Mit fröhlichem Gesang feierte der Männerchor «Echo vom Olden» seinen 175. Geburtstag
13.06.2023 SaanenIn der Kirche Saanen, 1228 urkundlich erstmals erwähnt und im Mittelalter dem Heiligen Mauritius geweiht, versammelte sich am Samstagabend, 10. Juni ein grosses Publikum, um den 175. Geburtstag des Männerchors «Echo vom Olden» zu feiern. Eingebettet in den Gesang des jubilierenden Männerchors durfte sich die Zuhörerschaft an den Vorträgen des Männerchors Thun und der A-Capella-Formation «Sound Agreement» aus Spiez erfreuen. Armin Oehrli, Präsident des Männerchors «Echo vom Olden», manövrierte das Publikum gekonnt und mit Humor durch das reichhaltige Programm.
EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH
Als vor 175 Jahren der Männerchor «Echo vom Olden» entstand, war die Welt noch eine andere. Drei Jahre bevor die moderne Schweiz gegründet wurde, sangen die aus der Fremde heimkehrenden Brüder Christian und Hans Kohli, der Büchsenmacher Jakob von Grünigen und sein Bruder Emanuel das Jägerlied «Verglüht sind schon die Sterne, schon wehet Morgenluft». Mit diesem Lied, komponiert von Conradin Kreuzer (1780–1849), eröffnete der Männerchor «Echo vom Olden» den Konzertabend.
Breites Liederrepertoire
Der Männerchor «Echo vom Olden» bewegt sich in unterschiedlichen Genres und kennt keine musikalischen Berührungsängste. Der Chor, geleitet von Dirigentin Ada van der Vlist Walker, verfügt über ein breites Liederrepertoire. Der bunte Fächer reicht von klassischen Liedtiteln bis hin zu Volksweisen aus England und Italien. Mit «The drunken Sailer» (Armin Oehrli sprach vom «bes … Seemann») wähnten sich die Zuhörenden im stabilen Kirchenschiff eher auf einem schwankenden Hochseedampfer. Ein besonderes Hörvergnügen ist immer wieder das Lied «Louenesee», arrangiert von Peter Stoll, dem Dirigenten des Männerchors Spiez.
Ada van der Vlist Walker, Musiklehrerin und Organistin, dirigiert den Männerchor seit 2014. Sie fördert und fordert. In den Chorproben und beim Einsingen recken und strecken sich die Sänger. Verbunden mit einem lauten Zischen pressen die Chormitglieder Luft durch ihre Lungen, als gelte es, eine Dampflokomotive zu übertönen. Die richtige Atmung ist der Schlüssel für einen tollen Gesang. Aber auch die Körperhaltung ist wichtig, um gut singen zu können. Wenn alle Körperpartien richtig auf das Singen eingeschworen sind, kann der Körper wundervolle Klänge erzeugen.
Ferienerlebnisse wurden wach
Die 1979 in Ungarn geborene Monika Nagy ist seit August 2016 die musikalische Leiterin des Männerchors Thun. Dieser präsentierte anspruchsvolle und fröhliche Lieder. Den Liedvortrag «Chiquita Rosa», komponiert vom Spanier Pasquale Thibaut, begleitete die mit vielen Diplomen geehrte Dirigentin am Klavier. Ihre Begeisterung übertrug sich auf die Sänger, deren Stimmen sich zu einer brillanten Klangform vereinten. Vorstellbar, dass bei den Zuhörenden Ferienerlebnisse wach wurden. Zusätzlich zu den Klangfarben beim Lied «Fratello sole e sorella Luna» von Riz Ortolani könnten aber auch Farbtöne aufgetaucht sein. Die Dirigentin Monika Nagy erklärte: «Es gibt die Harmonie der Töne ebenso wie die der Farben. Es gibt Farbskalen genauso wie Notenskalen: Die Welt der Farben ist eng verbunden mit der Welt der Töne und der Musik.»
Gefühle und Emotionen
Perlen des A-cappella-Gesangs vermittelten sechs Sänger des Männerchors Spiez. Die musikalisch und sprachlich gewandten «Liederanten» flitzten in verschiedenen Songs durch unterschiedliche Sprachen – stets gewürzt mit einer Prise Humor und verschiedenen Wendungen. Mit einem «gibeligelben» Propeller am Hals entzückten sie die Zuschauenden und Zuhörenden. Gefühlen und Emotionen wurde freier Lauf gegeben. Die optimalen akustischen Verhältnisse in der Kirche verstärkten die sonoren Bässe und die hellen Tenorstimmen der Sänger. Peter Stoll und seine fünf Kollegen verzauberten das Publikum.
Grussbotschaften
Gemeindepräsident Toni von Grünigen eröffnete den Reigen der Gratulanten. In seiner gehaltvollen Rede strich er die Bedeutung der Vereine allgemein hervor und verdeutlichte anhand persönlicher Erlebnisse über all die Zeit mit dem Männerchor eindrücklich, wie Vereinskultur zu einer lebendigen Dorfgemeinschaft beiträgt.
Esther Mathier, Präsidentin der Chorvereinigung Berner Oberland, schloss sich den Worten des Gemeindepräsidenten an und überbrachte weitere Glückwünsche.
ADA VAN DER VLIST WALKER ZU «ICH KANN NICHT SINGEN»
Die Musikpädagogin Ada van der Vlist Walker entgegnete auf die Aussage «Ich kann nicht singen» Folgendes: «Denis Diderot* sagte: ‹Die Stimme ist ein Musikinstrument, dessen sich alle Menschen ohne die Hilfe von Lehrern, Prinzipien oder Regeln bedienen können.› ‹Ich kann nicht singen› – das stimmt in den seltensten Fällen. Wenn du keine Stimmbandlähmung hast und deine Ohren funktionieren, kannst du auch singen. Oft ist es die Angst, die uns vom Singen abhält. Wer für seine Stimme kritisiert wurde, tut alles, um diese negative Erfahrung nicht wieder zu erleben. Angst verspannt uns und schnürt unsere Kehle zu. Klar kostet es Überwindung: Singen trotz Angst vor Peinlichkeit. Aber der Sprung aus deiner Komfortzone hilft dir dabei, auch andere Versagensängste loszuwerden. Du wirst selbstbewusster. Und plötzlich wird jede Menge zusätzlicher Lebensenergie frei. Liebe Männer im Saanenland, kommt in eine unserer Proben – ich freue mich, mit euch zusammen singen zu dürfen.» EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH
* Denis Diderot (1713–1784) war ein französischer Abbé und Schriftsteller.




