Das Schweizer Parlament rutscht nach rechts – SVP verliert jedoch Stimmen in Obersimmental-Saanen, EDU baut aus
24.10.2023 PolitikAm vergangenen Sonntag fanden die Parlamentswahlen statt. National ist die SVP die Wahlsiegerin. Sie gewinnt im Nationalrat neun Mandate dazu, die SP hat zwei Sitze mehr. Grosse Verlierer sind die Grünen und die Grünliberalen. Sie verlieren zusammen elf Sitze. Im ...
Am vergangenen Sonntag fanden die Parlamentswahlen statt. National ist die SVP die Wahlsiegerin. Sie gewinnt im Nationalrat neun Mandate dazu, die SP hat zwei Sitze mehr. Grosse Verlierer sind die Grünen und die Grünliberalen. Sie verlieren zusammen elf Sitze. Im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen hat die SVP allerdings im Vergleich zu den Wahlen 2019 an Zustimmung verloren, die EDU hat ihren Stimmanteil ausgebaut. Im Ständerat sind nach dem Wahlsonntag 31 der 46 Sitze vergeben. In zehn Kantonen kommt es zu einem zweiten Wahlgang – auch in Bern.
ANITA MOSER/JOCELYNE PAGE
Nach Auszählung aller Stimmen ist die SVP klare Wahlsiegerin. Sie gewinnt im Nationalrat neun Sitze dazu. Der Wählerauftrag sei klar, so die SVP Schweiz. «Die Schweizerinnen und Schweizer haben genug von der schädlichen linksgrünen Asyl- und Zuwanderungspolitik», schreibt sie in einer Medienmitteilung. Die SP hat zwei Mandate mehr und bleibt zweitstärkste Partei. «In der nächsten Legislaturperiode wird die gestärkte rechte Mehrheit ihre Politik fortsetzen können, die darauf abzielt, Grosskonzernen und Reichen weitere Privilegien zuzuschanzen, während die Bevölkerung leer ausgeht», sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. «Das bedeutet, dass es Referenden und Initiativen braucht, um die Schweiz sozialer zu machen.» Die Mitte gewinnt einen Sitz und hat damit einen Sitz mehr als die FDP, welche einen Sitz verliert. «Das überaus erfreuliche Wahlresultat zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Öffnung der Partei hat funktioniert und es ist uns gelungen, neue Wählerinnen und Wähler in grossem Umfang anzusprechen. Das ist eine sehr gute Ausgangslage für unsere weitere Arbeit», sagte Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Grosse Verlierer sind die Gewinner der Wahlen 2019. Die Grünen verlieren in der grossen Kammer fünf Mandate, die Grünliberalen deren sechs. «Der Rechtsrutsch ist eine schlechte Nachricht für das Klima und die Gleichstellung», betonte Wahlkampfleiterin Lisa Mazzone am Wahlsonntag.
Kanton Bern: zwei Bisherige abgewählt
Bis die Resultate im Kanton Bern feststanden, mussten sich die Kandidierenden einmal mehr in Geduld üben. Erst spät am Abend herrschte Klarheit. Von den insgesamt 776 Kandidierenden schafften 14 Männer und zehn Frauen die Wahl in die grosse Kammer. Mit Nathalie Imboden (Grüne) und Heinz Siegenthaler (Mitte) wurden zwei Bisherige abgewählt. Siegenthaler musste seinem Parteikollegen, dem Stadtberner Gemeinderat Reto Nause, den Vortritt lassen.
Sitzgewinn für SVP und SP
Die SVP und die SP des Kantons Bern haben je einen Sitz gewonnen und kommen neu auf acht respektive auf fünf Sitze. Die Grünen mussten einen Sitz abgeben und sind noch mit drei Personen im Nationalrat vertreten. Ebenfalls einen Sitz verloren hat ganz überraschend auch die FDP. Sie ist im Nationalrat noch mit einem Sitz vertreten. GLP (1), Mitte (2), EVP (1) und EDU (1) konnten ihre Sitze halten.
Saanenland nicht mehr im Nationalrat vertreten
16 Jahre war das Saanenland mit Erich von Siebenthal (SVP) im Nationalrat vertreten. Wegen Amtszeitbeschränkung konnte er nicht mehr antreten. «Der ländliche Raum ist angewiesen auf Vertretungen. Aber die Hürde ist hoch», sagte er im Hinblick auf die Wahlen im Interview mit dieser Zeitung. Nicht unerwartet war die Hürde für die sieben Kandidierenden aus dem Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen zu hoch. Das beste Resultat erreichte FDP-Grossrat Hans Schär, gefolgt von Philippe Marmet (GLP). Die Stimmbeteiligung im Kanton Bern lag bei 49,7 Prozent (2019: 47,4 Prozent), im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen gingen 52,8 Prozent der Stimmberechtigten an die Urne.
SVP verliert in Obersimmental-Saanen Wähleranteile
Das nationale Wahlergebnis deckt sich allerdings nicht ganz mit demjenigen im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen. Ein Blick in die Resultate des Kantons Bern zeigt: Die SVP hat in diesem Jahr 49,8 Prozent Wähleranteile erzielt, 2019 lag sie jedoch noch bei 55,9 Prozent (-6,1 Prozent). Laut der statistischen Hochrechnung des Schweizer Radio und Fernsehens SRF wählten die SVP in Saanen 44,5 Prozent (-7 Prozent), in Lauenen 62,2 Prozent (-5,7 Prozent) und in Gsteig 54,4 Prozent (-6,8 Prozent).
