Seit November 2023 liegt der Pilotversuch für eine Schürli-Umnutzung der Gemeinde Saanen in Bern. Der Verein Schür.li fordert anlässlich seiner neunten Generalversammlung den Kanton auf, den Pilot endlich zu testen.
KEREM S. MAURER
An der online ...
Seit November 2023 liegt der Pilotversuch für eine Schürli-Umnutzung der Gemeinde Saanen in Bern. Der Verein Schür.li fordert anlässlich seiner neunten Generalversammlung den Kanton auf, den Pilot endlich zu testen.
KEREM S. MAURER
An der online abgehaltenen neunten Generalversammlung des Vereins Schür.li standen naturgemäss jene ruralen Gebäude im Zentrum, die «im Einfluss von Sonne und Wetter immer schöner werden, bis sie zusammenfallen», wie sich Schür.li-Präsident Michi Gehret einleitend ausdrückte. Im ruinösen Zustand seien Schürli zwar optisch reizvoll, doch dieser Zustand währe nur kurz, dann verschwänden sie ganz. Und dies zu verhindern sei der Sinn und Zweck des Vereins. «Die natürliche Schönheit der Schürli entstand ohne Bürokratie und Formulare und wird hoffentlich nicht durch diese zerstört», so Gehret.
Abbruchprämie bedroht Schürli
Die vom Ständerat verabschiedete RPG2 (Revision Raumplanungsgesetz, 2. Etappe) sei unter anderem wegen einer umstrittenen Abbruchprämie im Verordnungsentwurf steckengeblieben, erklärte Gehret. Die Idee, dass ein Schweinezüchter, der auf Geflügel umstellt, seinen alten Schweinestall zurückbauen muss (Stabilisierungsgesetz), habe sich im zehnjährigen Prozess des Gesetzesentwurfes zu einer Prämie gewandelt, die zu einer «nie dagewesenen Landschaftsveränderung» führen könne, sagte Gehret auf Nachfrage dieser Zeitung. Durch «flapsige Formulierung und Unklarheiten» könne nun der Anreiz geschaffen werden, jahrhundertalte Schürli zu handeln. Dies mit dem Ziel, Geld vom Kanton zu erhalten, um diese abzubrechen oder verrotten zu lassen. «Der Kanton wäre somit der grösste Kulturlandschaftszerstörer und nimmt gerade dem Oberland seine touristisch wertvolle Einzigartigkeit», ist Gehret überzeugt.
Pilotprojekt soll genutzt werden
In der Raumplanungsverordnung (RPV) hat der Bundesrat für Bauten im Streusiedlungsgebiet und für landschaftsprägende Bauten besondere Umnutzungsbestimmungen erlassen. Damit diese umgenutzt werden können, müssen sie zusammen mit der Kulturlandschaft, in der sie stehen, in der kommunalen Nutzungsplanung unter Schutz gestellt werden. Zu diesem Zweck wurden im Perimeter Grund sämtliche landschaftsprägenden, aber nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Gebäude aufgenommen und kategorisiert (wir haben berichtet). Dieses Pilotprojekt liegt seit November 2023 für die Vorprüfung beim Amt für Gemeinden und Raumordnung. Doch statt dieses Pilotprojekt der Gemeinde Saanen als solches zu nutzen und Erfahrungen zu sammeln, verstaube es auf den Pulten in Bern. «Noch immer warten wir auf eine Antwort aus Bern», fasste Gehret den aktuellen Stand der Dinge zusammen und richtete einen eindringlichen Appell an den Kanton: «Bitte nutzt diese Chance und testet unsere Idee!» Auch der Berner Grossrat und Schür.li-Mitglied, Beat Cattaruzza (GLP, Nidau), fragt sich, wie man zumindest einen Teil der Schürli erhalten könne. Er lässt sich auf dem Flyer der Schür.li-Generalversammlung wie folgt zitieren: «Es braucht dringend eine pragmatische Lösung, getragen von Landwirten, Gemeinden, Verwaltung und Politik. Eine Lösung, die den langfristigen Erhalt ermöglicht – sei es durch gezielte finanzielle Unterstützung, vereinfachte Bewilligungsverfahren oder kreative Pilotprojekte. Ziel muss es sein, den Erhalt nicht zur Belastung, sondern zur Chance zu machen – für Biodiversität, sanften Tourismus, Bildung oder kulturelle Projekte.»
Unterstützung von Studenten
Als Erfolg des letzten Jahres wertete Michi Gehret die Tatsache, dass der Verein Schür.li nun im Rat der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Berggebiete (SAB) ist. Und er erwähnte, dass sich aktuell zwei Studenten anlässlich ihrer Masterarbeit der Schürli-Thematik angenommen haben. Andreas Huser, einer der Studenten, habe dem Verein Schür.li seine Arbeit mit dem Titel «Glarner Weidställe – Potenzialanalyse für nachhaltige Landschaftsentwicklung mit RPG2» zukommen lassen. Huser bezeichnet rund einen Drittel der von ihm untersuchten Ställen im Glarnerland als erhaltenswert und umnutzbar.
Der Verein Schür.li zählt aktuell 277 Mitglieder und schliesst das vergangene Vereinsjahr mit einem Gewinn von 3484 Franken ab.