Kleine Traumfresser
16.10.2023In einem viertägigen Theaterworkshop lernten zwölf Kinder aus dem Saanenland neben dem Spass am Theaterspielen vor allem auch Mut und viel Eigeninitiative.
SONJA WOLF
Sieben Mädchen und fünf Jungen haben sich letzte Woche in ihren Herbstferien in kleine Schauspielerinnen und Schauspieler verwandelt. Vier Tage lang durften sie in einem Workshop im Jugendzentrum Oeyetli ihre volle Kreativität ausleben und in die Rollen von Prinzessinnen, Beratern, Erzählerinnen, Dorfbewohnern, Tieren oder Samuraikämpfern eintauchen.
Ganz frei in der Ausgestaltung
Als Vorlage diente das Bilderbuch «Das Traumfresserchen» von Michael Ende. (siehe Kasten) «Dieses Buch gibt den Handlungsfaden vor, gibt aber auch viel Freiheit für eigene Ideen», sagt die Workshopleiterin Maria Berchtold in einer Spielpause am dritten Theatertag. Sie ist freischaffende Theaterpädagogin in Bern und im Berner Oberland und war in der Vergangenheit sogar schon einmal in Saanen, um einen Theaterworkshop zu leiten.
«Am wichtigsten ist mir der Prozess», beschreibt sie ihre Arbeit mit den Kindern. Die Theatertage im Oeyetli waren also keineswegs geprägt vom sturen Rollen- und Texteauswendiglernen. «Wenn den Kindern klar ist, welche Rolle sie spielen möchten, schicke ich sie in kleine ‹Grüppli›. Dort erfinden sie selber ihre Texte und gestalten ihre Rolle aus», erklärt die kreative Theaterfrau ihr Vorgehen. Die Kinder wechselten ausserdem mehrfach die Rollen, «denn im Workshop geht es ja darum, möglichst viel Verschiedenes auszuprobieren», so Berchtold. Die Kinder durften sogar selbst bestimmen, welche imaginären Länder sie im Verlauf der Geschichte besuchen wollten und entwickelten eigenständig die Szenen. Und die Kostüme und anderen Accessoires? Einige hatte die Leiterin vorausschauend schon mitgebracht, die Kinder brachten aber auch vieles, was sie für wichtig für die Rolle hielten, von zu Hause mit.
Den Applaus geniessen
Auch bei der «Werkschau» am Donnerstag, dem letzten Tag des Workshops, stand der Prozess im Mittelpunkt. «Eine perfekte Aufführung ist nach vier Tagen nicht das Ziel. Vielmehr geht es darum, dass die Kinder in einer Werkschau ihre Geschichte zeigen können. Sie erleben die Aufregung, das Gefühl, vor Menschen zu spielen, und dürfen am Ende den Applaus geniessen», so die Theaterpädagogin. Ganz werkschaumässig gab es also ein minimalistisches Bühnenbild und minimalistische Kostüme, die Szenen durften ein wenig improvisiert sein. Wichtig war dabei, sich auf der Bühne gegenseitig zu helfen. Denn: «Es soll ja ein positives Erlebnis sein und keine Angst machen. Theaterspielen braucht Mut», resümierte Berchtold den gelungenen Abend und war sehr stolz auf die Leistungen ihrer kleinen Schauspielerinnen und Schauspieler. Genauso wie die Familien und Freunde der Kinder, die am Donnerstag die Werkschau begeistert verfolgten.
Auch Emily Ross von der Juga freute sich über den gelungenen Workshop. Die Juga organisiert regelmässig solche Theaterprojekte. «So können die Kinder ihre Freizeit oder Ferien mit Spass und Kreativität gestalten und etwas Neues ausprobieren», sagt Sozialarbeiterin Emily Ross.
«DAS TRAUMFRESSERCHEN»
Angst vor bösen Träumen zu haben und nicht einschlafen zu können, ist schon für grosse Leute schlimm. Für kleine ist es noch viel schlimmer. Aber am allerschlimmsten ist es für eine kleine Prinzessin, die Schlafittchen heisst und in Schlummerland lebt… Denn im Königreich Schlummerland ist das Wichtigste das Schlafen. Doch plötzlich hat Schlafittchen ein grosses Problem. Sie wird immer wieder von bösen Träumen heimgesucht und traut sich kaum, ins Bett zu gehen. Die Königsfamilie ist ratlos, auch im Dorf findet sich keine Lösung. Schlafittchens Vater muss auf eine lange Reise, um Rat zu suchen. Niemand weiss etwas, bis der König plötzlich auf das Traumfresserchen stösst.
KLAPPENTEXT/ MARIA BERCHTOLD





