Obligatorischer Versicherungsschutz in der Landwirtschaft
15.08.2025 LandwirtschaftAb dem 1. Januar 2027 müssen die Partner:innen von Betriebsleiter:innen in landwirtschaftlichen Betrieben einen Versicherungsschutz nachweisen können. Wer das nicht kann, muss mit empfindlichen Kürzungen bei den Direktzahlungen rechnen.
KEREM S. MAURER
Ab dem 1. Januar 2027 müssen die Partner:innen von Betriebsleiter:innen in landwirtschaftlichen Betrieben einen Versicherungsschutz nachweisen können. Wer das nicht kann, muss mit empfindlichen Kürzungen bei den Direktzahlungen rechnen.
KEREM S. MAURER
Auf landwirtschaftlichen Betrieben arbeiten oft die Partner:innen der Betriebsleiter:innen mit. Doch viele von ihnen sind nicht gut abgesichert. Nun hat das Parlament im Rahmen der Agrarpolitik verschiedene Anpassungen bei den Direktzahlungen beschlossen. Neu ist, dass ein persönlicher Versicherungsschutz für mitarbeitende Partner:innen – sofern diese regelmässig und in erheblichem Mass auf dem Betrieb mitarbeiten – ab 2027 Kriterium ist, um Direktzahlungen in voller Höhe zu erhalten. «Das Ziel dieser neuen Regelung ist es, die Sozialversicherung von mitarbeitenden Lebenspartner:innen – verheiratet oder in eingetragener Partnerschaft – in Sachen Risikovorsorge und Taggeld zu verbessern», erklärt Anne Challandes, Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV), auf Anfrage. Der Verband hat diesen Versicherungsschutz von Anfang an unterstützt.
Wichtig und überfällig
David Perreten, Präsident der Landwirtschaftlichen Vereinigung Saanenland, schätzt auf Anfrage, dass hierzulande wohl die Mehrheit der Betriebe über den nötigen Versicherungsschutz verfügen. Für ihn ist dieser Versicherungsschutz «sehr wichtig und überfällig». Er selbst und sein Betrieb seien von der neuen Regelung nicht betroffen, denn: «Nach der Betriebsübernahme haben wir uns umfassend zum Thema Vorsorge und Versicherungen beraten lassen und sind heute gut abgedeckt.» Anne Challandes ergänzt, dass der obligatorische Versicherungsschutz mit einem Taggeld von 100 Franken lediglich einen minimalen Betrag darstelle, um im Ernstfall einen Ersatz finanzieren zu können. Sie weist deshalb darauf hin, dass es möglich sei, einen höheren Versicherungsschutz abzuschliessen. Insbesondere empfiehlt sie, sich nun proaktiv um den Versicherungsschutz zu kümmern, sich beraten zu lassen und zu überlegen, ob eine höhere Deckung angebracht und sinnvoll sei und nicht bis 2027 abzuwarten. Und sie betont: «Bäuerinnen prägen die Landwirtschaft massgeblich mit ihrem Einsatz. Krankheit, Unfall oder Tod können schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Ein angemessener Versicherungsschutz, der die Familie und den Betrieb bei Ausfall der Bäuerin vor Schwierigkeiten schützt, ist von zentraler Bedeutung, damit der Betrieb weitergeführt werden kann.» Übrigens: Von den rund 148’000 Arbeitskräften in der Landwirtschaft sind 54’732 Frauen. Das entspricht einem Anteil von 37 Prozent – das sind zwar nicht alles Ehefrauen oder in eingetragenen Partnerschaften lebende Frauen, aber sie stellen die Mehrheit.
Angemessene Prämien
Laut der Agrisano Stiftung, der Organisation des Schweizer Bauernverbands, die nach eigenen Angaben den Bauernfamilien «auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Versicherungslösungen» bietet, kostet die Prämie für den obligatorischen Versicherungsschutz je nach Alter und weiteren Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt, zwischen 600 und 1500 Franken pro Jahr. Ist dieser Betrag für alle Betriebe tragbar? Dazu noch einmal David Perreten: «Wenn es schwierig ist, die Prämie zu finanzieren, ist die Vorsorgeversicherung umso wichtiger, weil dann im Krankheits-, Unfall- oder Scheidungsfall die fehlende Vorsorge existenzbedrohend wird. So gesehen muss die Prämie drin liegen.» Doch er räumt ein, dass der Gesamtaufwand der Versicherungen happig sei für Bergbetriebe mit «relativ geringer Finanzkraft». Für die Präsidentin des SLBV ist die Prämie im Verhältnis zu den Risiken, die damit abgedeckt werden, angemessen.
Wesentlich teurer kommt es zu stehen, wenn man bis zum 1. Januar keinen Versicherungsschutz nachweisen kann. Denn dann werden bei den säumigen Betrieben die Direktzahlungen gekürzt. Und zwar um zehn Prozent beim ersten Mal, sprich um 500 bis maximal 2000 Franken im Jahr. Im ersten Wiederholungsfall wird das Doppelte abgezogen und im zweiten Wiederholungsfall gleich das Vierfache.
WER IST BETROFFEN?
Damit eine Versicherungspflicht besteht, müssen die mitarbeitenden Partner:innen alle nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen erfüllen:
• verheiratet sein oder in eingetragener Partnerschaft leben
• unter 65 Jahre alt sein
• regelmässig und erheblich auf dem Betrieb mitarbeiten
• kein eigenes oder nur ein geringes Einkommen haben
Es gibt Ausnahmen von der Versicherungspflicht: bei schlechtem Gesundheitszustand der Partner:innen und bei finanziellen Schwierigkeiten des Betriebsleiterpaares.
BUNDESAMT FÜR LANDWIRTSCHAFT (BLW)