Die EDU hingegen hat in diesem Wahljahr zugelegt, so haben sie in Obersimmental-Saanen 9,8 Prozent Stimmanteile erhalten, 2019 lagen sie noch bei 4,7 Prozent (+5,1 Prozent). In Lauenen beispielsweise haben sie ganze 8 Prozent mehr Stimmen erhalten als vor vier Jahren, ihr Wähleranteil in dieser Gemeinde liegt bei 14,6 Prozent.
Was auch auffällig ist: Die GLP hat schweizweit 0,6 Prozent an Wähleranteilen und damit sechs Sitze im Nationalrat verloren, in Obersimmental-Saanen kann sie aber auf Unterstützung bauen. 2019 wählten noch 7,9 Prozent die Partei, in diesem Jahr waren es 9,4 Prozent.
Ständeratswahlen: zweiter Wahlgang muss entscheiden
Bei den Ständeratswahlen im Kanton Bern hat niemand das absolute Mehr erreicht. Flavia Wasserfallen (SP, neu) liegt nach dem ersten Wahlgang mit 899 Stimmen Vorsprung überraschend vor Werner Salzmann (SVP, bisher). Auf den dritten Platz schaffte es Bernhard Pulver (Grüne, neu).
Das absolute Mehr lag bei 173’210 Stimmen. Flavia Wasserfallen erreichte 158’843 Stimmen, Werner Salzmann 157’944, Bernhard Pulver 97’275, Sandra Hess (FDP) 93’123, Jürg Grossen (GLP) 72’860 und Lorenz Hess (Mitte) 41’237 Stimmen.
Der zweite Wahlgang findet am 19. November statt. Entscheidend ist dann das relative Mehr. In den Ständerat gewählt sind die zwei Personen, welche am meisten Stimmen erhalten. Ziehen sich hingegen alle anderen Kandidatinnen und Kandidaten für den zweiten Wahlgang zurück, sind Wasserfallen und Salzmann in stiller Wahl gewählt.
Salzmann vor Hess im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen
Im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen hat Werner Salzmann (SVP, bisher) mit 2721 am meisten Stimmen erhalten vor Sandra Hess (FDP) mit 1930 und Jürg Grossen (GLP) mit 1445 Stimmen. Flavia Wasserfallen (SP) kam auf 1119 Stimmen, Bernhard Pulver (Grüne) auf deren 535.
Die Stimmbeteiligung bei den Ständeratswahlen im Kanton Bern betrug 50,1 Prozent. Im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen lag sie mit 52,3 Prozent noch etwas höher.
DIE 24 BERNER NATIONALRÄTINNEN UND NATIONALRÄTE
Salzmann Werner, Mülchi SVP, neu 122’105
Guggisberg Lars, Kirchlindach SVP, bisher 121’468
Wasserfallen Flavia, Bern SP, bisher 119’677
Hess Erich, Bern SVP, bisher 108’776
Bühler Manfred, Cortébert SVP, bisher 105’240
Umbricht Pieren Nadja, Kaltacker SVP, bisher 101’447
Riem Katja, Kiesen SVP, neu 101’345
Knutti Thomas, Weissenburg SVP, neu 100’585
Wandfluh Ernst, Kandergrund SVP, neu 95’684
Masshardt Nadine, Bern SP, bisher 80’947
Grossen Jürg, Frutigen GLP, bisher 78’289
Aebischer Matthias, Bern SP, bisher 74’358
Funiciello Tamara, Bern SP, bisher 71’811
Baumann Kilian, Suberg Grüne, bisher 61’393
Wasserfallen Christian, Bern FDP, bisher 61’214
Trede Aline, Bern Grüne, bisher 60’809
Bertschy Kathrin, Bern GLP, bisher 57’821
Badertscher Christine, Madiswil Grüne, bisher 52’719
Hess Lorenz, Stettlen Mitte, bisher 52’334
Zybach Ursula, Spiez SP, neu 47’458
Mettler Melanie, Bern GLP, bisher 43’133
Nause Reto, Bern Mitte, neu 42’022
Gafner Andreas, Oberwil i.S. EDU, bisher 31’176
Jost Marc, Thun EVP, bisher 29’406
Abgewählt wurden:
Imboden Nathalie, Bern Grüne, bisher 48’655
Siegenthaler Heinz, Rüti bei Büren Mitte, bisher 27’561
Werden Flavia Wasserfallen und Werner Salzmann in den Ständerat gewählt, rücken Andrea Zryd, Magglingen, für die SP und Hans Jörg Rüegsegger, Riggisberg, für die SVP in den Nationalrat nach.
Stimmen haben erhalten:
Schär Hans, Schönried FDP 20’509
Marmet Philippe, Saanen GLP 19’743
Matti Matthias, Zweisimmen Mitte 16’694
Gobeli Hansjürg, Matten/St. Stephan EDU 9’345
Gehret Michi, Gsteig GLP 3’444
Michel Marie-Line, Gstaad JGLP 2’334
Fehr Lorenz, Lenk EVP 1’596