Diesen Winter leistet die Air-Glaciers erstmals auch nachts mit einem Rettungshelikopter Piketteinsätze. Bislang stand ihnen «nur» ein Ambulanzfahrzeug zur Verfügung.
KEREM S. MAURER
Am langen Tisch im Helikopterhangar der Air-Glaciers auf ...
Diesen Winter leistet die Air-Glaciers erstmals auch nachts mit einem Rettungshelikopter Piketteinsätze. Bislang stand ihnen «nur» ein Ambulanzfahrzeug zur Verfügung.
KEREM S. MAURER
Am langen Tisch im Helikopterhangar der Air-Glaciers auf dem Gstaad Airport in Saanen sitzen an einem Dienstagmorgen Anfang Februar die Notärztin Orsolya Kovacs und der Rettungssanitäter Klaus Müllener. Zuvor haben sie den Rettungshelikopter «EC 135 T2 plus» zusammen mit dem Piloten Patrick Burri aus dem Hangar gerollt und auf dem für ihn vorgesehenen Start- und Landeplatz positioniert. Jetzt warten die beiden in gespannter Ruhe auf den ersten Notruf. «An Tagen wie heute ist nicht die Frage ob ein Notruf reinkommt, sondern wann», sagt Klaus Müllener und ergänzt: «Nachdem der Notruf bei uns eingegangen ist, sind wir maximal fünf Minuten später in der Luft.» Welche Informationen erhalten sie vor einem Einsatz? «Die Zielkoordinaten für das Navigationssystem des Helikopters, Anzahl und Alter der Verletzten», so Müllener. Hinsichtlich der zu erwartenden Verletzungen müssten sie sich mit einem vagen «Verdacht auf ...» begnügen, wirft die Notärztin ein. «Was wirklich los ist, sehen wir vor Ort.» Zur Standardbesatzung eines Rettungshelikopters zählen eine Notärztin, ein Rettungssanitäter und ein Pilot.
Heliskiing-Flüge sind wichtig für Piloten
Derweil das Rettungsteam an diesem Dienstagmorgen noch auf seinen ersten Einsatz wartet, startet draussen der Helikopter fürs Heliskiing im Viertelstundentakt. In der Nacht zuvor hat es in höheren Lagen geschneit. Dies seien wichtige Trainingsflüge für die Piloten, heisst es seitens der Air-Glaciers. Jeder Pilot brauche eine gewisse Anzahl an Flugstunden, um sich weiterbilden zu können. Hätten die Piloten diese Heliskiingflüge nicht, müssten sie sonst wo leer herumfliegen, um Flugstunden zu generieren und dies sei bestimmt nicht sinnvoller. Auf die Frage, ob es denn nicht langweilig sei, nur auf Notrufe zu warten, schüttelt Orsolya Kovacs den Kopf. Sie nutze die Wartezeit oft, um Telefonate zu tätigen oder E-Mails zu schreiben. Dann plötzlich ist es so weit: Das Alarmgerät signalisiert den ersten Notruf des Tages. Ein Unfall im Skigebiet von Portes du Soleil. Ein Mann mittleren Alters mit Verdacht auf Verletzungen an Kopf, Schulter und Rücken. Im Helikopterhangar bricht keine Hektik aus, aber konzentriertes Vorwärtsmachen. Die Ausrüstung im Helikopter wurde schon vorher kontrolliert, alle wissen, was sie jetzt zu tun haben. Zum Schluss umrundet der Rettungssanitäter ein letztes Mal den Hubschrauber, dann steigt auch er ein. Pilot und Ärztin sind schon drin. Keine fünf Minuten nach dem Eintreffen des Notrufes ist Hilfe für den Verunfallten unterwegs.

Rettungssanitäter Klaus Müllener umrundet zur Sicherheit ein letztes Mal den Helikopter vor dem Start. Die Notärztin und der Pilot (sitzt rechts) sind schon drin. (Foto: Kerem Maurer)
Zusätzlicher Rettungsdienst ist gute Ergänzung
Nachts läuft das Ganze ähnlich ab. Ob das Rettungsteam mit der Ambulanz davonbraust oder mit dem Helikopter den Unfallort anfliegt, wird von der jeweiligen Dispositionsstelle entschieden. (Im Kanton Bern gilt die Notrufnummer 144 für Ambulanz und Rega). Man ist stolz bei der Air-Glaciers auf den neuen nachttauglichen Helikopter, der ausgerüstet mit zwei Motoren, Nachtsichtgeräten und anderem unverzichtbarem Equipment für Nachteinsätze bereitsteht.
«Die Rega hat die letzten Jahre während der Wintersaison ausschliesslich ein nächtliches Helikopterpikett geleistet», teilt Saanens Gemeindepräsident Toni von Grünigen auf Anfrage mit und ergänzt, dass der Ambulanzdienst stets durch die Air-Glaciers gewährleistet worden sei. «Für die Einwohner und Gäste der Gemeinde Saanen ist dieser zusätzliche Rettungsdienst eine wichtige Ergänzung zum bestehenden Angebot. Gemäss den Rückmeldungen, die wir erhalten, wird dieser Dienst sehr geschätzt und hat sich gut bewährt», so Toni von Grünigen.
Rega hat sich nicht mehr beworben
Für die laufende Wintersaison ist der Auftrag des Rettungsdienstes erstmals von der Gemeinde Saanen öffentlich ausgeschrieben worden. «Die Rega erkannte aufgrund der in den Ausschreibungsunterlagen gestellten Anforderungen keinen Mehrwert für die Patientinnen und Patienten in der gesamten Region und hatte deshalb darauf verzichtet, an der Ausschreibung teilzunehmen», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme der Rega. Denn laut Planung wäre der Rettungshelikopter bei schlechten Wetterverhältnissen in Saanen für weitere Einsätze anderswo «blockiert» gewesen.
AIR-GLACIERS: VERGLEICH DER RETTUNGSZAHLEN
Helikoptereinsätze Tag:
16.12.22 – 27.2.23: 169 16.12.23 – 27.2.24: 168
Helikoptereinsätze Nacht:
16.12.23 – 27.2.24: 10
Helikoptereinsätze Start Tag/Rückkehr Nacht:
16.12.23 – 27.2.24: 15
(In den 168 Einsätzen eingerechnet)
Ambulanzeinsätze:
16.12.23 – 27.02.24: 55
(ein Einsatztag aufgrund schlechter Wetterverhältnisse)
Quelle: Air Glaciers