Saanen hat nun auch eine Gemeindefahne
05.08.2024Im Rahmen der Nationalfeierlichkeiten in Saanen wurde die Gemeindefahne enthüllt und eingeweiht. Als Fahnengötti amtete Regierungsstatthalter Michael Teuscher, zum Fahnenmarsch feierlich «begrüsst» wurde die neue Fahne von den Gemeindefahnen der Nachbargemeinden ...
Im Rahmen der Nationalfeierlichkeiten in Saanen wurde die Gemeindefahne enthüllt und eingeweiht. Als Fahnengötti amtete Regierungsstatthalter Michael Teuscher, zum Fahnenmarsch feierlich «begrüsst» wurde die neue Fahne von den Gemeindefahnen der Nachbargemeinden Gsteig und Lauenen und jener der Brass Band «Harmonie» Saanen.
ANITA MOSER
Unsere Nachbargemeinden Lauenen und Gsteig haben seit vielen Jahren eine Gemeindefahne. Sie kommt bei speziellen Anlässen zum Einsatz. Früher zum Beispiel für den Fahnengruss als Anerkennung für ihre Arbeit an Beerdigungen von Politikern, die im Amt gestorben waren. Heute eher für ein Jubiläum der Gemeinde, für eine Einweihung einer Kirchenglocke, eines Schulhauses usw. «Eine Gemeindefahne drückt einen Wert aus, den man nicht kaufen kann und das ist die Heimat», so Urs von Siebenthal, Gemeinderat von Gsteig und Träger der Gemeindefahne an der Fahnenweihe am letzten Freitag. Als Fahnenträgerin der Gemeindefahne Lauenen amtete Gemeinderätin Claudia Ryter.
Mit improvisierter Fahne an offiziellen Anlässen
«Still, auf still verschwiegenem Pfad kam ich mit dieser Fahne hier zu sprechen», zitierte Gemeindepräsident Toni von Grünigen aus dem Theaterstück «Niclas Baumer – der Castellan von Saanen» von Johann Jakob Romang. Das Käthchen, die Geliebte von Niclas Baumer, habe auf dem Schloss Vanel gehört, dass die Krieger des Grafen die Saaner angreifen wollten. Weil sie schwören musste, keinem Menschen davon zu erzählen, habe sie es der Fahne erzählt. Natürlich so, dass es auch der Castellan Niclas Baumer gehört habe. Und so seien die Saaner vor dem Angriff gewarnt gewesen und hätten sich erfolgreich wehren können.
Die Saaner Fahne mit dem Kranich habe schon früh eine grosse Bedeutung für unsere Region gehabt, so von Grünigen. Trotzdem hatte die Gemeinde Saanen bis jetzt keine offizielle Fahne. «Das führte dazu, dass die gemeinderätlichen Delegationen, welche die Gemeinde an offiziellen Anlässen vertreten mussten, mit einem Stecken und einer Fahne, die man sonst an einen Masten hängt, selber etwas gebastelt haben», erklärte der Gemeindepräsident. «Der Gemeinderat hatte jedoch den Eindruck, das entspreche nicht dem, wie man die Gemeinde gerne präsentieren möchte und hat deshalb eine Fahne mit allem Drum und Dran machen lassen.» Diese kostet inklusive des notwendigem Zubehörs knapp 16’900 Franken. Untergebracht wird die Fahne in einem Fahnenkasten auf der Gemeindeverwaltung – wie bei den Nachbargemeinden Lauenen und Gsteig.
Symbolträchtiges Wappentier
Seit Jahrhunderten ziert der Kranich das Gemeindewappen. Der Kranich sei ein Zeichen von Vorsicht, Wachsamkeit und Klugheit, betonte Toni von Grünigen. Wachsamkeit heisse aufmerksam sein, heisse beobachten. Mit Vorsicht sei vorausschauen gemeint. «Vorausschauen, was auf einen zukommen könnte und dann mit den richtigen Entscheiden das Richtige machen und das Rechte bestehen lassen.» Der Kranich werde auch als Vogel des Glücks bezeichnet. Er hoffe, es gebe manche schöne Gelegenheit, die neue Fahne zeigen zu können und dass der Kranich auch weiterhin viel Glück bringe, so von Grünigen. Fähnrich ist Kenny Oehrli, sein Stellvertreter Martin Heiz. Beide arbeiten beim Bauinspektorat und haben sich auf eine Umfrage bei der Verwaltung freiwillig für dieses Amt gemeldet.
