Regierungsstatthalter heisst die GSS-Beschwerde gut

  17.05.2024 Region

Es gibt Neuigkeiten rund um das Gesundheitsnetz Simme Saane: Der Regierungsstatthalter des Verwaltungskreises Oberaargau hat die Abstimmungsbeschwerde der Lauener Stimmbürger gutgeheissen. Er hat die Abstimmung zur Wiederholung an die Gemeinde zurückgewiesen. Wir haben bei den Verantwortlichen und Betroffenen nachgefragt.

JOCELYNE PAGE/KEREM S. MAURER
Es gibt Neuigkeiten rund um den Beschwerdefall gegen das Lauener Abstimmungsergebnis über das Gesundheitsnetz Simme Saane: Wie der Regierungsstatthalter des Verwaltungskreises Oberaargau am Freitagmorgen in einer Medienmitteilung schrieb, heisst er die Beschwerde gegen den Abstimmungsbeschluss der Gemeinde Lauenen gut. In Anbetracht des knappen Abstimmungsresultates bestehe die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne die Einflussnahme einer Nachbargemeinde anders ausgefallen wäre, so die Begründung.

Patt-Situation in Lauenen
Rückblick: Am 19. November 2023 wurde in den Gemeinden Boltigen, Lauenen, Lenk, Saanen, St. Stephan und Zweisimmen an der Urne über das Projekt «Gesundheitsnetz Simme Saane» abgestimmt. Die Mehrheit der Stimmberechtigten der Gemeinden befürworteten die Vorlage zur integrierten Versorgung, ausser Lauenen: Dort resultierte ein Patt mit 147 Ja-Stimmen zu 147 Nein-Stimmen, womit das traktandierte Geschäft und damit das Projekt «Gesundheitsnetz Simme Saane» insgesamt abgelehnt wurde (wir haben berichtet).

Stimmbürger:innen wehren sich
Gegen diesen Abstimmungsbeschluss resp. gegen gewisse Vorbereitungshandlungen im Rahmen dieser Abstimmung wurde von mehreren Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern der Gemeinde Lauenen beim Regierungsstatthalteramt Obersimmental-Saanen Beschwerde erhoben. Das Rechtsamt der Direktion für Inneres und Justiz (DIJ) stellte danach die Ausstandspflicht des Regierungsstatthalters des Verwaltungskreises Obersimmental-Saanen fest und setzte den Regierungsstatthalter des Verwaltungskreises Oberaargau als ausserordentlichen Stellvertreter zur Beurteilung des Beschwerdeverfahrens ein. Dieser prüfte daraufhin neben den formellen Aspekten insbesondere den von den Beschwerdeführenden vorgebrachten Vorwurf einer unzulässigen Einflussnahme einer Nachbargemeinde auf die Willensbildung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in der Gemeinde Lauenen.

Entscheid ist gefällt
Nun hat der Regierungsstatthalter einen Entscheid gefällt: «Er kommt in seinem Entscheid vom 17. Mai 2024 zum Schluss, dass die vorgenommene Intervention der Nachbargemeinde im Grunde zwar zulässig war, jedoch die gebotene Sachlichkeit und Verhältnismässigkeit von Meinungsäusserungen missachtete», heisst es in der Medienmitteilung. Damit habe diese Intervention die freie Willensbildung der Stimmbürger und Stimmbürgerinnen der Gemeinde Lauenen verfälscht und sei folglich insgesamt unzulässig gewesen. Dieser Umstand führe zur Verletzung von Art. 34 Abs. 2 BV: Das Abstimmungsergebnis widerspiegele nicht zuverlässig und unverfälscht den Willen der Stimmbürger und Stimmbürgerinnen von Lauenen. «In Anbetracht der abgegebenen Stimmen und des knappen Abstimmungsresultats besteht die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne diese Intervention anders ausgefallen wäre», so der Regierungsstatthalter. Die Beschwerde werde deshalb gutgeheissen. Der Urnenabstimmungsbeschluss der Gemeinde Lauenen vom 19. November 2023 zur Vorlage «Integriertes Versorgungsmodell Gesundheitsnetz Simme Saane» werde aufgehoben und die Abstimmung zur Wiederholung an die Gemeinde Lauenen zurückgewiesen.

