70 Jahre Gondelbahn Gstaad–Eggli
11.02.2025 LeserbeiträgeAm kommenden Donnerstag, 13. Februar wird die Eggli-Gondelbahn 70-jährig. Ein Rückblick.
Am 13. Februar 1955 konnte die erste Gondelbahn aufs Eggli feierlich eröffnet werden. Im Beisein des früheren englischen Generalfeldmarschalls Sir Bernard ...
Am kommenden Donnerstag, 13. Februar wird die Eggli-Gondelbahn 70-jährig. Ein Rückblick.
Am 13. Februar 1955 konnte die erste Gondelbahn aufs Eggli feierlich eröffnet werden. Im Beisein des früheren englischen Generalfeldmarschalls Sir Bernard Montgomery (Spitzname «Monty») und zahlreichen Amtsträgern aus Politik, Sport und Tourismus wurde die Bahn dem Betrieb übergeben. Dies war ein Meilenstein in der Entwicklung des Ski- und Wintersports und bildete ein weiteres Angebot zu den bereits bestehenden Aufstiegsanlagen im Saanenland. Im Gstaad waren dies zu dieser Zeit die Wispile im unteren Teil mit Funischlitten und späterem Skilift, der Sitzlift am Wasserngrat, gebaut 1946.
Bemerkenswert ist die Feststellung, dass die neuen Erschliessungen der Berge mit Seilbahnen und Skiliften auf die damaligen Hoteliers im Saanenland zurückzuführen sind, so auch die Gondelbahn aufs Eggli. Hier bildeten insbesondere dieselben Leute die treibende Kraft wie am Wasserngrat und formten das Initiativkommitee. So amtete Ernst Scherz vom Gstaad Palace denn auch als erster Präsident der Eggli-Gondelbahn AG. Dieser wurde dann 1957 durch Geometer Hans Kämpfer abgelöst. Hans Kämpfer war dann während Jahren massgebend an der Entwicklung des Egglis verantwortlich – bis zu seinem Ableben 1990.
Die Gondelbahn aufs Eggli ersetzte die von 1937 bis 1954 betriebene Funischlittenbahn, die ab dem Hangfuss in der Matten durch den steilen Mattewald über die Lärchweide zum oberen Motzi führte. Die neue Gondelbahn wurde dann in unmittelbarer Nähe der Saane gebaut – mit Brücke und Parkplätzen sowie dem Bau der Egglistrasse. Mit einer Fahrgeschwindigkeit von 2,3 Metern pro Sekunde und ihren 27 Vierergondeln mit Holzsitzen vermochte die Bahn bescheidene 300 Personen pro Stunde zu befördern. Später konnte die Förderleistung auf 360 Personen erhöht werden.
Besonderheiten einer personalintensiven Anlage
Die Gondelbahn der Firma Gerhard Müller AG bestand aus einigen besonderen Baukomponenten, so unter anderem den senkrecht stehenden Stützen. Zusammen mit einem Grünanstrich – von der Gemeinde vorgeschrieben – traten die Stützen in der Landschaft weniger in Erscheinung (die Bäume im angrenzenden Mattewald stehen ja auch senkrecht). Eine Besonderheit bildete auch die von Gerhard Müller entwickelte automatische Seilklemme, die die Gondeln in den Ausfahrten mittels Fallschiene und Zuschrauben der Klemmbacken im fahrenden Förderseil festklemmten, um in der Bergstation wieder auszukuppeln. Jede Gondel wurde mit zwei in Reihe liegenden Seilklemmen bestückt, dies erhöhte die Betriebssicherheit. Die silbrigen Gondeln lieferte die Carrosseriefirma Métalléger aus Sierre, sie gelangten an allen Müller-Bahnen zum Einsatz.
Die neue Gondelbahn war zu Beginn – aus heutiger Sicht – sehr personalintensiv. Nicht weniger als vier Bahnangestellte erforderte ein reibungsloser Betrieb, im Winter sogar in jeder Station deren sechs – Kassenpersonal nicht eingerechnet. Zu dieser Zeit waren die Arbeitsplätze an einer Seilbahn sehr begehrt. Der Tourismus bot der einheimischen Bevölkerung neue Arbeitsplätze. Dies, obwohl die damaligen Löhne äusserst bescheiden waren.
Neue Anlage nach 30 Jahren
Durch die rasante Entwicklung des Skisportes und des Tourismus im Allgemeinen vermochte dann die geringe Förderleistung dem Ansturm der Gäste nicht mehr gerecht zu werden. Zudem erreichte die Bahn ihre Altersgrenze, mit zunehmenden Schwierigkeiten, Ersatzteile zu bekommen. So musste die Gondelbahn nach fast 30-jährigem Betrieb einer neuen Anlage Platz machen. Die neue Gondelbahn wurde wiederum durch die Müller-Lifts AG erstellt. Die Förderleistung konnte auf 1000 Personen pro Stunde erhöht werden und war bis 2019 in Betrieb. Die heutige moderne Zehnerkabinenbahn führt nach wie vor auf der gleichen Strecke wie 1937 auf den Hausberg von Gstaad. Wobei zu vermerken ist, dass auch die Höhi Wispile und der Wasserngrat für unsere Talschaft wichtige Hausberge sind.
Pfarrhaus St. Stephan auf dem Eggli wieder aufgebaut
Dieser Bericht wäre unvollständig, wenn nicht auch auf den Werdegang des Berghauses Eggli hingewiesen würde. Während den Funizeiten von 1937 bis 1955 betrieb die Familie Bircher von Saanen im Stafel der Geschwister von Grünigen auf der Rossfälli eine kleine Alpwirtschaft. Ab der Bergstation des Funis erreichte man das Beizli in einem 20-minütigen Fussmarsch.
Gleichzeitig mit der Planung der Gondelbahn wurden die neu gewählten Verwaltungsräte Arnold von Grünigen und Marcel Reuteler (Parkhotel) mit dem Bau eines Berghauses neben der Bergstation der Gondelbahn beauftragt. Sie konnten in St. Stephan das ehemalige Pfarrhaus erwerben und liessen dieses auf dem Eggli wieder aufbauen. Nach ungeprüfter Überlieferung betrugen die Baukosten damals 55’000 Franken. Das Berghaus wurde periodisch aus- und angebaut. Ein grosser Anbau erfolgte 1987 und musste im Jahr 2021 einem Neubau weichen.
Um den schwächeren Skifahrer:innen auch ein Angebot bieten zu können, wurde zeitgleich der Bau eines Skiliftes auf den Stand geplant und auf den Winter 1955/56 in Betrieb genommen.
In einem separaten Bericht ist die weitere Entwicklung der Lifte und Bahnanlagen rund ums Eggli bis 1993 enthalten, er würde diesen Artikel sprengen.
Es ist vorgesehen, im Herbst dieses Jahres an einer Veranstaltung die Geschichte der Entwicklung des Eggli näher zu beleuchten und in Erinnerungen zu schwelgen. Ganz im Sinne, dass die Weiterentwicklung auf der Kenntnis der Vergangenheit beruht.
WERNER REICHENBACH