Keine Lust, alleine zu essen?
10.12.2024 GesellschaftBeim «Sunntigs-Träff» treffen sich jeden ersten Sonntag im Monat Frauen und Männer, die keine Lust haben, alleine zu essen, im Landhaus in Saanen zum Mittagessen. Hinter dem Angebot steht der Seniorenrat Saanenland, die Idee dazu kam Seniorenrätin Heidi von ...
Beim «Sunntigs-Träff» treffen sich jeden ersten Sonntag im Monat Frauen und Männer, die keine Lust haben, alleine zu essen, im Landhaus in Saanen zum Mittagessen. Hinter dem Angebot steht der Seniorenrat Saanenland, die Idee dazu kam Seniorenrätin Heidi von Siebenthal. Nach zwei Amtszeiten steht sie im obligatorischen Austritt.
ANITA MOSER
Alleine zu essen fällt einigen leichter, anderen weniger. Aber auch Paare geniessen ab und zu gerne Abwechslung beim Mittagstisch. Und erst recht, wenn man nicht auch noch selber kochen muss. Und genau für jene gibt es das Angebot «Sunntigs-Träff». Jeden ersten Sonntag im Monat sind im Landhaus in Saanen drei, vier Tische gedeckt für Personen, die gerne mal wieder in (anderer) Gesellschaft Zmittag essen wollen.
Am Sonntag, 1. Dezember konnte Seniorenrat Hansjörg Zahnd 18 Personen begrüssen. Neben Einzelpersonen nahmen auch Ehepaare an den schön gedeckten Tischen Platz. Im Durchschnitt sind es jeweils rund 10 bis 15 Personen. Vom Seniorenrat sind immer zwei Personen anwesend. «So entsteht keine peinliche Situation, sollte an einem Sonntag nur eine Person kommen», erklärt Heidi von Siebenthal. Sie brachte die Idee «Nicht alleine essen» vor gut acht Jahren im Seniorenrat ein.
«Die chrotte Sunntiga»
Sie habe einige Male eher zufällig und auch von eher älteren Personen gehört, dass sie Mühe hätten, alleine zu essen, vor allem an den «chrotte Sunntiga», erzählt Heidi von Siebenthal. So sei sie auf die Idee mit dem «Sunntigs-Träff» gekommen. Bei ihren Kolleginnen und Kollegen im Seniorenrat sei ihr Vorschlag auf offene Ohren gestossen und am Sonntag, 4. März 2018 fand der erste «Sunntigs-Träff» statt. Beim Angebot handelt es sich nicht um einen Mittagstisch, wie man ihn kennt. «Es war mir wichtig, dass nicht Freiwillige aufgeboten werden, um zu kochen. Meistens sind es ja eh immer die gleichen Frauen, die sich ehrenamtlich engagieren», betont Heidi von Siebenthal.
Ohne Anmeldung
Für den «Sunntigs-Träff» muss man sich nicht anmelden. «So kann man sich auch noch ganz spontan entscheiden», so Heidi von Siebenthal. Jede und jeder bestellt von der Menukarte und bezahlt selber. «Das kann auch nur ein Dessert, eine Suppe oder ein Kaffee sein. Wichtig ist das Zusammensein, das ‹nicht alleine essen›.»
Nicht nur für Senioren
Das Angebot ist zwar vom Seniorenrat initiiert, aber es ist nicht beschränkt auf Senioren. «Auch Jüngere sind sehr willkommen», betont Heidi von Siebenthal. Eine Alters- und Geschlechterdurchmischung sorgt nicht nur für Abwechslung beim Essen, sondern auch bei den Gesprächsthemen. Oft seien es aber mehr Frauen als Männer. «Es wäre schön, wenn das Angebot von noch mehr Männern genutzt würde, es soll ja nicht ein ‹Frauenchränzli› sein», sagt Heidi von Siebenthal und schiebt aber sogleich nach: «Es stört aber auch nicht.»
Im «Landhaus» Saanen
Die Treffen finden immer im «Landhaus» in Saanen statt. «Der Betreiber kommt uns sehr entgegen – das Wasser beispielsweise ist jeweils gratis», so von Siebenthal.
Das «Landhaus» in Saanen liege zentral und sei gut erreichbar, auch mit dem öffentlichen Verkehr, ergänzt Susanne Perreten, die an diesem 1. Dezember zusammen mit Hansjörg Zahnd den Seniorenrat vertrat und zudem für die Tischdekoration verantwortlich zeichnete. «So können auch Personen aus den Bäuerten und den Gemeinden Lauenen oder Gsteig das Angebot nutzen.»
