Die Volkshochschule feiert Geburtstag
25.09.2023 GesellschaftJENNY STERCHI
Leider war die Gästeschar nicht so gross, wie erwünscht. Doch die, die der Einladung gefolgt und in die Mehrzweckhalle Schönried gekommen waren, genossen ein abwechslungsreiches Programm, unterbrochen von Apéro, Abendessen und Dessertbuffet – ...
JENNY STERCHI
Leider war die Gästeschar nicht so gross, wie erwünscht. Doch die, die der Einladung gefolgt und in die Mehrzweckhalle Schönried gekommen waren, genossen ein abwechslungsreiches Programm, unterbrochen von Apéro, Abendessen und Dessertbuffet – alles offeriert von der Volkshochschule Obersimmental-Saanenland und serviert von deren Vorstandsmitgliedern. Zauberer Magic P griff immer wieder in die Trickkiste und verblüffte die Gäste, ohne eine grosse Show zu machen. Die folgte dann erst später, als das Podiumsgepräch ehemaliger und aktiver Vorstandsmitglieder vorbei war. Darin berichtete Brigitte Erne von einer sehr sparsamen Büroausrüstung – Stift, Papier, Kuverts und Briefmarken – mit der sie Anfang der 1980er Jahre ihre Tätigkeit bei der Volkshochschule aufnahm. Damals übernahmen die Kursleitenden die Administration gleich selbst. Lorenz Fehr, ebenfalls einst im Vorstand und Kursleiter für Informatik erzählte von lobenden Worten der Kursteilnehmenden, wenn er am Computer die Tastenkombination erst schnell und dann noch einmal langsam präsentierte. Was keiner wusste: Die schnelle Version war mehr für ihn selbst, um sicher zu gehen, dass auf dem Bildschirm auch wirklich passierte, was passieren sollte. Catrin Linke, derzeit im Vorstand tätig, wusste von einem Erlebnis im Kurs Obstbaumschnitt während der Covid-19-Pandemie zu berichten. Sie habe grosse Begeisterung bei den Teilnehmenden ausgelöst, als sie sich bereits im Apfelbaum sitzend gegen die Maske entschieden hatte. Denn so sei sie endlich zu verstehen gewesen. Andreas Grünig brachte schliesslich noch zu Gehör, dass er vom ehemaligen Bundesrat Moritz Leuenberger zum Ritter der Kommunikation «geschlagen» wurde. Damals hatte er am Projekt «Avenir Bergregion» mitgewirkt, das internetfernen Bevölkerungsgruppen dank Informations- und Kommunikationstechnologien neue Möglichkeiten und Chancen in ihrem täglichen Leben eröffnen sollte.
«Es war unbestritten, dass in unserer Region erschwingliche Weiterbildungen ermöglicht werden mussten»
Brigitte Zahnd ist seit 2021 Präsidentin der Volkshochschule Obersimmental-Saanenland. Sie blickt zurück auf die Anfänge der Institution und spricht über deren Bedeutung.
JOCELYNE PAGE
Die Volkshochschule Obersimmental-Saanenland (VHS OSSA) feiert 25 Jahre. Können Sie uns einen kleinen Einblick geben in die Anfänge der Schule?
Fast 40 Jahre vor dem Zusammenschluss 1997/98 existierten die beiden Volkshochschulen bereits, sowohl im Saanenland als auch im Obersimmental. Es wurden Vorträge über Reisen, alte und moderne Literatur, Autoren mit Lesungen, Erziehung oder Geschichte der beiden Regionen organisiert. Auch bekannte Gasttheatergruppen von auswärts wurden in die Region geholt. Es gab bereits Schnitz- und erste Sprachkurse. Die Sparmassnahmen des Kantons Bern in den 1990er-Jahren waren aber für die Erwachsenenbildung so einschneidend, dass 2000 etliche Volkshochschulen inklusiv der «Verband bernischer Volkshochschulen» ihre Existenz aufgegeben hatten. Nur die Grossen überlebten – und unsere kleine VHS OSSA.
Und wie gelang dies?
An ein Publizieren des Angebotes war in dem Moment nicht mehr zu denken und doch war unbestritten, dass in unserer Region erschwingliche Weiterbildungen wie Computerschulungen, Sprachkurse, allgemeinbildende Kurse und Gesundheitskurse ermöglicht werden mussten. Unsere weisen Vorgänger:innen suchten intensiv nach Lösungen und waren überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit dem Nachbarn für die Weiterentwicklung und für ein gutes Funktionieren beider kleinen Volkshochschulen zukunftsweisend wäre. Die zusätzliche gemeinsame Organisation und die Koordination des Programmangebotes aller Anbieter für Erwachsenenbildung, Pro Senectute, Frauenverein, Wirtschaftsschule Thun, Kirchen und weitere brachten schliesslich die Gemeinden der Bergregion zu einer Erkenntnis: Ein kleiner Pro-Kopf-Beitrag an den Druck des reichhaltigen Angebotes sicherte das Überleben der Anbieter und deren Bildungsprogramme in der Region. Der Fortbestand beider kleinen Volkshochschulen war gesichert, und damit auch der Grundstein für eine professionellere Organisation gelegt, was später dann auch die Zertifizierung ermöglichte.
