Urnenabstimmung Saanen: Fragen und Antworten zu den Traktanden

  04.02.2022 Gemeinde, Politik

Aufgrund der Coronapandemie findet anstelle der ordentlichen Gemeindeversammlung erneut ein Urnengang statt.

ANITA MOSER
An den Gemeindeversammlungen können die anwesenden Stimmberechtigten vor der Abstimmung zu den einzelnen Geschäften noch Fragen stellen. Diese Möglichkeit wird von Bürgerinnen und Bürgern auch regelmässig genutzt. Dem Gemeinderat ist dieser politische Diskurs, der Dialog, ein grosses Anliegen. Aufgrund der Covid-19-Einschränkungen findet dieser Dialog auch für die Traktanden vom 13. Februar schriftlich statt. Wir haben dem Gemeinderat einige Fragen zu den einzelnen Traktanden gestellt. Auch die Leserschaft war aufgerufen, uns Fragen zu den Traktanden zu schicken. Zur Abstimmung kommen sieben Traktanden (siehe auch «Erläuterungen zu den Geschäften» im AvS vom Dienstag, 9. November 2021).

Die Erläuterungen, der Artikel zur Sanierung der ARA, die Abstimmungsempfehlungen der politischen Parteien und auch die Fragen und Antworten sind unter www.anzeigervonsaanen.ch für alle freigeschaltet, ebenso sind sie auf der Webseite der Gemeinde Saanen (saanen.ch) zu finden.

https://www.anzeigervonsaanen.ch/2021/11/ erläuterungen-zu-den-geschäften.html

https://www.anzeigervonsaanen.ch/2022/01/ abstimmungsempfehlungen-der-politischenparteien.html

https://www.anzeigervonsaanen.ch/2021/11/ sieben-millionen-franken-für-die-ara.html-0


DARÜBER WIRD ABGESTIMMT

1. Gesundheitscampus Simme Saane mit Spital in Zweisimmen

Konsultativabstimmung betreffend
Projekt der Gesundheit Simme Saane AG

2. Budget 2022
Genehmigung Budget 2022 inklusive
Festsetzung Steueranlagen

3. Gstaad Saanenland Tourismus: Gemeindebeiträge 2022–2024
Bewilligung jährlicher Gemeindebeitrag von Fr. 500’000.– für die Jahre 2022–2024

4. Gstaad Marketing GmbH: Gemeindebeiträge 2022–2024
Bewilligung jährlicher Gemeindebeitrag von Fr. 1’160’000.– für die Jahre 2022–2024

5. Überbauungsordnung Nr. 23, «Grotschi», Abländschen: Neufassung
Genehmigung ÜO-Neufassung

6. ARA Saanen – Sanierung & Erweiterung Faulung: Gesamtkredit
Bewilligung Gesamtkredit von Fr. 7’400’000.–

7. Überbauungsordnung «Schneesportgebiet Eggli–Pra Cluen»: Änderung Spezialplan «Sprungschanzen»
Genehmigung Änderung ÜO-Spezialplan «Sprungschanzen»


TRAKTANDUM 1

Gesundheitscampus Simme Saane

Fünf von sieben Gemeinden haben der Konsultativabstimmung ganz klar – zum Teil einstimmig – zugestimmt. In Gsteig und Saanen kommt das Geschäft am 13. Februar vors Volk. Was bedeutet es für das Projekt, wenn die Vorlage in der Gemeinde Saanen, in der grössten und reichsten Gemeinde, abgelehnt wird?
Die Konsultativabstimmung ist rechtlich nicht bindend und hat somit auch keine direkten Konsequenzen. Sie soll aber wegweisend sein und wird somit durchaus einen grossen Einfluss auf das Projekt haben.

Würde eine Ablehnung das Projekt gefährden?
Es ist vorgesehen, dass die Gemeinde Saanen den mit Abstand höchsten Beitrag aus der Region an die Gesundheitsversorgung mit Spital in Zweisimmen bezahlt. Eine Ablehnung der Vorlage in der Gemeinde Saanen hätte zur Folge, dass sich der Gemeinderat kaum für eine Verwirklichung des Vorhabens einsetzen könnte. Der Verwaltungsrat der GSS müsste sich dadurch grundsätzliche Gedanken über die geplante Gesundheitsversorgung mit Spital machen. Ohne den Beitrag der Gemeinde Saanen wäre diese aber kaum zu finanzieren und somit wäre das Projekt in dieser Form gefährdet.