Weiter vermerkt das Amt, dass dieser Entscheid noch nicht rechtskräftig sei. Die Verfahrensbeteiligten haben ab Zustellung des Entscheides 30 Tage Zeit, beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern eine Beschwerde einzureichen. Auf Nachfrage gibt der Regierungsstatthalter an, dass die Gemeinde Lauenen, die Beschwerdeführer und auch die Gemeinde Gsteig als beigeladene Partei das Recht haben, Beschwerde gegen den Entscheid einzureichen.

Bei vielen gilt: abwarten
Wir haben somit beim Gemeinderat Gsteig nachgefragt, ob er von diesem Recht Gebrauch machen möchte und wie er das Urteil aufgenommen hat. Er antwortet: «Der Gemeinderat hat von der Medienmitteilung zum Beschwerdeentscheid des Regierungsstatthalters Oberaargau Kenntnis genommen. Er nimmt zurzeit dazu keine Stellung.»

Auch der Gemeinderat Lauenen könne zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben, da nun einige Abklärungen anstehen, sagt Gemeindepräsidentin Ruth Oehrli auf Anfrage. «Wir werden diesen Entscheid an der nächsten Gemeinderatssitzung behandeln.» Zudem sei abzuwarten, ob innert der Frist beim Verwaltungsgericht Beschwerden eingereicht werden, erklärt Oehrli.

Die Medienstelle der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern schreibt auf Anfrage, dass die Direktion die Situation zuerst analysieren müsse. Thomas Mattmann, CEO der Medaxo-Gruppe, sagt dazu, dass er sich diese Woche mit dem Regierungsrat austauschen werde, was dieser Entscheid bedeute. Die Medaxo-Gruppe und die Hohmad-Klinik hätten aber immer noch Interesse an der Weiterführung des Spitals Zweisimmen.

Im Namen der Bergregion Obersimmental-Saanenland (Brossa) sagen Toni von Grünigen und René Müller zum Entscheid des Regierungsstatthalteramtes des Verwaltungskreises Oberaargau, dass sie diesen zur Kenntnis genommen hätten. «Es ist nicht Sache der Brossa, Entscheide in laufenden Verfahren zu kommentieren.»

Und die GSS AG?
Die Organisation der GSS AG sei nicht aufgelöst worden, weil die Abstimmung in Lauenen noch hängig war, sagt Stephan Hill, Geschäftsführer der GSS AG, auf Anfrage. «Die Wahrscheinlichkeit einer Gutheissung der Beschwerde erachtete ich immer als gross.» Jetzt gelte es abzuwarten, was die Wiederholung der Abstimmung in Lauenen bringe. Bei einem Ja sei die Finanzierung der Spitalversorgung wieder ein grosses Thema, insbesondere wenn es um den Neubau des Spitals gehe. Laut ihren Statuten kann die GSS entweder selbst ein Spital führen, jemanden mit der Führung eines Spital beauftragen oder jemanden bei der Führung eines Spitals unterstützen. «Wir werden uns mit Thomas Mattmann, CEO der Medaxo-Gruppe, zusammensetzen und eruieren, welche Möglichkeiten wir gemeinsam haben, die Gesundheitsversorgung mit dem Spital in die Zukunft zu führen.» Denn der Vorteil der GSS sei, dass sie eine Struktur der Mitsprache der Gemeinden und der Finanzierung der Gesundheitsversorgung bilde, die von fast allen Gemeinden des Simmentals und des Saanenlandes getragen sei. Auf jeden Fall will Stephan Hill der Lauener Stimmbevölkerung zusammen mit der Medaxo/ Klinik Hohmad offen darlegen, wie es in der Umsetzung nach der zweiten Abstimmung weitergehen kann, bevor sie darüber abstimmt.


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