Riedi: Keine Angst vor «Overtourism»
13.06.2024 TourismusAm Mitwirkungsanlass zur Tourismusstrategie gab es spannende Wortmeldungen. Diese sollen in den Entwurf aufgenommen werden, der noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll.
KEREM S. MAURER
Das Mitwirkungsverfahren für die neue Tourismusstrategie, die seit dem ...
Am Mitwirkungsanlass zur Tourismusstrategie gab es spannende Wortmeldungen. Diese sollen in den Entwurf aufgenommen werden, der noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll.
KEREM S. MAURER
Das Mitwirkungsverfahren für die neue Tourismusstrategie, die seit dem 1. Juni aufgeschaltet ist, dauert noch bis am 31. Juli (wir haben berichtet). Für jene, welche noch vor Ende der Mitwirkungsfrist ihre Fragen und Anliegen persönlich mit Tourismusdirektor Flurin Riedi oder GST-Vizepräsident Richard Müller diskutieren wollten, organisierte Gstaad Saanenland Tourismus (GST) am Dienstagabend im Landhaus Saanen einen öffentlichen Mitwirkungsanlass. Viele nutzten diese Möglichkeit zwar nicht, aber ihre Anliegen sorgten für angeregte Diskussionen.
Ist Angst vor «Overtourism» begründet?
«Touristische Entwicklung bedeutet nicht ausschliesslich, mehr Gäste in die Ferienregion Gstaad zu holen», betonte Flurin Riedi. Befürchtungen, Gstaad könne dereinst so überlaufen werden wie Amsterdam oder Venedig, schloss er aus. Schliesslich setze man auch in Zukunft auf Qualität, nicht auf Quantität. «Wir bleiben zurückhaltend mit der Akquisition von Gruppenreisen», so Riedi. Man sei die «führende Genuss-Destination in der Schweiz» und habe kein Interesse daran, eine «Billigdestination für Massentourismus» zu werden. Matthias In-Albon, Geschäftsführer der Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG), sagte, es brauche im Saanenland mehr Dreisternehotels, Skilager und Skitagesgäste, denn: «Die Bergbahnen haben viel mehr Kapazitäten als nur für die in der Region zur Verfügung stehenden Betten. Im letzten Jahr sind die Bahnen nicht einen Tag am Leistungslimit gelaufen.» Und er weist darauf hin, dass die BDG eine «gewisse Masse» brauche, um die hohen Fixkosten zu tragen.
Beissen Events die Nachhaltigkeit?
Erich Imboden, COO und Airportmanager beim Gstaad Airport, warf ein, dass bei ihnen zahlreiche Anfragen für Events gestellt würden. Doch der Hangar sei keine geeignete Eventlocation, sprich, es fehlen Heizungen, Toiletten und Parkplätze. Dies könnte zwar organisiert werden, allerdings mit einem relativ hohen Aufwand. «Natürlich wären Flugshows oder andere Motorsportanlässe auf dem Gstaad Airport durchführbar und würden auch Besucher:innen anlocken.» Nur: «Will dies die Destination?», fragte er. Die Tourismusverantwortlichen reagierten eher skeptisch. Flugshows stünden im Rahmen des Klimawandels in der Kritik, ebenso seien der Kerosinverbrauch, der Lärm und der Gestank nicht das, was mit dem Destinations-Claim «Come up – slow down» vereinbar sei. «Wir suchen nicht aktiv nach Motorsportveranstaltungen», sagte Flurin Riedi, aber: «Der Airport leistet einen wichtigen Beitrag zur touristischen Entwicklung, nicht nur mit seinem Kerngeschäft als Flugplatz, sondern auch beispielsweise mit den jährlich stattfindenden Fahrtrainings auf dem Gelände.» Akzeptabler sei vielleicht ein Treffen elektrifizierter Flugzeuge, fand jemand aus dem Publikum. Auch Imboden sieht Möglichkeiten des Airports, etwas zum Thema Nachhaltigkeit beizutragen und weist auf die aktuelle Realisierung einer PV-Anlage auf der Westseite des Airports hin.
Und die Mountainbiker:innen?
Auch Mountainbiker:innen dürften bei der Tourismusstrategie nicht vergessen werden, mahnte ein weiterer Votant. Flurin Riedi erklärte, dass mit der «hoffentlich bald genehmigten» Überbauungsordnung Horneggli-Hornberg endlich ein grosser Schritt nach vorne gemacht werden könne. Auch die Planung der verschiedenen Bikerouten in der Region Simmental-Saanenland unter dem Lead der Bergregion solle bald abgeschlossen und genehmigt werden. Beim geplanten Ausbau Hornberg/ Horneggli der BDG würden die Mountainbiker:innen berücksichtigt werden, ergänzte In-Albon. Geplant seien drei «flowige Trails» welche auch von Anfängern befahren werden könnten.
Fazit
Eine grosse Chance, die Wintersaison zu verlängern, biete das Institut Le Rosey, das seinen Aufenthalt in Gstaad am Ende der Wintersaison verlängern möchte, erklärte Riedi und in Sachen Kongresse und Kultur hoffe man auf den Umbau des Sportzentrums und den Bau der Gstaad Concert Hall. Wichtig seien auch die zukünftigen Investitionen in den Winter, insbesondere in die Schneesicherheit, um die vorhandene Wertschöpfung in den nächsten drei bis vier Jahrzehnten sicherzustellen. Zeitgleich sei ein Ausbau im Sommer unerlässlich.
«Wir wollen das Rad nicht neu erfinden, sondern den eingeschlagenen, erfolgreichen Weg weitergehen», sagte der Tourismusdirektor. Die Wortmeldungen des Tages sowie die anderweitig noch eingehenden Mitwirkungen sollen in die Tourismusstrategie (siehe AvS vom Dienstag, 4. Juni) aufgenommen werden. Im Spätsommer soll der Entwurf in die Vernehmlassung gehen und im Spätherbst unterzeichnet werden. Soweit der Fahrplan.
Die Formulierung auf das Papier zu bringen, sei das Eine, mahnte ein Besucher, die Umsetzung etwas ganz Anderes. «Es gibt noch viel zu tun, packen wir es an!»