TRAKTANDUM 2

Budget

Grundsätzlich: Was geschieht, wenn das Budget abgelehnt wird?
Bis zum Beschluss des Budgets 2022 wird die Einwohnergemeinde Saanen nur unumgängliche Verpflichtungen eingehen dürfen, insbesondere für gebundene Ausgaben (Art. 70 Abs. 1 GV). Das bedeutet, dass alle neuen Ausgaben, welche nicht auf einer gesetzlichen oder reglementarischen Grundlage beruhen, nicht getätigt werden dürfen. Sollte das Budget 2022 an der Urne abgelehnt werden, müsste der Beschluss so rasch als möglich bei nächster Gelegenheit eingeholt werden. Hat die Gemeinde bis zum 30. Juni 2022 kein bewilligtes Budget, wird der Regierungsrat des Kantons Bern das Budget und die Steueranlagen festlegen.

glp und SP lehnen das Budget ab, und zwar mit der Begründung, es werde am falschen Ort gespart. Durch die Steuersenkung spare der einzelne Steuerzahler (der Normalbürger) kaum, die Superreichen und Pauschalbesteuerten würden hingegen bevorteilt. Was sagen Sie dazu?
Alle natürlichen und juristischen Personen bezahlen ihre Steuern aufgrund der eigenen finanziellen Verhältnisse. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei tiefen Einkommens- und Vermögensverhältnissen tiefere Steuern bezahlt werden als bei hohen oder sehr hohen Werten. Eine Änderung der Steueranlage wirkt sich entsprechend mehr oder weniger aus.

Die glp spricht sich dafür aus, auf eine Steuersenkung zu verzichten und dafür Geld für soziale und umweltfreundliche Projekte einzusetzen. Die Gemeinde Saanen steht finanziell im Moment solide da. Weshalb nicht das eine tun und das andere nicht lassen?
Die Gemeinde setzt sich bereits in zahlreichen Projekten für soziale Belange ein. Es werden nicht nur Aufgaben von übergeordneter Gesetzgebung erfüllt, sondern immer wieder auch selbst gewählte Aufgaben realisiert. Ein besonderes Augenmerk wird hier auf die Förderung/Unterstützung von Institutionen gelegt.

«Spare in der Zeit, dann hast du in der Not», besagt ein Sprichwort. So lässt sich das Nein der SP zur Steuersenkung interpretieren. Die für die kommenden Jahre erwarteten hohen Defizite seien zu vermeiden, begründet die SP ihr ablehnende Haltung. Ein berechtigtes Argument?
Die Reserven der Gemeinde Saanen sind aktuell sehr hoch und auch die Liquiditätssituation ist hervorragend. Eine Senkung der Steueranlage erscheint aus Sicht des Gemeinderates angezeigt und finanziell verkraftbar. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass die Stimmberechtigten einer Erhöhung der Steueranlage zu gegebener Zeit durchaus zustimmen, wenn diese mit entsprechenden Argumenten begründet werden kann.


TRAKTANDUM 3

Beiträge für Gstaad Saanenland Tourismus

Die SP Saanen lehnt die Erhöhung der Gemeindebeiträge an Gstaad Saanenland Tourismus insbesondere deshalb ab, weil GST massgeblich an der Abschaffung des Skibusses Saanen-Gstaad beteiligt gewesen sei. Wie ist diese Aussage einzuordnen?
Bei der Überprüfung der bestehenden Skibusangebote wurde festgestellt, dass in der Vergangenheit die Frequenzen auf dem Skibus Saanen–Gstaad nicht den Erwartungen entsprochen haben. Die Bergbahnen Destination Gstaad, der Hotelierverein, Gstaad Saanenland Tourismus sowie die Gemeinde Saanen waren gemeinsam der Meinung, dass die Ausgangslage für die 1:1-Weiterführung des Skibusbetriebes Gstaad–Saanen nicht gegeben ist. Da von verschiedensten Seiten jedoch ein Skibusbetrieb zwischen Gstaad und Saanen gefordert wurde, wurde das Angebot auf die aktuelle Wintersaison hin angepasst und weitergeführt. Wie der Skibus resp. Ortsbusbetrieb in Zukunft aussehen soll, wird zurzeit in einer Arbeitsgruppe evaluiert.

Der Tourismus sei mittels Zweitwohnungssteuer zu finanzieren und sollte nicht am Geldhahn der Gemeinde hängen, fordert die SP. Was spricht denn gegen eine Zweitwohnungssteuer?
Die Einnahmen aus einer Zweitwohnungssteuer müssen in eine Spezialfinanzierung eingelegt werden und dürfen nur für Massnahmen zur Sicherstellung eines ausgewogenen Verhältnisses von Erst- und Zweitwohnungen, zur Förderung der Hotellerie und zur besseren Auslastung von Zweitwohnungen verwendet werden. Eine direkte Finanzierung von GST und GM mit Mitteln der Zweitwohnungssteuer ist daher nicht erlaubt.


