Felsblock bedroht zwei Wohnhäuser

  04.02.2022 Lauenen

Ein Fachgutachten zeigt in Lauenen eine potenzielle Gefährdung von zwei Wohnhäusern durch einen Felsblock, der sich lösen könnte. Als Schutzmassnahme wird im kommenden Frühling eine Felsunterfangung durchgeführt. Wie wurde man auf diesen Brocken aufmerksam?

KEREM S. MAURER
Als ein Landwirt Ende September 2020 seine Kühe auf der Wolfeggstrasse zügelte, löste sich im steilen Gelände oberhalb der Strasse ein Stein. Dieser stürzte auf die Strasse und schlug einer Kuh ein Horn ab. Alarmiert durch diese Begebenheit, machte man am 1. Oktober desselben Jahres eine erste Begehung mit dem Revierförster und dem Amt für Wald und Naturgefahren, Abteilung Naturgefahren, im Gelände oberhalb der Wolfeggstrasse statt. Dabei stellte sich heraus, dass an der Stelle, von der jener Stein stammte, noch weiteres loses Gestein im steilen Gelände vorhanden ist. «Zufälligerweise wurden wir im Rahmen dieser Begehung auf einen Felsblock aufmerksam, der auf gleicher Höhe, aber etwa vierzig Meter weiter entfernt, ruht und eine weitaus grössere Gefahr darstellt», erklärt Gemeinderat Andreas Reichenbach, der in Lauenen das Ressort öffentliche Sicherheit betreut. Der erwähnte Felsblock hat eine sichtbare Länge von rund vier Metern, eine Breite von zwei und eine Höhe von eineinhalb Metern. «Wir wissen allerdings nicht, wie tief dieser Felsblock noch in den Boden reicht», gibt Reichenbach zu bedenken. Eine zweite Begehung mit einem Geologen des Fachbüros fand am 10. August 2021 statt.

Steinschlagsimulation offenbart Bedrohung
Eine für die Beurteilung der Gefährdung bezüglich Stein-und Blockschlag durchgeführte dreidimensionale Steinschlagsimulation macht deutlich: An der Wolfeggstrasse und an der Lauenenseestrasse könnten, falls der erwähnte Brocken tatsächlich abrutscht, zwei Wohnhäuser im Bereich der Gefahrenzone liegen. Aus der Risikobeurteilung, die Teil der Baugesuchsunterlagen ist, die auf der Gemeinde Lauenen noch bis am 10. Februar zur Einsicht aufliegen, geht hervor, dass Handlungsbedarf besteht. Um den betreffenden Felsblock zu fixieren, schlägt die projektierende Emch+Berger AG Bern vor, diesen mittels einer vierfach verankerten Felsunterfangung zu fixieren. Reichenbach betont, dass es sich bei den geplanten Arbeiten um eine prophylaktische Massnahme handelt und dass der Felsblock gegenwärtig festsitze. Es bestehe keine akute Gefahr.

Subventionsentscheid ist noch ausstehend
Der sprichwörtliche Stein des Anstosses wird als gipshaltiger Dolomit (Cornieule) bezeichnet. Das ist poröses Gestein, das an seiner Oberfläche eine grosse Wasserdurchlässigkeit aufweist. Das Anstehende – so wird die felsige Unterlage bezeichnet – wird durch Lockergestein, sogenanntes Moränenmaterial, überdeckt. Der Felsblock soll mit einer verankerten Betonunterfangung gesichert werden. Als Unterfangung wird allgemein die Sicherung eines Gebäudes gegen Abrutschen oder Setzung bei Erdarbeiten unterhalb seiner Fundamente bezeichnet. Bei einer verankerten Felsunterfangung soll dementsprechend der Felsblock, der abzurutschen droht, mit einem Betonsockel gesichert werden (siehe Grafik). Dieser Betonsockel wird zusätzlich im felsigen Untergrund verankert, was gemäss Feldbeurteilung möglich sei. Diese Massnahmen verursachen Kosten in der Höhe von rund 62’800 Franken und sollen vom Kanton subventioniert werden. Ein entsprechendes Gesuch wurde laut der Gemeindeverwaltung Lauenen bereits eingereicht, der Entscheid ist allerdings noch ausstehend.

Weiterführende Massnahmen
Doch zurück zum eingangs erwähnten Steinschlag, der eine Kuh getroffen hat. Auch dieser Bereich muss laut Andreas Reichenbach gesichert werden. Zum Schutz der Zufahrtsstrasse und des Wohngebäudes an der Wolfeggstrasse 4 sollen zusätzliche nicht subventionsberechtigte Schutzmassnahmen getroffen werden. Diese beinhalten die Aufforstung und die Erstellung eines S&P-Netzes (Hochleistungsnetz für Erd- Und Felsverbau) sowie ein Unterhaltskonzept. Die Kosten dafür werden mit knapp 7000 Franken beziffert. Während der Bauzeit, die von Mai bis Juni 2022 angegeben wird, sollen voraussichtlich rund 125 Quadratmeter Land für Installationsplätze beansprucht werden. Betroffen seien zwei Parzellen, eine Rodung sei dafür nicht notwendig, heisst es in den Unterlagen. Aber es wird festgehalten, dass, die lokalen Begebenheiten wie Steilheit, Zugänge, Bewaldung etc. schwierig seien.

Umweltämter sind einverstanden
Bei der geplanten Felsunterfangung sowie sämtlichen Schutzmassnahmen handle es sich um zonenkonforme Bauten im Wald, heisst es weiter. Doch diese liegen innerhalb der Moorlandschaft Lauenensee. Der Zugang führt ausserdem durch den Trockenstandort Innere Tüüffi mit Trockenwiesen und -weiden. Ebenfalls betroffen ist der Gewässerschutzbereich Au. Im Rahmen der Ausarbeitung des Bauprojekts sei sowohl beim Amt für Wasser und Abfall (AWA) sowie beim Amt für Landwirtschaft und Natur (ANF) eine Voranfrage betreffend der geplanten Schutzmassnahmen durchgeführt worden. «Beide kantonalen Ämter sehen keine Einwände gegen das geplante Vorhaben», heisst es in den entsprechenden Unterlagen.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote