13 sozial Interessierte, ein Tisch, viele Ideen: In der Alpenruhe trafen sich Engagierte zum ersten Runden Tisch Freiwilligenarbeit. Das Ziel des Projektteams ist klar: mehr Sichtbarkeit, bessere Vernetzung und neue Freiwillige für die Region. Der Startschuss ist gefallen – ...
13 sozial Interessierte, ein Tisch, viele Ideen: In der Alpenruhe trafen sich Engagierte zum ersten Runden Tisch Freiwilligenarbeit. Das Ziel des Projektteams ist klar: mehr Sichtbarkeit, bessere Vernetzung und neue Freiwillige für die Region. Der Startschuss ist gefallen – jetzt gehts ums Dranbleiben.
SONJA WOLF
«Die Leute hier im Saanenland haben Mühe, um Hilfe zu rufen. Und wenn sie sich melden, ist es fast schon zu spät», berichtet Anita Boller, Teilnehmerin am Runden Tisch und beruflich Koordinatorin beocare – Entlastung Angehörige SRK der Aussenstelle Obersimmental/ Saanenland. Dabei könnte es so schön sein: «Dank unserer Freiwilligen kann ein pflegender Angehöriger beruhigt einmal zwei Stunden einkaufen und vielleicht noch einen Kaffee trinken gehen und weiss den demenzkranken Partner derweil in guten Händen», erklärt die Koordinatorin. Aber um Hilfe zu bitten, scheint im Saanenland des hohen Lebensstandards wegen schambehaftet zu sein – «sollte es aber nicht!», so Anita Boller.
Dies ist nur eine Erkenntnis am ersten Runden Tisch zum Thema Freiwilligenarbeit, der am Dienstag in der Alpenruhe stattfand.
Eingeladen hatte das Projektteam, das sich seit gut einem Jahr mit der Förderung der Freiwilligenarbeit im Saanenland auseinandersetzt: Katrin Espiasse, Hanspeter Reichenbach und Hans-Heini Winterberger. Das Thema bewegt: Insgesamt 13 Vertreter von sozialen Institutionen, aus dem Gemeinderat und der Sozialbehörde waren der Einladung gefolgt.
Was sind die Ziele der Gruppe?
Hilfe von Freiwilligen annehmen ist nur eine Seite der Medaille. Woher aber die Freiwilligen nehmen, die Dienste anbieten können? Gibt es überhaupt genügend Freiwillige im Saanenland? Denn Freiwillige werden überall gebraucht und leisten einen enorm wichtigen Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft: Auch im Saanenland braucht es etwa Freiwillige in den Vorständen der Vereine, bei der Durchführung von Anlässen, in der Pflege. Hans-Heini Winterberger sieht den monetären Beitrag der Freiwilligenarbeit auf einem ähnlichen Level wie das gesamte Bruttosozialprodukt der Schweiz. «Allerdings ist das Bewusstsein für den unheimlich wichtigen Wert dieser Arbeit bei den wenigsten Menschen vorhanden. Sie wird als Teil des Normalen angesehen», gibt Winterberger zu bedenken.
Um der Freiwilligenarbeit den Platz zuzuweisen, der ihr gebührt, verfolgt die Gruppe drei Ziele:
Ziel Nummer 1: Sich vernetzen
«Wir wollen den Austausch und die Vernetzung jener fördern, die im Bereich Freiwilligenarbeit tätig sind», erklärt Hans-Heini Winterberger. Der Runde Tisch soll genau das ermöglichen. Gemeinsames Wissen schafft Synergien und hilft, Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Ein konkretes Beispiel: Pro Senectute bietet bereits einen Besuchsund Begleitdienst für alleinlebende ältere Menschen an. Am Tisch entstand die Idee, diesen Dienst durch eine zentrale Vermittlungsstelle mit eigener Telefonnummer im ganzen Saanenland besser zugänglich zu machen. Institutionen wie die Kirchgemeinde oder die Spitex könnten ihre Bedarfsfälle ebenfalls an diese zentrale Koordinationsstelle der Pro Senectute melden – und alle gemeinsam würden mithelfen, Freiwillige für die Einsätze zu gewinnen.
