Ueli Hefti schrieb das bewegende, emotional berührende Theaterstück «für d’Bärge gebore». In drei Akten schlüpfen die Theaterleute des Jodlerklubs «Gruss vom Wasserngrat» in verschiedene Rollen. Weil in ernsten Stücken schauspielerische Fähigkeiten besonders gefragt sind, erstaunte, was die fünf Laiendarstellerinnen und sechs Laiendarsteller nach relativ wenigen, aber intensiven Proben aus sich herausholen konnten.
EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH
Drei Jodlerinnen und 15 Jodler eröffneten mit dem Vortrag «Chüejerglüt» von Hannes Fuhrer – «herrlich schönä Summerabä, heilä Friedä, töifi Rueh» – den Konzert- und Theaterabend im prall gefüllten Saal im Bissenschulhaus.
Dirigent Simon Hefti, auch Kursleiter und Juror im Eidgenössischen Jodlerverband, führt seine Jodlerinnen und Jodler mit einfühlsamer und geschickter Hand. Mit viel Herzblut, strahlenden Augen und sichtbarer Freude am Jodeln verwöhnten sie das zahlreich erschienene, dankbare Premierenpublikum mit den folgenden Liedvorträgen: «Ramsli-Jutz» von Walter Wiedmer, «Bärgluft» von Jean Clémençon, «Dr Zügler» von Simon Hefti, «Bärg-Erinnerige» von Ernst Sommer und dem «Cheneli-Jutz» von Erwin Mani. Sodann begann die Uraufführung von «Für d’Bärge gebore».
Im Hintergrund der Terrasse des Berggasthauses erhebt sich nicht etwa das Giferhorn oder der Wasserngrat, sondern das stark vergletscherte Bergmassiv der Blüemlisalp. Eine saftig grüne Alpwiese und eine gewaltige Felswand vervollständigen den szenischen Raum. Das Bühnenbild verstärkt die Aussage des Stückes «für d’Bärge gebore» eindrücklich und unterstreicht zudem die Atmosphäre des Schauplatzes. Das Bühnenbild wurde von Kurt Hofmann aus Wimmis gefertigt.
«Ich bin ein Bergler und bleibe ein Bergler»
Erster Akt. Auf der Berghausterrasse ist Ruhe eingekehrt – Feierabendstimmung. Roland, Bergbauer im Ruhestand, setzt sich an einen Tisch und bestellt ein Bier. Mit Barbara, der Wirtin, (Käti Stähli) entwickelt sich ein Gespräch, in dem es sich ausschliesslich um den verschollenen Walter (Hans Hefti) dreht. Walter, Sohn des Bergbauern Roland (Herbert Annen) und gewesener Freund von Barbara, hatte Meinungsverschiedenheiten mit seinem Vater. Walter wollte den Betrieb modernisieren – Maschinen anschaffen. Der konservativ eingestellte Vater hielt dagegen und mahnte seinen Sohn, seine Modernisierungsideen zu vergraben, ansonsten er «verreisen» solle.
Im Gespräch mit Barbara hinterfragt Roland, ob sein Sohn die Drohung, er solle «verreisen», wenn er Maschinen anschaffen würde, ernst genommen habe und in den wüsten Graben gesprungen sei. Barbara verneint diese Gedanken und ist überzeugt, Walter sei beim Unwetter auf dem nassen Steg ausgerutscht – und fort war er.
Barbara, versunken in ihrer Trauer um den Verlust ihres Walters, bemerkt kaum, dass zwei Touristen ihre Rucksäcke auf der Terrasse abgestellt haben. Die jungen Leute, Anna (Tamara Perreten) und Lukas (Matthias von Grünigen), fragen, ob sie auf der Alpwiese ihr Zelt aufstellen dürfen. Beiläufig erkundigt sich das Fräulein aus der Stadt, ob auf dieser Wiese Kühe weiden würden. Barbara sagt, Kühe nicht, aber ein Stier. Anna wird bockig, sie will im Restaurant übernachten. Barbara findet das eine gute Idee und sagt, so könne auch der Muni ruhig schlafen. Diese Bemerkung erzürnt Anna vollends. Sie «giftelt» beim Essen, weil sie kein Fleisch isst, und es irritiert sie, dass sich Barbara «Bergler» und nicht «Berglerin» nennt. Als sie von Walters Unglück und dessen Verschwinden erfährt, empfiehlt sie Barbara, ihr Schicksal mit Hilfe eines Psychiaters zu verarbeiten. Diesen Rat findet Barbara völlig daneben. Sie spinne nicht und könne auf die Hilfe eines «Psychoheinis» gut verzichten. Sie wisse zwar, dass die Leute im Dorf sagen, sie würde spinnen. Aber dem sei nicht so. «Ich bin verzweifelt, fühle mich hier oben aber richtig zu Hause. Ich bin ein Bergler und bleibe ein Bergler!», sagt sie.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Barbara blättert in einer Zeitung und entdeckt ein Gedicht, das sie an Worte von Walter erinnert. Vielleicht hatte das junge «Tüpfi» doch recht, als sie sagte, «mer spinnis». Barbara denkt nach, liest das Gedicht nochmals und murmelt vor sich hin «da uberchume-ni grat Hüenerhut». Unbemerkt von Barbara taucht Peter (Hansueli Zurbrügg) auf. Gemeinsam sinnieren sie über den Text und tauschen sich über das Geschehene aus. Obwohl das Unglück, das Verschwinden Walters, mittlerweile sieben Jahre zurückliegt, glaubt Barbara, Walter sei am Leben, sie spüre das. Die Hoffnung stirbt zuletzt! Selbst Heidi (Silvia Hauswirth), die beste Freundin Barbaras, ist nicht in der Lage, sie aus dem grottentiefen Loch zu befreien. Barbara kann und will nicht glauben, dass ihr Walti tödlich verunfallt ist. Im Herzen fühlt sie, dass er am Leben ist.
Im dritten Akt …
… erfuhren die Besucherinnen und Besucher der Premiere Erstaunliches. Fanden sie auf die Frage, ob sich Barbara in den Bergen wieder geborgen fühlen kann, eine Antwort? Dies sei an dieser Stelle mit Rücksicht auf die Theaterbesucher der restlichen Aufführungen nicht verraten ...
Mit dem «Golete-Jutz», einem Naturjodel von Walter Wiedmer, verabschiedete sich der Jodlerklub von seinem dankbaren Publikum. Dieses belohnte die Theaterleute und die Jodlerinnen und Jodler mit lang anhaltendem Applaus.
Weitere Aufführungen heute Freitag und morgen Samstag, jeweils 20.15 Uhr.
IM GESPRÄCH MIT AUTOR UND REGISSEUR UELI HEFTI
«Für d’Bärge gebore» ist Ueli Heftis viertes Theaterstück. Mit der Uraufführung wurde seinem Bühnenwerk Leben eingehaucht. Mit dem, was er auf der Bühne zu sehen und zu hören bekam, war er sehr zufrieden. Schade sei, dass man den Geschmack der Natur, die Bergwelt, die Sonne, den Regen und den Wind nicht auf die Bühne zaubern könne.
Seine Geschichten entwickeln sich aufgrund von Begebenheiten und Beobachtungen. Bei seiner Arbeit, der Brennholzverarbeitung, trägt er oft während mehrerer Stunden einen Kopfhörer. Unter diesem, und von nichts abgelenkt, würden sich die Bilder für seine Theaterstücke entfalten. Der Weg zum Ziel sei lang und nicht geradlinig. In «Für d’Bärge gebore» habe er gut zwei Jahre investiert.
EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH