Bethli Küng – ein Denkmal für eine Saaner «Institution»
20.11.2025 KulturAm vergangenen Freitagabend wurde der Saaner «Institution» Bethli Küng im Landhaus in Saanen eine besondere Ehre zuteil. Sie durfte – kurz vor ihrem 80. Geburtstag – an einer Buchvernissage ihre eigene Biografie gemeinsam mit Autor Samuel Krähenbühl ...
Am vergangenen Freitagabend wurde der Saaner «Institution» Bethli Küng im Landhaus in Saanen eine besondere Ehre zuteil. Sie durfte – kurz vor ihrem 80. Geburtstag – an einer Buchvernissage ihre eigene Biografie gemeinsam mit Autor Samuel Krähenbühl im Landhaussaal in Saanen vorstellen. Zahlreiche Freunde und Kollegen, darunter ein sehenswertes Aufgebot an Politprominenz, erwiesen ihr die Ehre.
TINA DOSOT
«Ich bin stets auf der Suche nach Biografien über starke Frauen», antwortet Verlagsleiterin Annette Weber-Hadorn auf die Frage, warum der Weber-Verlag sich entschlossen hat, eine solche über die Saanerin Bethli Küng zu veröffentlichen. Sie sei so eine Frau und mit Samuel Krähenbühl war endlich ein Autor gefunden, der diese Biografie auch schreiben konnte, so Weber-Hadorn. Krähenbühl ist stellvertretender Leiter des Weber Buchverlags, Journalist und seit 2014 Berner Grossrat, also auch Kollege von Bethli Küng. Er wurde nicht nur 2014 in den Grossen Rat gewählt, als sie zurücktrat, er hat sogar ihren Sitzplatz übernommen. Und er liebt, wie Annette Weber-Hadorn selbst, das Saanenland.
«Das Buch ist der Versuch, einer engagierten Frau, die viel für die Region geleistet hat, ein besonderes Denkmal zu setzen», sagt er.
Ehre wem Ehre gebührt
Sichtlich bewegt und immer noch höchst erstaunt darüber, dass man nun über sie, die einfache Person, ein Buch geschrieben hatte, begrüsste sie die Anwesenden zur Vernissage. «Unglaublich, dass ihr alle gekommen seid», meinte sie bescheiden. Nicht nur aus den umliegenden Gemeinderäten waren Vertreter anwesend. Die erste Vizepräsidentin des Grossen Rats, Anne Speiser, sowie Jürg Iseli, Präsident des Berner Bauernverbandes, Alt-Nationalrat Erich von Siebenthal, Grossrat Thomas Fuchs, Alt-Grossrätin Elisabeth Schwarz oder Alt-Grossrat Andreas Lanz waren gekommen. Nicht gefehlt hat auch Skistar und «Göttibueb» Mike von Grünigen mit Frau Anna und sogar ihr Sohn Klaus war extra aus Frankfurt angereist, um dabei zu sein.
Musik, Tanz, Jass – und eine neue Liebe
Der alte Freund und ebenfalls ehemalige Grossratskollege Christian Hadorn, mit dem Bethli Küng zwölf Jahre im Gossen Rat war und mit welchem sie sich bis heute regelmässig zum Jassen trifft, sorgte zusammen mit «Old John» (Hans Ingold) für die musikalische Unterhaltung des Abends. Musik und Tanz hatten für die Saanerin stets eine grosse Bedeutung. Beim Tanz lernte sie ihren Mann Chlaus kennen und auch später hat das Paar keine Gelegenheit ausgelassen, zu tanzen, heisst es im Buch. Leider hat sie ihren Mann 2005 viel zu früh verloren. Aber das Buch schreibt ein letztes Kapitel, so Autor Samuel Krähenbühl, der die Lesung gemeinsam mit ihr präsentierte: Das der Liebe. 2011 durfte sie ihren neuen Partner, Armin Fuchs, kennenlernen, der ihr auch am vergangenen Freitagabend zur Seite stand.
Lehrerin oder Tierärztin?
Ein grosser Teil des Buchs handelt über ihr Leben. Geboren im ältesten erhaltenen Haus in Saanen, ihre Liebe zu den Tieren und zur Landwirtschaft, die enge Beziehung zur Familie und das Verwurzelt-Sein mit der Region, was bis heute anhält und was sie auch politisch geprägt hat. Die Lehrerzeit im Chalberhöni, wo sie als einzige Lehrerin für neun Klassen Organisation, Stärke und Führung beweisen musste, war für sie eine besondere Zeit. Ex-Schüler Beat Reuteler war deshalb auch zur Vernissage gekommen und wurde von Bethli Küng stürmisch begrüsst, als «den besten Schüler, den ich je hatte»! Sie hatte sich dafür eingesetzt, dass Reuteler eine Chance bekam, die Berufsmittelschule (BMS) zu besuchen, obwohl er in einer Randregion zur Realschule ging. Dank ihrer Hartnäckigkeit konnte Reuteler später studieren und Maschinenbauingenieur werden. Warum sie überhaupt Lehrerin geworden ist und nicht Tierärztin, obwohl sie ja sogar beim Tierarzt ausgeholfen hat, beschreibt sie kurz: «Damals wurde einer Frau auf dem Land keine Praxis anvertraut.»
Weggefährte Adolf Ogi – natürlich Ehrengast!
Und natürlich hatte sich auch Alt-Bundesrat und Weggefährte Adolf Ogi höchstpersönlich eingefunden. Er hat für die «Frau mit Haltung, Rückgrat und Herz», wie er sie beschreibt, das Vorwort des Buches verfasst. «Wer das Herz am rechten Fleck hat und die Ärmel hochkrempelt, dem folgen die Menschen», beschreibt er sie. Amüsant erzählt er über ihr erstes Treffen auf der Piste, als er noch technischer Direktor beim Schweizer Skiverband war. «Dank dir durfte ich mit all den Funktionären in den Ausgang», sagt sie über diese herrliche Episode im Buch. Nachzulesen ist anschliessend aber auch die Geschichte über den tragischen Ski-Unfall, der die Karriere der begabten Skirennfahrerin beendete und ihr Leben nachhaltig veränderte.
Dem Skisport treu geblieben, unterrichtete Bethli jedoch während 30 Jahren unter anderem «königliche» Gäste. Man kann sagen, dass der heutige König von Spanien dank ihr sicher auf den Ski steht…
Politik – das Berner Oberland stets im Fokus
Die Saanerin hat schliesslich politisch Karriere gemacht, über die im Buch von Kollege Samuel Krähenbühl aufschlussreich berichtet wird. Erst im Gemeinderat von Saanen, dann als Gemeindepräsidentin und schliesslich während 16 Jahren im Kantonsparlament. Dabei hat sie aber nie den Fokus verloren. Sie setzte sich für ihre Heimatregion ein, wo sie konnte.
Amüsantes hatte Ogi zum Beispiel über das legendäre Treffen der europäischen Verkehrsminister 1994 in Saanen zu berichten, das er mit Bethli Küng gemeinsam angeregt hatte, um seine europäischen Kollegen davon zu überzeugen, dass durch die bergige Schweiz keine zweite Autobahn gebaut werden könne, sondern der Transitverkehr auf die Schiene verlegt werden müsse. Letzte Überzeugung leistete Ogi bei einem der Teilnehmer durch einen holprigen Helikopterflug entlang der Eigernordwand. Wie wir alle wissen, ist der Transitvertrag später zustande gekommen!
Die «Saanegeiss»
Berichtet wird amüsant über die Sprengung des Hotels Alpina, die einen Tag früher als geplant stattfand, um eine Gegendemo von Heimatschützenden zu verhindern. Aber auch für den Ausbau der Simmentalstrasse von Zweisimmen nach Saanenmöser hat sie sich entscheidend eingesetzt. «Ob sich die Verantwortlichen nicht schämten, eine so lausige Strasse in eine der grössten Tourismusregionen der Schweiz zu haben», war ihr schlagkräftiges Argument. Bei den Kollegen im Grossrat hatte ihr ihr Engagement für die Region schon längst den Spitznamen «Saanegeiss» eingebracht – den sie gerne annahm. Die Saanegeiss sei schliesslich ein schönes, würdevolles Tier mit Haltung, schmunzelte sie.
80 Jahre jung!
Noch keine Pläne hätte sie, was ihren runden Geburtstag betrifft, das müsse sie mit der Familie anschauen, sagt Bethli Küng bescheiden. Sicherlich werden aber am 1. Januar 2026 viele Glückwünsche bei der bemerkenswerten Jubilarin eintreffen!
Infos zum Buch: «Bethli Küng-Marmet», Autor: Samuel Krähenbühl, 180 Seiten, ISBN 978-3- 03818-789-9, Weber Verlag, Thun, Preis: Fr. 39.–.
ZUR PERSON
Wohnort: Saanen
Berufliche Tätigkeit: Hausfrau, Lehrerin, Skilehrerin
Partei: SVP
Wahlkreis: Berner Oberland
Gemeinde Saanen:
– 1989 bis 1996 Gemeinderätin
– 2000 bis 2008 Gemeindepräsidentin
Sitz im Grossen Rat: 1998 bis 2014
Vorstösse unter anderem:
– Ungenügende Schneeräumung im Simmental und Saanenland.
– Die Saanenmöserstrasse muss saniert werden.
– Rettet den Lauenensee.
– Erlaubnis für Trauungen an Samstagen in Bern.
– Umzonung von Flächen vom Sömmerungsgebiet in die Berggebietszone.




