Banked Slalom Gstaad – wie immer und doch anders

  19.02.2024 Sport

Der Schnee zwischen Chalberhöni und La Videmanette reichte für den Banked Slalom Gstaad. Aber ihn in Form zu bringen, war schweisstreibend und erforderte mehr Schaufelpersonal als in anderen Jahren. Dafür strahlten mehrere Einheimische vom Podest.

JENNY STERCHI
Zum neunten Mal kamen die Freestylebegeisterten mit ihren Snowboards ins Chalberhöni, um sich auf die kurvige Strecke des Banked Slaloms Gstaad zu begeben.

Viele Helfer im Einsatz
Am Mittwoch starteten OK-Chef Guido van Meel und seine Helfer mit dem Ausstecken der Strecke. «Ich brauchte etwa vier Stunden, um zu sondieren, wo wir die Strecke entlangführen können», so van Meel. Der Bach, der unter dem ausgewählten Gelände verläuft, sprudelte aufgrund der hohen Temperaturen ungewöhnlich munter und so gluckerte es hier und da unter seinen Füssen. «Plötzlich bist du eingesunken und standest in einer Pfütze.»

Schnell zeichnete sich ab, dass der weiche Schnee und seine ungleichmässige Verteilung viel Energie kosteten. Und so organisierte OK-Mitglied Sascha Ruf kurzerhand noch mehr Leute, die dabei halfen, den Schnee an die gewünschten Stellen zu befördern und die Strecke mit Schaufeln und in Handarbeit zu formen. «Auch die Rookie Crew, der Freestyle-Nachwuchs aus dem Saanenland, half beim Einrichten», freute sich Guido van Meel.


Die Steilwandkurven des Banked Slaloms Gstaad schlängelten sich dank vieler Helfer an den Schaufeln wieder einmal durchs Gelände beim Chalberhöni. (FOTOS: JENNY STERCHI)

Wenn normaler Winter ist
«Normalerweise, das heisst, bei genug Schnee, entsteht der Lauf mit seinen Kurven durch das blosse und wiederholte Fahren der Strecke. Der Schnee wird dadurch in die Form geschoben. Dann braucht es den Einsatz der Schaufeln lediglich für die Rundung in den Kurvenwänden und die Übergänge zwischen den Kurven», erklärte Guido van Meel die eigentliche Entstehung eines Banked Slaloms.


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«Der Wind hat in diesem Winter den Schnee jedoch an ganz andere Stellen verfrachtet», präzisierte er. «Es gab Wechten und Schneedepots an unüblichen Orten. Es war eine völlig andere Landschaft. Das Rennen hier ist ein Naturevent. Es ist keine Ausgabe wie die andere. Wir müssen uns mit der Strecke jeweils an die Gegebenheiten anpassen.»


Guido van Meel (links) gratuliert dem Sieger in der Kategorie Herren Andreas Oester, der nicht zum ersten Mal zuoberst auf dem Podest ist. Das Wurzelholz als Wanderpokal in seiner Hand ist ein Fundstück, das sich im letzten Jahr den Streckenbauern in den Weg gestellt hatte.

Gewagt, gewohnt, gelungen
Es war die neunte Ausgabe des Banked Slaloms Gstaad, in diesem Jahr wieder zwischen Chalberhöni und La Videmanette. Im letzten Jahr mussten die Organisatoren nach Saanenmöser ausweichen, weil die Schneemenge in der gewohnten Umgebung einfach nicht reichte. Etwas mehr als 80 Snowboardbegeisterte zog der Anlass auf gewohntes Terrain über dem Chalberhöni.

Doch von all den Mühen merkten die Fahrerinnen und Fahrer am Rennen selbst nichts. Es war zwar nach wie vor überaus warm, doch die Kurven hielten, die Strecke blieb über beide Läufe schneebedeckt und der eingebaute Sprung liess die Teilnehmenden auf ihrem Brett fliegen, die einen knapp, andere ziemlich weit. Die Jüngsten im Feld waren noch nicht ganz neun Jahre alt, die Ältesten um die 50. Alle mussten durch die 13 sorgsam geformten Kurven. «Wenn ich dann die Kids sehe, wie sie sich voller Begeisterung ins Rennen stürzen, dann ist es den Aufwand auf jeden Fall wert», sagte Guido van Meel, bevor es ans Aufräumen ging.



Familie Ruf aus Saanen mit Vater Sascha, Mutter Nicole und Tochter Selina am Banked Slalom Gstaad.

