Ausdrucksstarke Volksmusik in der Kirche Gsteig
07.03.2023 KulturDer heilige Theodul ist Schutzpatron der im Jahre 1453 geweihten Kirche in Gsteig. Zur Zeit des heiligen Theodul – das liegt viele hundert Jahre zurück – galt Musik als bildend und veredelnd, unter Umständen auch als Wunder bewirkend. Was erhofften sich die Besucherinnen und Besucher des Konzerts «So tönts im Gsteig»?
EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH
Mit der Bise im Rücken trieb es Frauen und Männer aus dem Saanenland – und teilweise auch aus dem Obersimmental – ins Konzert in der Kirche Gsteig. Es wunderte sie wohl, wie es «im Gsteig» tönen wird. Andrea Kohli von der Dorforganisation Gsteig empfing die Konzertgäste mit einem herzlichen Lächeln und einem Frühlingsgruss in Form eines gezeichneten Schmetterlings. Nach und nach füllte sich das Kirchenschiff – jedoch ohne Dichtestress. Die Kapelle Rita Walker eröffnete den Konzertabend mit der «Fellini-Polka» von Carlo Brunner. Die beschwingte Melodie im lebhaften bis raschen Zweivierteltakt liess für die Fortsetzung Spannendes vermuten. Und so kam es auch! Hier einige Mosaiksteine des Abends:
Die Musikvorträge
Alle Beiträge verdienen hohes Lob. Einzelne hervorzuheben wird dem Konzert nicht gerecht. Dennoch erwähnenswert, weil besonders beeindruckend, war die Kraft der leisen Töne, erklungen in den Vorträgen der preisgekrönten Solojodlerin Käthi von Siebenthal. Ihr Jodellied «Im Läbe het di mängisch scho» von Marie Theres von Gunten, mit Akkordeon subtil begleitet von Urs Kohli, war purer Hörgenuss. Die Ausstrahlung der Sängerin und die Harmonie des Duetts erfreuten Augen und Ohren so sehr, dass freudige Emotionen aufkamen.
Die Konzertgäste
Von der Empore sieht man hinunter auf viele weisse, weise Köpfe. Da sitzt viel Wissen und Erfahrung auf dem Holz der kargen Bänke. Unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Lebenswegen trafen sich in der Kirche in Gsteig. Die Vorfreude auf die Vorträge ihrer bestens bekannten Formationen schien gross zu sein. Werden Vergleiche mit früher mal Gehörtem gezogen? Interessant zu erfahren wäre, was in den Köpfen der Zuhörenden vorgeht. An was denken sie? Erinnerungen an welche Ereignisse werden wach? Den Gesichtern nach, und aus der Ferne betrachtet, scheinen die vokal und instrumental vorgetragenen Lieder und Melodien schöne Gefühle hervorgerufen zu haben.
Die Bassisten
Edwin Walker, Kari Graa und Christof Walker stehen mit ihrem Streichinstrument da wie Felsen in der Brandung. Sie strahlen Ruhe aus. Gelassen halten sie sich im Hintergrund auf. Sie begleiten. Mit den Fingern der linken Hand bestimmen sie die Tonhöhe und mit der rechten Hand lassen sie den Bogen gefühlvoll über die vier Seiten (E, A, D, G) gleiten. Ohne Bass klingen Melodien meist ziemlich leer. Die für den Rhythmus und die Harmonie einer Tonfolge mitverantwortlichen Bassisten verzauberten das lauschende Publikum.
Die Klarinette
Nicht unerwähnt bleiben darf die Kapelle Rita Walker. In der instrumentalen Besetzung mit Bass, Akkordeon und Klavier sticht die Klarinette, gespielt von der Musikpädagogin Rita Walker, meisterhaft hervor. Die fröhlichen Töne liessen die Beine der Konzertbesucher zappeln, ja gar zum Tanz anregen.
Jungjodler Saanenland
Das Kinderchörli mit den Engelsstimmen passt ausgezeichnet in die Kirche. Barbara Kohli und Yvonne Haldi gelang es, trotz Sportferien genügend Kinder zu einem Chor zusammenzutrommeln. Mit dem Lied «E schöna Troum» von Hannes Fuhrer und besonders mit dem Titel «Leben ohne Träume gaht gar nicht» sangen sich die Kinder in die Herzen aller Anwesenden.
Die Familienkapelle Walker
liess den Konzertabend ausklingen. Vater Christian spielt mit seinen Söhnen Bruno, Herbert, Stefan und Christof seit gut 20 Jahren vielseitige Musik im innerschweizer Stil. Für das Konzert in der Kirche Gsteig wählten sie konzertante Musik, womit sie dem Publikum Gelegenheit gaben, sich von der harten Sitzbank zu erheben, um zu applaudieren.
Für Christian Kohli tönte es in Gsteig, wie er sich das vorgestellt hatte. In einem kurzen Gespräch sagte er: «Ich spürte ein Heimatgefühl. Die musikalischen Vorträge spiegeln unsere Heimat. Nebst den Ohren kamen auch die Augen auf ihre Rechnung. Die Fingerakrobatik der Handörgeler ist einfach fantastisch. Und die Vorträge der Solojodlerin Käthi von Siebenthal sind allerhöchste Klasse. Besondere Freude hatte ich auch an den Kindern, den künftigen Jodlerinnen und Jodlern aus unserem Saanenland. Schön auch, dass die Kirche gut gefüllt war – möglicherweise waren es mehr als jeweils an Sonntagen!»