Austausch und Abwechslung beim gemeinsamen «Dorfe»
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem 1. Dezember essen nicht nur zusammen. «Auch das ‹Dorfe›, das zusammen prichten, der Austausch sind wichtig», betonen die meisten. Und Ehepaare sitzen aus denselben Gründen nicht zwingend am selben Tisch. «Es war schön, dich wieder einmal zu sehen – bis zum nächsten Mal», hört man da und dort zum Abschied. «Ich schreibe mir die Daten in die Agenda ein», betont eine Frau, die viele Jahre im Saanenland gelebt und gearbeitet hat und vor ein paar Jahren weggezogen ist. Sie nimmt den relativ langen Anfahrtsweg auf sich, um alte Bekannte wiederzusehen oder neue Leute kennenzulernen.
Heidi von Siebenthal steht nach acht Jahren im Seniorenrat auf Ende Jahr im obligatorischen Austritt. «Wenn ich es einrichten kann, werde ich auch in Zukunft am ‹Sunntigs-Träff› teilnehmen», sagt von Siebenthal. Ihr Nachfolger im Seniorenrat ist Bruno Haldi aus Schönried. «Ich finde es wichtig, dass die Bäuerten im Rat vertreten sind», so Heidi von Siebenthal.
«Ich freue mich auf Inputs»
Ueli Müller ist seit fünf Jahren im Seniorenrat. In seiner restlichen Amtszeit möchte er den Seniorenrat und seine Angebote bekannter machen und die Bevölkerung ermuntern, vermehrt Inputs einzureichen.
ANITA MOSER
Was oder wer genau ist der Seniorenrat Saanenland?
Wir sind insgesamt elf Mitglieder und wie der Name Seniorenrat Saanenland sagt, sind alle drei Gemeinden vertreten.
Die Amtszeit ist auf zweimal vier Jahre beschränkt. Wer schlägt die Mitglieder vor und wer wählt sie?
Vorgeschlagen werden die Mitglieder vom Seniorenrat. Man achtet auf eine gute Geschlechterdurchmischung und auf eine gute Vertretung der Bäuerten. Gewählt werden die Mitglieder von der Sozialbehörde. In Gsteig werden die Gewählten zusätzlich noch vom Gemeinderat bestätigt.
Wem ist der Seniorenrat unterstellt?
Wir sind der SoBe, der Sozialbehörde unterstellt. Für die Administration ist die Fachleiterin Soziales, Béatrice Baeriswyl, vom Sozialdienst Saanenland verantwortlich. Der Seniorenrat ist aber selbstständig.
Das heisst?
Haben wir eine Idee, müssen wir nicht die Sozialbehörde fragen, sondern können Angebote selber organisieren.
Und wie gehen Sie vor?
Wir treffen uns in der Regel fünfmal pro Jahr zu einer Sitzung. Wer eine Idee hat, stellt sie an der Sitzung vor. Und je nachdem wird sie dann auch umgesetzt, wie zum Beispiel der «Sunntigs-Träff».
Jassen und Wandern scheinen unter den Senioren auch sehr beliebt zu sein.
Ja genau, die Jassnachmittage, die zweimal im Jahr stattfinden, stossen auf reges Interesse. Letzten April haben 48 Personen teilgenommen, im November gar 52 Personen. Beliebt sind auch die Wanderungen, die in der Regel viermal über die Sommermonate durchgeführt werden. Und gut besucht sind auch die E-Bike-Kurse. Viele ältere Personen fahren E-Bike und man lernt ja nie aus.
Auch Fahrten mit dem Dreirad-E-Tandem werden angeboten.
Der Seniorenrat hat ein entsprechendes Bike angeschafft, die Frauenvereine Saanen und Lauenen haben die beiden Akkus finanziert. Für den Seniorenrat ist das Projekt aber abgeschlossen. Entsprechende Fahrten werden über die Alpenruhe organisiert, das E-Bike ist auch dort stationiert und wird von der Alpenruhe gewartet.
Gibt es noch Ideen in der Pipeline?
Ein Mitglied des Seniorenrats hat die Idee aufgeworfen, einen Skitag für Jungpensionierte aber auch ältere Senioren zu organisieren. «Nicht alleine Skifahren» analog zu «Nicht alleine essen». Viele pensionierte Menschen fahren noch gerne Ski, aber vielleicht nicht mehr so gerne alleine. Das Angebot wird vermutlich im März das erste Mal stattfinden.
Sie möchten Ihre restliche Amtszeit von drei Jahren auch dazu nutzen, die Bevölkerung mehr einzubinden. Wie stellen Sie sich das vor?
In meinen Augen wird der Seniorenrat in der Bevölkerung zu wenig wahrgenommen. Ich wünsche mir, dass sich die Bevölkerung bewusst(er) wird, was der Seniorenrat ist und ich möchte dazu ermuntern, Ideen und Inputs einzureichen.
An wen soll sich wenden, wer eine Idee hat?
Mit Ideen und Inputs kann man sich bei einem Mitglied des Seniorenrats oder bei der Fachleiterin Soziales beim Sozialdienst Saanenland in Saanenmöser melden.