Kamera um die Welt reise und die Menschen in den verschiedenen Kulturen beobachte. Das interessiere ihn. Er habe fast die Hälfte seines Lebens im Ausland verbracht, was erkläre, dass kulturelle Unterschiede oft in seinen Filmen das Thema sind. «Auch wenn die Geschichte von Master Cheng auf den ersten Blick sehr einfach erscheinen mag, steckt in ihr doch das Potenzial, über die komplexe Gegenwart nachzudenken. In Zeiten, in denen mächtige Diktatoren die Welt zu entzweien versuchen, wollte ich einen Film machen, der die Menschen zusammenbringt.» Aki Kaurismäki spottete einst über seinen Bruder, dass dessen melancholische Tragikomödien ihn zur meistgehassten Person der finnischen Tourismusindustrie machten. Die Komödie «Master Chen in Pohanjanjoki» dürfte die Branche jedoch erfreuen. Mit rauem Charme und langen, stillen Einstellungen spielt sich zwischen der Kamera und der lappländischen Natur ebenfalls eine grosse Liebesaffäre ab. Das Zwielicht der hellen Sommernächte verleiht der Gegend etwas paradiesisch Entrücktes. Spiegelglatte Seen und Wälder, bei deren Anblick traurige Menschen ohne grosse Worte zur Ruhe kommen und Heimat finden können. Es ist ein Finnland ohne Mücken, ein Ort des «Leben und leben lassens» am Rande der Zivilisation.

Dass dieser liebenswürdige, leise Film überzeugt, liegt auch an den guten Schauspielenden. Und dass die Annäherung zwischen diesen so völlig ohne Kitsch auskommt, ist Mika Kaurismäkis bisweilen erdigem Humor zu verdanken. «Master Cheng in Pohjanjoki» erinnert daran, dass manchmal schon eine warme Suppe und ein Blick auf einen See das Leben besser machen können – und alles, was wir brauchen, ein wenig Hoffnung ist. Nicht verpassen!

IHR FILMPODIUM SAANENLAND

Wir zeigen den Film am Montag, 13. September 2021 um 20.30 Uhr im Cinema Gstaad. Nichtmitglieder sind herzlich willkommen und zahlen an der Abendkasse.


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