Fahnengötti dank Gleichberechtigung
Früher sei das Amt des Fahnenpaten ausschliesslich Damen vorbehalten gewesen, begann Michael «Michel» Teuscher, Fahnengötti und Regierungsstatthalter des Verwaltungskreises Obersimmental-Saanen, seine Ansprache. «Es ist schön, dass ich als Mann das Amt übernehmen darf. Gleichberechtigung geht manchmal auch in die andere Richtung…» Früher hätten die gut situierten Fahnenpatinnen die Verköstigung im Anschluss der Fahnenweihe bezahlt. Am Freitag übernahm dies die Gemeinde Saanen.
Er wünsche der Gemeindefahne gute Wetterbeständigkeit, hie und da ein dickes Fell, viel Ausdauer bei der Bewältigung der hoffentlich zahlreichen repräsentativen Aufgaben. Er wünsche ihr, dass sie federleicht geschwenkt werden könne, wenn es darauf ankomme, Flagge zu zeigen und Farbe zu bekennen. «Und ich wünsche uns allen, dass wir stolz auf unsere Fahne sind, gemeinsam unter dem Schutz der Fahne manches Fest feiern und gesellige Stunden pflegen können», betonte der Fahnengötti.
Bilder unserer Geschichte
Fahnen seien Bilder unserer Geschichte und sie erzählten auch Geschichte. «Wie hier zum Beispiel, dass ein Niclas und ein Michel – Namensvettern des aktuellen Präsidenten der Dorforganisation Saanen und mir – eine Rolle gespielt haben.» Die Landschaft Saanen habe nach der Geschichtsschreibung ca. 1312 zur politischen Einheit gefunden. Mit der eigenen Fahne habe auch der Friedensschluss mit den Wallisern stattgefunden. Es habe einen Aufschwung gegeben und es sei das Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit aufgekommen. «Aber die Grafen von Greyerz haben das nicht goutiert und uns immer wieder gepiesakt», so Teuscher. «Bis ein Niclas Baumer es geschafft hat, uns von den Greyerzern loszukaufen. So sind wir selbstständig geworden und haben seither das entsprechende Wappen.» Michel von Greyerz sei 1555 das Wasser in finanzieller Hinsicht bis zum Hals gestanden. «Und wir sind danach an die Berner verkauft worden. Hätte Michel von Greyerz Geld und nicht Schulden gehabt, wäre ich heute wohl nicht Regierungsstatthalter des Verwaltungskreises Obersimmental-Saanen», schlussfolgerte Michel Teuscher.
Friedliches Miteinander und positive Emotionen
Fahnen hätten immer eine politische Bedeutung – in Vergangenheit, Gegenwart und wohl auch in der Zukunft, so Michel Teuscher. Aber Fahnen seien auch ein Symbol von Zusammengehörigkeit, Verbundenheit und Freundschaft. «Fahnen stehen auch für Emotionen, ganz besonders für positive. Das sehen wir momentan auch an den Olympischen Sommerspielen ganz gut. Ein Meer von Fahnen aus aller Herren Ländern, ein buntes, farbenfrohes Mosaik für ein friedliches Mit- und Nebeneinander von verschiedenen Nationalitäten», so Teuscher. «Dieses friedliche Miteinander, diese positiven Emotionen wünsche ich auch uns Saanerinnen und Saanern und natürlich unseren Gästen.»
Geschichtsträchtig
Eine Fahnenweihe sei etwas Geschichtsträchtiges, sagte Teuscher. «Geschichtsträchtig ist aber auch, dass alle 25 Jahre ein Stück Geschichte hier aufgeführt wird – der ‹Castellan›.» Vergleiche man den «Castellan» von anno dazumal mit seiner Aufgabe als Statthalter heutzutage sei einiges gleich geblieben. Der Statthalter sei ein Bindeglied zwischen der Regierung in Bern und der Region. «Aber zum Glück muss ich nicht auf den Kreuzweg, das steht nicht mehr in meinem Ämtliplan», schmunzelte der Regierungsstatthalter. Man strebe stets eine gute Zusammenarbeit zwischen Bern und der Region an. Manchmal gelinge dies besser, manchmal weniger gut. «Aber ganz sicher geben wir uns meistens ganz viel Mühe», betonte er und leitete damit über zur eigentlichen Fahnenweihe mit der Enthüllung der Fahne, dem Fahnengruss mit den Gemeindefahnen Lauenen und Gsteig sowie der Fahne der Brass Band «Harmonie» Saanen. Diese begleitete den Festakt mit dem obligaten Fahnenmarsch. Sichtlich be- und gerührt verfolgten viele Einheimische und Gäste den feierlichen Akt. Gänsehautfeeling inklusive.