Welche Angebote waren zuerst gefragt und wie hat sich dies über die Jahre verändert?
Es gab vermehrt Sprachkurse und Weiterbildungen im IT-Bereich wie auch immer wieder Vorträge. Hinzu kamen Lawinen- und Bergsteigerkurse, Yogaund Pilateskurse, zahlreiche kreative Kursangebote, Tanzkurse, Kochkurse und vieles mehr. Die VHS bemüht sich stets, das Angebot der Nachfrage entsprechend anzupassen. Gleich geblieben ist das Programmheftformat, das beim Zusammenschluss entwickelt wurde und bis heute drei mal jährlich in sämtlichen Haushalten der sieben Gemeinden verteilt wird. Und auch die Tatsache, dass – wie damals – Vorstandsmitglieder die Kurse organisieren, hat weiterhin Bestand.
Welche Bedeutung hat die Volkshochschule über all die Jahre? Und welche Bedeutung hat Ihre Institution für Sie?
Wie vor dem Zusammenschluss ist die Volkshochschule auch heute eine gemeinnützige Institution und in unserer Region fest verankert. Für mich ist die VHS eine nicht wegzudenkende Einrichtung. Zumal wir für ein solches Angebot sonst lange Wege zurücklegen müssten. So setze ich mich seit 2019 gerne für diese Institution ein, seit 2021 als Präsidentin. Früher besuchte ich ab und zu einen Vortrag. Heute gehe ich etwa mal in einen Kurs, dessen Inhalte ich nicht kenne.
Welche Mission verfolgt die Volkshochschule seit jeher?
Der Name «Volkshochschule» sagt es: Sie steht allen Menschen, älteren und jüngeren, langjährigen Einwohner:innen wie auch den Neuzugezogenen unserer Region und darüber hinaus offen.
Welchen Herausforderungen ist die Volkshochschule in den letzten Jahren begegnet?
Eine grosse Herausforderung ist es, qualifizierte Kursleitende – besonders für die Sprachkurse – zu finden. Das braucht viel Zeit am Telefon. Der momentan herrschende Lehrer:innenmangel macht die Sache auch nicht einfacher. Ebenso suchen wir oft über längere Zeit nach ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern, aber da sind wir nicht allein.
Und welche Chancen hat die Volkshochschule wahrgenommen?
Nach dem Zusammenschluss konnte eine Geschäftsleitung in einem Teilzeitpensum angestellt werden. Unsere Institution ist heute eduQua-zertifiziert. Alle drei Jahre wird eine Rezertifizierung mit jährlichen Zwischenprüfungen von aussen durchgeführt, was sehr arbeitsaufwendig ist. Dieses Zertifikatslabel berechtigt jedoch zu Subventionen mit öffentlichen Geldern, was wiederum zu intensiver Zusammenarbeit mit der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern führt. Aber unsere Geschäftsleitung nimmt sich der vielen Neuerungen und der grossen Arbeit an. An dieser Stelle grossen Dank an die Geschäftsleiterin Katja Minnig! Mit unseren Vorstandsmitgliedern, die recht unterschiedliche Berufssparten vertreten und aus verschiedenen Wohnorten kommen, steht uns ein sehr breites Netzwerk zur Verfügung, das wir besonders betreffend Kursangebote nutzen können.
«Ich glaube, wir sind in den letzten Jahren auch bei jüngeren Personen sichtbarer geworden»
Wo steht die Volkshochschule Obersimmental-Saanenland heute? Welche Bedeutung nimmt sie ein? Und welche Kurse sind besonders beliebt? Diese und weitere Fragen hat Katja Minnig, Leiterin Geschäftsstelle, im Interview beantwortet.
JOCELYNE PAGE
Wie viele Menschen nutzen das Angebot der Volkshochschule Obersimmental-Saanenland?
Im 2022 waren es 1118 Kursteilnehmende und 13’825,75 Teilnehmendenstunden.
Welches ist das beliebteste Kursangebot?
Das kann ich so nicht beantworten. Im Obersimmental haben wir eine grosse Nachfrage an Yogakursen. Im Saanenland ist da die Konkurrenz grösser. Kurse wie der Pilz- oder Lawinenkurs sind immer wieder gut gebucht. Die Deutsch-Anfängerkurse sind meistens überbucht, da diese für Personen, die hier arbeiten oder hier bleiben wollen, sehr wichtig sind. Aber all diese Kurse würde ich trotzdem nicht als das beliebteste Kursangebot betiteln. Es ist auch schwierig, die verschiedenen Kurse zu vergleichen. Gesundheitskurse haben sicher an Bedeutung gewonnen.