Ziel Nummer 2: Das Angebot kennen
Ein weiteres zentrales Ziel ist es, eine Übersicht darüber zu schaffen, welche Freiwilligenangebote es in der Region gibt. Dies soll unter anderem durch die Nutzung der digitalen Plattform benevol-jobs.ch geschehen. Katrin Espiasse stellte dieses praktische Hilfsmittel vor, das Anbieter und Suchende von Freiwilligendiensten zusammenbringt. Einige hiesige Institutionen wie der Frauenverein Saanen, die Stiftung Alpenruhe oder Gstaad Saanenland Tourismus nutzen diese Plattform bereits effektiv, um für bestimmte Einsatzmöglichkeiten interessierte Freiwillige zu finden, «Ein Profil für eure Institution auf benevol-jobs.ch zu erstellen ist wirklich kein Hexenwerk!», zeigte Katrin Espiasse an praktischen Beispielen auf. Ziel der Projektgruppe ist es, die Plattform bekannter zu machen und weitere Institutionen dazu zu ermutigen, sie zu nutzen.
Ziel Nummer 3: Sichtbar machen
Die Freiwilligenarbeit und ihr grosser Wert für die Gesellschaft und Wirtschaft sollen stärker wahrgenommen werden. «Deshalb sollen die Angebote und auch die geleistete Arbeit sichtbar und auf diese Weise wertgeschätzt werden», erläuterte Hanspeter Reichenbach vom Projektteam. Dies könne durch verschiedene Massnahmen erreicht werden, wie zum Beispiel die Verlinkung der Benevol-Plattform auf den drei Gemeinde-Websites des Saanenlandes oder auch durch eine mediale Begleitung der freiwilligen Einsätze im «Anzeiger von Saanen». Freiwillige Einsätze sollen durch wiederkehrende Dankeseinsätze wertgeschätzt werden.
Wie wird die Projektgruppe finanziert?
Der Einsatz der drei Initianten für die Freiwilligenarbeit im Saanenland geschieht bisher vor allem... freiwillig! Doch nun gibt es Unterstützung: Die drei Gemeinderäte haben den Jahresbeitrag für die Plattform benevol-jobs bewilligt. Ausserdem «stellte das Projektteam den Antrag an die drei Gemeinderäte, die Runden Tische, die Sichtbarkeit der Freiwilligenarbeit in den Medien, und die wiederkehrenden Wertschätzungsanlässe zu bewilligen», berichtet Béatrice Baeriswyl, Fachleiterin Soziales von der Gemeinde Saanen. Die Gemeinden würden dem Projekt sehr positiv gegenüberstehen. Die Finanzierung werde zunächst für eine dreijährige Pilotphase gelten.
Warum engagieren sich Menschen freiwillig?
«Ich habe meine Arbeit bei GST auf 90 Prozent reduziert, sodass ich mich noch zu zehn Prozent in verschiedenen Institutionen freiwillig engagieren kann», begründete Mitinitiantin Katrin Espiasse ihr Engagement in der Vorstellungsrunde, «weil es wertschätzend ist und einfach deiner Seele gut tut!» Ganz ähnliches sagten auch die anderen Teilnehmenden zu ihrer eigenen Motivation. Für die meisten ist Helfen auch einfach selbstverständlich. Sie glauben an den Wert, den ihr Tun für die Gesellschaft hat und schätzen auch die Möglichkeit zu sozialem Kontakt und Vernetzung mit anderen. Und diejenigen Teilnehmenden am Runden Tisch, die Kinder haben, meinten: «Ich helfe anderen, um meinen Kindern ein Vorbild zu sein!»
www.benevol-jobs.ch