Ich liebe laute Musik
13.08.2024 KolumneJOCELYNE PAGE
Ich liebe laute Musik. Ich liebe es auch, zu tanzen, dabei die Hände in die Luft zu werfen und der Band oder dem DJ auf der Bühne schreiend zuzurufen. Applaudieren, klatschen und einfach den Moment geniessen. Ich bin ein Discofan, eine Festivalliebhaberin, eine ...
JOCELYNE PAGE
Ich liebe laute Musik. Ich liebe es auch, zu tanzen, dabei die Hände in die Luft zu werfen und der Band oder dem DJ auf der Bühne schreiend zuzurufen. Applaudieren, klatschen und einfach den Moment geniessen. Ich bin ein Discofan, eine Festivalliebhaberin, eine Karaoke-Bar-Verrückte und – wer meine Randnotizen manchmal liest, weiss es – ein Fasnachtskind. Laut, ausgelassen, frei.
All dies mag ich natürlich aus einem Grund: Es findet alles in meiner Freizeit statt. Ich habe keinerlei Verpflichtungen in diesen Momenten. Ich kann loslassen und geniessen.
Aber manchmal finde ich mich in Situationen wieder, in denen ich Verantwortung übernehmen muss, beispielsweise hinter der Bar. An verschiedenen Anlässen von Vereinen habe ich schon serviert oder hinter der Bar gearbeitet, wie man dies so macht, wenn man in einem Dorf aufwächst. Es ist Ehrensache, es ist selbstverständlich – und meistens macht es auch Spass. Und dort gibt es ja auch laute Musik. Doch genau diese Leidenschaft hat mir einst ein Bein gestellt.
In meiner Heimat fand das Oberwalliser Musikfest statt. Die lokale und organisierende Musikgesellschaft fragte unsere Guggenmusik an, ob wir das Partyzelt bewirten würden. Mit Begeisterung stimmten wir zu, denn sie organisierten uns einen tollen DJ. Jeden Abend, an allen drei Nächten, legte er Musik auf und stellte diese jeweils von Stunde zu Stunde etwas lauter. Dies zur Freude der Partygäste, die ausgelassen zu den Beats tanzten. Wir hinter der Bar waren allerdings gefordert, denn die Musikboxen waren hinter uns in unserer Bar platziert. Mit ohrenbetäubenden Bässen und Tönen wurden wir von hinten beschallt, von vorne schrien uns die Leute ihre Bestellungen entgegen.
Da packte mich eine Frau unerwartet am Arm, als ich neben ihr eine Bestellung annehmen wollte, und zog mich zu sich. Es war also eine dringliche Angelegenheit – ein erstes wichtiges Indiz für mich, wie Sie später bemerken werden. Sie schrie mir etwas in die Ohrmuschel, dass sich nach «Tampon» anhörte. Ich war mir nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden hatte, weshalb ich nochmals nachfragte. Akustisch verstand ich nochmals «Tampon». Ich antwortete ihr, dass ich keine hätte. Sie bat mich, meine Kolleginnen zu fragen. Ein zweites Indiz für mich, dass es sich tatsächlich um die Bitte nach einem Tampon handelte. Gefragt, verstanden, ausgeführt: Meine Kollegin reichte mir einen aus ihrer Handtasche. Ich ging zurück und präsentierte ihr den Tampon auf der hohlen Hand. Sie schaute mich mit ganz grossen Augen an und schüttelte den Kopf. Sie nahm einen der Bierbecher von der Bar, legte diesen auf ihre Handfläche und visualisierte mir ihre Bitte. Sie schrie: «Nicht einen Tampon, ein Tableau!» Sie wollte ein Serviertablett – oder eben, wie wir Walliser sagen: ein Tableau.
Tja, so ist das mit der Liebe zu etwas: Es bringt einem viel, birgt aber auch gewisse Herausforderungen.
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