Welche Bedeutung hat die Volkshochschule in der heutigen Zeit?
In unserer Region gibt es viele Personen, die sehr dankbar sind für das Angebot der Volkshochschule und mir dies auch immer wieder so sagen. Das ist sehr motivierend. Ich glaube, wir sind in den letzten Jahren auch bei jüngeren Personen sichtbarer geworden. Wir wollen kein verstaubtes Image haben und bemühen uns immer wieder, dass unser Kursangebot alle Altersgruppen anspricht. Gerade bei Sprachkursen ist unsere Schule wohl von sehr grosser Bedeutung, da es kaum Konkurrenz gibt.
Wie gestalten Sie das Kursangebot bzw. wie bemerken Sie, welche Bedürfnisse die Leute haben?
An jeder Sitzung führen wir das Traktandum mit einem Aus- und Rückblick auf die Kurse. So sind wir stets auf dem Laufenden, was bei unserer Kundschaft gut ankommt und was nicht. Wir verfolgen Trends, nehmen Kurswünsche von Teilnehmenden auf, prüfen diese und realisieren sie nach Möglichkeit. Leider gab es in letzter Zeit keine Netzwerktreffen mehr mit anderen Volkshochschulen. Dieser Austausch war ebenfalls wichtig und inspirierend. Zudem führen wir eine Ideenbörse.
Welchen Herausforderungen stehen Sie zurzeit gegenüber?
Persönlich sehe ich eine Reihe von Herausforderungen, die uns in unserer Arbeit begegnen. Eine der zentralen Schwierigkeiten besteht darin, qualifiziertes Personal in unserer Region zu finden, insbesondere wenn wir langfristige Partnerschaften anstreben. Zusätzlich stellt die Beschaffung geeigneter und gleichzeitig kostengünstiger Räumlichkeiten eine Herausforderung dar. Wir könnten zwar Schulräume kostenlos nutzen, aber diese stehen nicht immer zur Verfügung. Eine weitere Sorge gilt der zunehmenden Unzuverlässigkeit unserer Teilnehmenden. Gleichzeitig müssen wir die strengen Anforderungen der Bildungs- und Kulturdirektion erfüllen, was für eine kleine Institution wie unsere nicht immer einfach ist. Die finanziellen und organisatorischen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie waren ebenfalls erheblich. Oftmals waren wir unsicher, welchen Regeln wir unterliegen, da wir weder eine Hochschule noch eine Volksschule sind. Hierbei hat uns der Verband nach einer gewissen Zeit unterstützt. Die fortschreitende Digitalisierung stellt eine zuletzt grosse Herausforderung dar. Jede Aktualisierung oder Veränderung geht mit zusätzlichen Kosten einher, und die Umstellung der Qualitätsprüfungen auf neue Normen gestaltet sich schwierig. Diese Veränderungen sind in der Regel nicht auf kleine Organisationen ausgerichtet und erfordern beträchtlichen Aufwand. Trotzdem haben wir bisher die Qualitätsprüfungen stets erfolgreich gemeistert und sind fest entschlossen, dies auch in Zukunft sicherzustellen.
In welchem Altersspektrum bewegt sich das Teilnehmendenfeld?
Von 16 bis ins Rentenalter.
Und wie sieht es bei der Statistik der Geschlechter aus?
Eindeutig mehr Frauen: Im Jahr 2022 waren es 80 Prozent Frauen und 20 Prozent Männer.
Wie finden Sie die Kursleitenden und welche Anforderungen müssen diese mitbringen?
Wir fragen Personen, die wir kennen, persönlich an oder verfolgen Tipps, welche wir erhalten. Manchmal bekommen wir auch Anfragen oder Bewerbungen. Die Anforderungen sind verschieden. Bei gewissen Kursen genügt es, wenn sie fundiertes Wissen über die vermittelte Materie mit sich bringen. Bei anderen Kursen wie z.B. bei Sprachkursen ist eine pädagogische Ausbildung oder die Ausbildung als Erwachsenenbildner:in wünschenswert.
Aus welcher Region kommen die Teilnehmenden?
Grösstenteils aus dem Obersimmental oder dem Saanenland. Wir haben aber auch langjährige Teilnehmende aus dem Pays-d’Enhaut oder Teilnehmende, die aus Thun oder Frutigen anreisen, was mich persönlich erstaunt. Denn wir haben stets das Gefühl, dass das Angebot im Unterland viel grösser sei als hier bei uns.
Nehmen Sie selbst auch an einem Kurs teil?
Ja, ich habe auch schon an Kursen teilgenommen, momentan jedoch nicht