Banked Slalom als Familiensache

Familie Ruf aus Saanen gehört seit Jahren zum Helferteam am Banked Slalom Gstaad. Für Mutter Nicole, Vater Sascha und Tochter Selina gibt es an diesen Tagen der Vorbereitung und des Rennen nichts anderes.

JENNY STERCHI
Während Vater Sascha Ruf noch mit der Schaufel auf der Strecke unterwegs ist, steht Tochter Selina schon am Start. Sie weiss, wie es läuft. Die 10-Jährige begibt sich nicht zum ersten Mal in die Steilwandkurven. Es ist ihre dritte Teilnahme an diesem Heimrennen. Am Ende wird es ihr dritter Sieg. An der Strecke steht Nicole Ruf, wartet gespannt auf Selina und filmt natürlich auch den Lauf ihres Mannes Sascha.

Blanke Leidenschaft
«Es ist die Leidenschaft zum Snowboarden und die Begeisterung für den Anlass in unserer Region, der schon zur Tradition geworden ist und uns nicht loslässt», sind sich Selinas Eltern Nicole und Sascha einig. «Etwas für die Jungen im Saanenland zu organisieren, gehört sicher auch dazu», fügt der Papa an. Dafür drei Urlaubstage aufzuwenden hat viel mit Idealismus zu tun. Es ist Freiwilligenarbeit, die den Snowboardbegeisterten der Region und auch von weiter her ein Rennen ermöglicht.


Von der Kurve tragen lassen, Schwung mitnehmen und möglichst erst im Ziel bremsen.

Hineingewachsen
Selina steht auf dem Snowboard seit sie drei Jahre alt war. Zuerst ist sie auf Ski über den Schnee gerutscht, hat dann beides mit grosser Begeisterung ausgeübt. «Ab der dritten Klasse bin ich nur noch Snowboard gefahren», erinnert sich Selina. Und Papa Sascha ergänzt: «Wir fahren auch jetzt noch Ski, oder auch Telemarkski. Aber unsere Passion ist das Snowboard.» Selina und Mama Nicole nicken zustimmend.

Sascha Ruf hilft seit sechs Jahren beim Einrichten der Strecke und ist mittlerweile zuständig für genügend Helfer an den Schaufeln. Es sei kein Rennen wie das andere, der Kurs nie vorhersehbar. Von Jahr zu Jahr müsse entschieden werden, welcher Graben sich am besten eignet, wo am meisten Schnee zur Verfügung steht. Und das sehe man erst, wenn man sich jeweils am Mittwoch ins Gelände begebe, um den Lauf zu stecken.

Mutter Nicole stiess vor drei Jahren zum Helferteam. Vorher als Zuschauerin immer an der Strecke, jubelte sie ihrem Mann Sascha zu, der nicht nur schaufelte, sondern auch mitfuhr. Als Selina auf die Welt kam, hatte Sascha Ruf schon zwei Fans am Streckenrand. Vor drei Jahren half Nicole dann, wo sie gebraucht wurde, sowohl an der Startnummernausgabe als auch bei der Preisverteilung und nicht zuletzt beim Schaufeln.

Vielleicht zum Jubiläum?
Aber am Rennen gestartet sei sie bis jetzt noch nie. «Sie fährt jedes Jahr so oft durch den Lauf», erzählt ihr Mann Sascha und er klingt dabei etwas ungläubig. «Es braucht ja viele Fahrten, so können sich die Kurven sauber aufbauen. Beim Einfahren ist sie immer mitgefahren, aber am Event selbst dann eben nicht.» Und es liegt eine gewisse Erwartungshaltung in der Luft, dass Nicole im nächsten Jahr dabei sein sollte, als Teilnehmerin. «Dann ist es die zehnte Ausgabe, würde doch gut passen», argumentiert Sascha und strahlt seine Frau dabei an.

Für Tochter Selina ist die Teilnahme im nächsten Jahr eine klare Sache. Sie trainiert in der Rookie Crew Saanenland und mit BABE, dem Berner Snowboardverband. Sie kennt einige der vielen Kinder, die beim Restaurant Waldmatte Chalberhöni herumwuseln und gespannt auf die Rangverkündigung warten.

Nicole und Sascha nehmen sich drei Tage frei, um ihre Zeit und Energie in den Banked Slalom Gstaad zu investieren. «Selina hat in der Schule einen Halbtag genommen, damit sie am Freitag an der Strecke sein konnte», verrät Nicole. In den Jahren zuvor lag der Anlass jeweils in den Sportferien.


Als Helferin nie mit leeren Händen unterwegs: Selina Ruf nach dem Rennen beim Einsammeln der Torstangen. 