TRAKTANDUM 4

Beiträge an die Gstaad Marketing GmbH

Die glp Ortssektion Obersimmental-Saanenland hat in ihrer Stellungnahme im «Anzeiger von Saanen» geschrieben, dass die Tourismusförderungsabgabe und auch die Kurtaxe gerade erst erhöht wurden. Ist dies richtig?
Nein, dies stimmt so nicht! Per 1. Januar 2021 wurden zwar die Kurtaxen erhöht, aber die Tourismusförderungsabgabe (TFA) wurde seit deren Einführung nicht erhöht. Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass die Tourismusförderungsabgabe (TFA) wie auch die Kurtaxengelder nur zweckgebunden gemäss dem TFA-Reglement resp. dem Kurtaxenreglement verwendet werden dürfen. Die Kurtaxengelder werden einerseits für den Betrieb der Tourismusbüros und andererseits für den Betrieb und Unterhalt der touristischen Infrastrukturanlagen (z.B. Langlaufloipen, Winterwanderwege, Erlebniswege, Spielplätze, Genussplätze, etc.) verwendet.

Der Reinertrag der TFA ist ausschliesslich zur Finanzierung von Ausgaben zum Nutzen der abgabepflichtigen Personen zu verwenden wie der Marktbearbeitung, dem Verkauf touristischer Leistungen oder von werbewirksamen Veranstaltungen in den Bereichen Tourismus, Sport und Kultur.


TRAKTANDEN 5 UND 7

ÜO «Grotschi» und ÜO «Schneesportgebiet Eggli–Pra Cluen»

Die beiden Traktanden ÜO «Grotschi» Abländschen und die ÜO Schneesportgebiet Eggli-Pra Cluen sind offenbar unbestritten. Was passiert bei einer Ablehnung?
Ohne Anpassung der ÜO können die beiden Bauprojekte, das Wohnhaus im Abländschen und die Skisprungschanzen mit Betriebsgebäude im Projekt Skifuture, nicht in der geplanten Form verwirklicht werden. Es müssen komplett neue Projekte geplant werden. Dies würde zu massiven Mehrkosten und Zeitverzögerungen führen.


TRAKTANDUM 6

ARA Saanen

Einige Anlageteile der ARA Saanen müssen zwingend saniert und erneuert werden. Bei Urnenabstimmungen ist in der Regel mit einer höheren Stimmbeteiligung zu rechnen. Das kann zu Überraschungen führen. Was passiert, wenn der Souverän die 6,93 Millionen Franken nicht bewilligt?
Der bestehende Faulturm der ARA ist seit mehr als 38 Jahren in Betrieb und muss bis spätestens 2025 entleert, inspiziert und nötigenfalls saniert werden. Dies ist ohne Erstellung eines baugleichen zweiten Faulturms nicht möglich. Zudem drohen während der Winterhochsaison Betriebsausfälle, weil die Faulung an ihre Kapazitätsgrenzen stösst.

Sollte der Kredit abgelehnt werden, ist mit Betriebsausfällen zu rechnen, was mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre. Zudem könnte der Gewässerschutz mittelfristig nicht gewährleistet werden.


ALLGEMEIN

Warum sind die Stellungnahmen der politischen Parteien nicht in der Abstimmungsbroschüre aufgeführt wie bei den letzten kommunalen Urnenabstimmungen?
Im Gegensatz zu den früheren schriftlichen Abstimmungen herrschte diesmal hoher Zeitdruck zwischen der GV-Absage und dem Druckauftrag der Abstimmungserläuterungen. Bei Redaktionsschluss für den Druck des «Abstimmungsbüchleins» lagen dem Gemeinderat lediglich die Empfehlungen von drei Parteien zu den einzelnen Geschäften vor. Die Stellungnahme der Grünliberalen Partei glp äusserte sich nicht detailliert zu den Abstimmungsgeschäften, sondern erhob ihre grundsätzliche Kritik gegen die Absage der GV und die Ansetzung einer schriftlichen Abstimmung. Unter diesen Umständen entschied der Gemeinderat, auf den Abdruck aller Parteieingaben zu verzichten und diese dann separat und in der Lokalzeitung zu veröffentlichen, wenn das Abstimmungsmaterial bei den Stimmberechtigten eingetroffen ist. Die glp hat ihre Stellungnahme mittlerweile angepasst.

Werden so nicht die Stimmberechtigten ohne Abonnement des «Anzeigers von Saanen» benachteiligt respektive ausgeschlossen?
Es ist so, dass die Abstimmungsempfehlungen der Parteien den Nichtabonnenten des «Anzeigers von Saanen» nicht ins Haus geschickt wurden. Hingegen wurde im «Amtlichen Anzeiger Saanen» vom 11. Januar 2022, der in alle Haushalte verteilt wurde, die schriftliche Abstimmung, inkl. Geschäfte, bekannt gemacht. Darin ist explizit erwähnt, dass die Abstimmungsempfehlungen der Parteien – zusätzlich zur Publikation im «Anzeiger von Saanen» vom 25. Januar 2022 – auch auf der Website der Gemeinde aufgeschaltet werden, wo sie von allen eingesehen werden können. Ab sofort sind sie ebenfalls für alle auf der website www. anzeigervonsaanen.ch einsehbar oder können selbstverständlich bei der Gemeindeverwaltung verlangt werden.


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