«Überall hets Pilzli draa...»
14.11.2025 SaanenAm zweiten Saaner Abesitz nahm Bert Inäbnit – pensionierter Architekt, Ornithologe, Pilzexperte und Verfasser von mehreren Naturbüchern – sein Publikum mit auf einen Streifzug durchs Pilzjahr. Musikalisch umrahmt wurde der Anlass vom Schwyzerörgeliquartett ...
Am zweiten Saaner Abesitz nahm Bert Inäbnit – pensionierter Architekt, Ornithologe, Pilzexperte und Verfasser von mehreren Naturbüchern – sein Publikum mit auf einen Streifzug durchs Pilzjahr. Musikalisch umrahmt wurde der Anlass vom Schwyzerörgeliquartett «Chällermusig».
KEREM S. MAURER
Haben Sie gewusst, dass Pilze das ganze Jahr hindurch wachsen, dass Morcheln bei unsachgemässer Zubereitung unbekömmlich sind, oder dass es Pilze gibt, die nur zusammen mit bestimmten Bäumen wachsen? Pilzexperte Bert Inäbnit präsentierte am Mittwochabend rund 50 Pilzsorten und erläuterte deren Eigenschaften. Angefangen bei den Morcheln, die bereits im Frühjahr wachsen, über Eierschwämme, Steinpilze, Knollenblätterpilze und Boviste bis hin zu den Totentrompeten, die bis in den November hinein gedeihen.
Mit Speck und Butter
Er sehe vermehrt eher junge Leute, die sich im Wald aufhalten und Pilze suchten. «Mit dem Handy vor dem Gesicht versuchen sie, mithilfe einer App die Pilze zu bestimmen», sagte Bert Inäbnit mit einem leicht spöttischen Lächeln auf den Lippen und ergänzte: «Davon rate ich ab, das kann ich nicht empfehlen!» Mit bedächtig gewählten Worten erklärte Bert Inäbnit, dass Morcheln im rohen Zustand giftig seien und dass sie vor der Zubereitung getrocknet werden müssten. Zu jedem Pilz präsentierte er ein passendes Foto, manchmal auch zwei. Junge Eierschwämme lege er oft in Essig ein. So seien sie ein Jahr lang haltbar und speziell zu Raclette ein «wunderbarer Genuss». Dem, der dem Pilzexperten aufmerksam zugehört hatte, lief unweigerlich das Wasser im Mund zusammen. Die geschnittenen Pilze nicht zu heiss in Butter anbraten, riet er. Dazu ein Streifen Speck und geröstetes Brot – fertig sind die Pilz-Crostini.
Spezielle Symbiosen
Bert Inäbnit zeigte auf, dass Pilze in der Natur einen besonderen Stellenwert haben. Er berichtete von den sogenannten Espenrotkappen, die eng mit Espen, sprich Zitterpappeln, vergesellschaftet seien. «Dieser Pilz wächst auf den Wurzeln der Pappel, zehrt von ihr und gibt ihr im Gegenzug für sie wichtige Nährstoffe ab», sagte Inäbnit und betonte, dass solche Symbiosen in der Natur keine Seltenheit seien. Eine überraschende Eigenschaft von Pilzen sei ihre unwahrscheinliche Kraft, wenn diese das Erdreich durchstossen, um ans Licht zu gelangen. «Ich habe in der Westschweiz schon sogenannte Trottoir- oder Strassenchampignons gesehen, die den Asphalt einer Strasse aufgebrochen haben», erzählte er. Ein erstauntes Raunen aus dem Publikum quittierte seine Worte. Von den Bovisten wusste Inäbnit, dass sie nur dann geniessbar sind, wenn ihr Fleisch weiss und fest ist. Der Pilzexperte beendete seinen Streifzug mit der Herbsttrompete, auch Totentrompete genannt. Einem ausgezeichneten Speisepilz – trotz düsteren Namens und schwarzer Farbe.
Vom Keller auf die Bühne
Der zweite Abesitz war gut besucht, der Saal im Landhaus Saanen fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Eine Tatsache, die Bert Inäbnit nicht wirklich erstaunte. Darauf angesprochen sagte er: «Ich habe vor Jahren schon einen Abesitz zum Thema ‹Die vier Jahreszeiten in der Natur› bestritten. Auch damals war der Saal praktisch voll.» Auch für die jungen Musikanten des Schwyzerörgeliquartetts «Chällermusig» hatte er lobende Worte übrig. «Ihr seid eine Superformation. Macht weiter so!», sagte er, nachdem sie seinen Vortrag mit einem Musikstück aufgelockert hatten. Auch Organisator Beat Marmet von der Kulturkommission Dorf Saanen fand anerkennende Worte für die Musiker:innen: «Ich hoffe, dass ihr auch weiterhin das schöne und sinnvolle Hobby ausüben werdet», sagte Marmet und führte aus, dass sie erst seit Kurzem zusammen Musik machten und sich dafür in einem Keller träfen – daher stamme sinnigerweise auch der Name des Schwyzerörgeliquartetts «Chällermusig».
Der nächste Abesitz findet am Mittwoch, 19. November um 20 Uhr im Landhaus Saanen statt. Thema: Holz, Handwerk und Heimat – Ein Streifzug durch die Holzbaugeschichte im Saanenland mit Albert Bach, Nathanael Perreten und Micha Bach. Musikvorträge: Jodlerklub «Bärgfriede».


