Der Gemeinderat von Gsteig hat die Gemeindeversammlung von heute Abend aufgrund der epidemiologischen Situation abgesagt. Die sieben Geschäfte kommen voraussichtlich am 13. Februar zur Abstimmung an der Urne. Was bedeutet die Aufschiebung für die einzelnen Traktanden?

ANITA MOSER

Mit der Absage der Gemeindeversammlung fällt für die Stimmberechtigten die Möglichkeit weg, einzelne Traktanden zu diskutieren, Fragen zu stellen. Ist das ein Problem?
Markus Willen: Ich würde es nicht als Problem bezeichnen. Es ist schade, dass man nicht direkt auf Fragen antworten oder auf Kritik reagieren kann. Die Diskussion bietet auch immer wieder die Gelegenheit, Detailfragen zu beantworten oder Beweggründe der Behörde darzulegen, die in der Informationsbroschüre oder Botschaft aus Platzgründen nicht erläutert werden. Ich hoffe aber, dass Interessierte trotzdem mit Fragen und Anliegen persönlich an den Gemeinderat oder die Verwaltung gelangen werden.

Wenn in den USA das Budget Ende Jahr für das kommende nicht abgesegnet wird, droht ein Shutdown, das heisst, Staatsbedienstete werden zwangsbeurlaubt oder sie müssen vorübergehend ohne Bezahlung arbeiten. Was bedeutet es für die Gsteiger Verwaltungsangestellten, wenn das neue Jahr ohne abgesegnetes Budget anfängt?
Meines Wissens hängt der Shutdown in den USA mit der ungenügenden Zahlungsfähigkeit des Staates beziehungsweise mit der drohenden Überschreitung einer gesetzlichen Schuldengrenze zusammen. Die Gemeinde Gsteig ist glücklicherweise weit davon entfernt. Bis zur Genehmigung des Budgets dürfen nur unumgängliche Verpflichtungen – insbesondere für gebundene Ausgaben – eingegangen werden. Dazu gehört selbstverständlich auch die Entlöhnung der Angestellten. Der normale Betrieb ist also sichergestellt.

Was bedeutet die Absage der Gemeindeversammlung und damit auch der Konsultativabstimmung für den Gesundheitscampus Simme Saane mit Spital in Zweisimmen? Kommt der anfängliche Schub für die GSS durch die positiven Ergebnisse der ersten Versammlungen jetzt, nach den Absagen von Saanen und Gsteig, allenfalls zum Erliegen?
Ich gehe nicht davon aus, dass die Absage der Versammlung einen Einfluss auf die Entwicklung des Gesundheitscampus Simme Saane hat. Die Bevölkerung wurde umfassend informiert. Es sind so oder so noch einige weitere Abklärungen nötig, um im nächsten Jahr die definitiven Beschlüsse fassen zu können.

Schulhaus Feutersoey: Welche Folgen hat die Verschiebung für das Projekt?
Bei einer allfälligen Zustimmung werden sich die geplanten Arbeiten um ca. zwei bis drei Monate verschieben. Dies ist aber aus Sicht des Gemeinderates kein Problem.

Die im Februar geplante Urnenabstimmung muss vom Regierungsstatthalter noch bewilligt werden. Was würde passieren, wenn der Regierungsstatthalter die Bewilligung nicht erteilt? Gibt es einen Plan B?
Man müsste sofort einen neuen Termin für eine Gemeindeversammlung bestimmen. Da aber der stellvertretende Regierungsstatthalter bereits mündlich eine Bewilligung in Aussicht gestellt hat, sind wir zuversichtlich.

Vergangene Urnenabstimmungen hatten einen bedeutend höheren Stimmenanteil als bei physisch abgehaltenen Versammlungen. Somit sind die Ergebnisse von Urnenabstimmungen repräsentativer als an normalen Gemeindeversammlungen mit üblicherweise wenigen Stimmberechtigten, die jeweils teilnehmen. Wäre dies nicht ein Grund, in Zukunft vermehrt auf Urnenabstimmungen zu setzen?
Wir haben diesen Umstand bereits in unserem Gemeinderat und auch mit anderen Gemeinderäten besprochen. Es könnte durchaus bei gewissen Geschäften sinnvoll sein, einen Entscheid breit abzustützen. Insbesondere, wenn grosse Investitionen getätigt werden – zum Beispiel bei den Bergbahnen. Gegen eine Urnenabstimmung spricht jedoch das Bedürfnis der Bevölkerung, sich an einer Gemeindeversammlung zu äussern, allfällige Meinungen zu diskutieren und nicht zuletzt auch Anträge stellen zu können.