Dankbar für unversehrte Heimkehr

  05.09.2023 Gstaad

Dankbar für unversehrte Heimkehr

Es war ihre erste Gstaad Züglete, an der Karin und Benjamin Mösching ihre 26 Kühe, ihren Stier und zwei Geissen über die Gstaader Promenade führten. Wie es dazu kam, wohin sie ihr Weg dann führte und noch andere kleine Berggeheimnisse verrieten die beiden im Interview.

JENNY STERCHI

Karin und Benjamin Mösching, zum ersten Mal waren Sie Teil der Gstaad Züglete und begeisterten zusammen mit anderen beteiligten Familien ein grosses Publikum. Was war das für ein Gefühl?
Es ist ein sehr guter Anlass. Es war schön mit relativ wenig Aufwand den Menschen Freude zu bereiten und ihnen somit die Landwirtschaft näher zu bringen. Es freute uns sehr, dass so viele Leute vor Ort waren und sich im Publikum Einheimische und Touristen mischten.

Wurden Sie für diesen Anlass aufgeboten oder haben Sie sich beim OK dafür gemeldet?
Wir haben beim OK-Mitglied Johann von Grünigen angefragt, ob es noch Tiere für die Gstaad Züglete braucht. Es braucht ziemlich viel Planung, um am Züglete-Termin wirklich parat zu sein. Da kann man nicht einfach so kurzfristig entscheiden, mal mitzugehen. Bei uns passte es in diesem Jahr gut. Die Alptage sind exakt definiert und es ging heuer genau auf, dass wir am vergangenen Samstag zügeln konnten.

Aber Sie kannten den Ablauf der Gstaad Züglete schon, bevor Sie daran teilgenommen haben?
Ja, als Zuschauer waren wir oft dabei. Wir gehen mit unseren Tieren überhaupt erst seit drei Jahren auf diese Alp.

Und welche ist es?
Wir konnten vor drei Jahren die Alp Meiel zuhinterst im Meielsgrund pachten. Im höchstgelegenen Teil der Alp – Obere Meiel – auf über 2000 Metern über Meer sind wir mit unseren Tieren acht Wochen lang, melken, machen Käse und geniessen die wunderschöne Natur.

Auf 2000 Metern?
Ja, wir sind gut eingerichtet. Natürlich ist es aufwendiger, zumal die obere Alp nur zu Fuss oder mit der Seilbahn für Material und Personen zu erreichen ist.

Das heisst, der oben produzierte Käse geht per Seilbahn nach unten? Von wie viel Käse reden wir in diesem Jahr?
Ja genau. Das Stroh sowie das Brennholz gehen mit der Seilbahn nach oben und der Käse kommt auf dem gleichen Weg zurück. In diesem Sommer haben wir 2400 Kilogramm Käse produziert, von Raclette über Mutschli bis hin zum Alpkäse.

Hatten sie eine gute Alpzeit?
Ja, wir hatten es gut. Das Gelände ist ziemlich steil und nicht ungefährlich. Wir sind wirklich dankbar, dass die Kühe, Rinder, Kälber (davon zehn Kühe vom Alpbesitzer) und wir unversehrt ins Tal zurückgekommen sind. Anfangs August hatten wir plötzlich eines Morgens Schnee auf der Weide. Da haben wir geschaut, dass wir die Kälber und Rinder kurzzeitig in den unteren Alpteil bringen konnten. Sie im Schnee stehen zu lassen, wäre nicht so gut gewesen. Zum Glück war das Weiss recht schnell wieder verschwunden.

Hatten Sie Helfer auf der Alp?
Wir beide haben die Kühe versorgt und den Käse gemacht. Zwischendurch haben wir weiter unten noch das Heu geerntet. Dabei wurden wir von den Eltern unterstützt.

Aber Zügelhelfer oder helfende Hände bei der Herstellung des Blumenschmucks hatten Sie doch sicher noch einige mehr?
Beim Blumenschmuck hielten wir es lieber einfach. Es war das zweite Mal, dass unsere Kühe geschmückt gingen. Premiere hatten sie an der Jubiläumsschau des Viehzuchtvereins Bissen. Zum Schmücken und Zügeln durften wir auf die Mithilfe von Familie und Freunden zählen.

Wohin ging es am Samstag für Sie und die Tiere?
Wir kamen vom unteren Meieli und zügelten in die Vorsass, welche am Wasserngrat auf 1500 Metern über Meer liegt. Die Promenade lag praktisch auf dem Weg.

Wo sind Sie und die Kühe im Winter?
Unser Heimatbetrieb ist in der Bissen in der Nähe des Wasserngrats.

Welchen Status geniessen die beiden Geissen?
Die Geissen bekamen wir zu unserer Hochzeit, wir haben noch heute Freude an ihnen. Sie machen unsere Zügelte komplett und sind immer zuvorderst. Die Kühe laufen ihnen meist wunderbar nach.


BILANZ

«Ich bin sehr, sehr zufrieden», blickt OK-Präsident David Schmid zurück auf die diesjährige Gstaad Züglete. Es habe ihm viel Freude bereitet, acht Züglete begrüssen zu dürfen. Auch der Tag selbst habe er nicht als stressig oder hektisch empfunden. «Jede und jeder, der mithilft, versteht den Event als Dorffest: Jeder packt an, jeder hilft mit», sagt Schmid. Alle Träger der Veranstaltung – Hotelierverein Gstaad-Saanenland, Dorforganisation Gstaad, Gewerbeverein Saanenland und die landwirtschaftliche Vereinigung Saanenland – würden Verantwortung übernehmen und sich um ihre Aufgaben kümmern. Deshalb funktioniere alles so reibungslos. Auch die Grösse des Anlasses sei perfekt. «Während der Pandemie haben wir absichtlich weniger Marktstände angeboten. Nun sind wir wieder auf dem Niveau vor Corona. Und diese Grösse wollen wir beibehalten, wir wollen nicht grösser werden.» Dies war auch der Grund, weshalb das OK dieses Jahr auf den Stier verzichtet hat. «Es finden sich viele Leute in der Promenade wieder. Das Risiko, das etwas passieren könnte, ist einfach zu gross.»

Wie viele Leute den Anlass verfolgten, könne er nicht benennen, aber das OK sei sehr zufrieden mit dem Zuschaueraufkommen und auch mit der Unterstützung von allen Seiten, indem beispielsweise Hotels den Event auf ihren Social-Media-Plattformen beworben hätten. «Zudem habe ich von Hoteliers vernommen, dass bei ihnen Gäste übernachtet hätten, die explizit für die Züglete anreisten», so Schmid. Er selbst habe zufällig die Bekanntschaft mit einer grossen Familie aus Stuttgart gemacht, die extra angereist seien, weil ihre Tochter vom Anlass erzählt habe – sie war den ganzen Sommer auf einem Saaner Sömmerungsbetrieb.

JOP


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