Fortbestand und Begeisterung
Was sich Familie Ruf für diesen Anlass wünscht? «Dass er weiterhin besteht. Dass die Leidenschaft auf mehr Leute überspringt», sprudelt es aus allen drei Familienmitgliedern gleichermassen. «Und ein Wettkampfort, der etwas abgelegener ist und nicht gerade über den stärksten Internetempfang verfügt, hat auch seinen Reiz. Man trifft sich vor Ort und verbringt einen tollen Tag an der Strecke und im Chalberhöni», teilen Rufs ihre Erfahrungen.

In der Kurve verewigt
Wie eng Familie Ruf mittlerweile mit dem Anlass verbunden ist, geben sie Preis, bevor sie ins Restaurant Waldmatte einkehren und Selinas Wunsch nach Glace realisiert wird.

Es war die «Ruf-Compression», die im vorletzten Jahr für Furore sorgte. «Es war eine spektakuläre Kurve, die Guido van Meel, der OK-Chef, nach uns, also Familie Ruf benannte, weil wir als ganze Familie dort im Einsatz waren. Das Wortspiel, dass sich aus unserem Familiennamen und dem englischen Ausdruck ‹rough› für schwer, grob und rau ergab, führte zur ‹Ruf-Compression›, welche die Fahrerinnen und Fahrern auf dem Weg ins Ziel absolvieren mussten.»


OFFIZIELLE RENNSERIEN IM FREESTYLE SNOWBOARD

Die BUZZ-Tour ist die Snowboard-Freestyle Tour der Region Mitte in der Schweiz, geschaffen für die Freestylecracks des Snowboardsports in der Zentralschweiz, im Berner Oberland sowie in den Regionen Aargau und Zürich. Die Tour beinhaltet mehrere Contests im Berner Oberland und in der Zentralschweiz. Das Pendant für die Westschweiz ist die Tour Freestyle Romand. Diese Rennserien decken die Disziplinen Freestyle Snowboard und Ski ab sowie Snowboard-Cross, die vormals in den Rennen der Audi Series gefahren wurden. In beiden Tourprogrammen erscheint der Banked Slalom Gstaad.

JST



Anika Reber, Siegerin in ihrer Alterskategorie, absolviert den Sprung ohne Bodenkontakt und mit Bravour.

Auszug aus der Rangliste:
Mädchen U11: 1. Selina Ruf, Rookie Crew, Saanen; 2. Kim Affolter, Zollikofen; 3. Lison Paquelet, St. Martin de Belleville; weitere: 5. Lilou Lebouchard, Gstaad.
Mädchen U13: 1.Noomi Rupp, Thun; 2. Zoe Meier; Burgdorf; 3. Annic Strasser, Zweisimmen; weitere: 5. Alessia Tschanz, Rookie Crew; 8. Anja Costa, Rookie Crew; 9. Laura Colella, Rookie Crew.
Jungs U13: 1. Iouri Rupp, Thun; 2. Tobi Martin; 3. Nikki Heine, Saanen; weitere: 4. Marc-Oliver Müller, Saanen, 5. Chris Werthschulte, Rookie Crew.
Mädchen U15: 1. Anika Reber, Gstaad; 2. Nia Bühlmann, Bern; 3. Roisin Schwitzguebel, Saanen; weitere: 4. Mia Hauswirth, Saanen; 5. Linda Matti, Rookie Crew; 6. Chiara Heine, Rookie Crew.

Jungs U15: 1. Andri Ascheberger, Bern; 2. Pablo Berner, Gerzensee; 3. Basil Iseli, Zweisimmen; weitere: 7. Benz Gehret, Rookie Crew.
Damen: 1. Steffi Rieder, Bern; 2. Léoni Wiedmer, Oey; 3. Jennifer Galli, Winterthur; weitere: 6. Rosa Colella, Saanen; 9. Siobhan Schwitzguebel, Saanen
Herren: 1. Andreas Oester, Adelboden; 2. André Grütter, Evilard; 3. Nik Müller, Toffen; weitere: 5. Guido van Meel, Chalberhöni; 11. Lenni Klenk, Lauenen; 16. Sascha Ruf, Saanen; 17. Marcel Perreten, Saanen; 18. Jörg Talmon, Gstaad; 24. Maxime Lebouchard, Gstaad; 25. Dominik Perreten, Lauenen; 27. Daniel Burri, Schönried; 28. Lukas Bach, Saanen; 31. Marco Castaqliulo, Italien/ Schönried.


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