Der Fahrdienst am EFG Swiss Open Gstaad
21.07.2025 SportEin Tennisspieler muss zum Flughafen, ein Coach zurück ins Hotel – beim EFG Swiss Open Gstaad läuft jeder Transport über sie: Christine Schopfer koordiniert den Fahrdienst des Turniers.
JONATHAN SCHOPFER
Das Büro des Ressorts Transport ...
Ein Tennisspieler muss zum Flughafen, ein Coach zurück ins Hotel – beim EFG Swiss Open Gstaad läuft jeder Transport über sie: Christine Schopfer koordiniert den Fahrdienst des Turniers.
JONATHAN SCHOPFER
Das Büro des Ressorts Transport liegt direkt bei der Garage Unter-Gstaad – hier waltet und schaltet Christine Schopfer. Gerade tritt ein Tennisspieler an den Desk: «Ich brauche eine Fahrt zum Palace Hotel und danach zur Physiotherapie.» Ein Fahrer steht bereit und begleitet ihn zum Wagen. Drei Fahrer und eine Fahrerin sitzen neben dem Desk und warten auf ihren Einsatz.
Sie blickt auf die Einsatzpläne an der Wand. Täglich plant und koordiniert sie sämtliche Fahrten – für Tennisspieler, Coaches, Familienangehörige, Schiedsrichter und teilweise auch für den Physiotherapeuten. «Ich plane jeden Tag durch und gebe mit den Einsatzplänen eine Grundstruktur. Aber natürlich gibt es viel Unvorhergesehenes: etwa Ferienverkehr – oder wenn ein Tennisspieler so viel Gepäck dabei hat, dass es im Wagen keinen Platz mehr hat. Dann muss kurzfristig umgestellt werden.»
Improvisation gehört dazu
Flexibilität ist zentral, erklärt Christine Schopfer: «Wenn ein Spieler plötzlich aus dem Turnier ausscheidet, bucht er manchmal noch am selben Tag einen Flug zum nächsten Turnier. Wenn der Flug um 6.00 Uhr in Genf startet, muss jemand aus dem Team mitten in der Nacht losfahren.»
Auch Verspätungen gehören zum Alltag. Fahrerin Monika etwa hatte am Vortag eine Spätschicht: Der Flug eines Spielers sollte um 22.15 Uhr landen, kam aber mit einer Stunde Verspätung an. Das Gepäck fehlte, Formulare mussten ausgefüllt werden. Dementsprechend spät kam sie mit dem Tennisspieler in Gstaad an. «Dass das Gepäck nicht mit dem Flug ankommt, passiere oft. Dann organisieren wir jeweils auch mal Tennisshorts», sagt die Koordinatorin. «Die Rackets haben die Tennisspieler zum Glück meistens im Handgepäck.» Aus jeder Situation das Beste machen – das sei ihr Lebensmotto.
Nicht nur die Spieler im Blick
Christine Schopfer achtet nicht nur auf die Tennisspieler, sondern auch auf ihr Team: «Einmal war ein Fahrer sehr blass, wollte aber unbedingt eine Doppelschicht machen. Ich schickte ihn kurzerhand für 24 Stunden nach Hause zum Ausruhen.» Die Hauptverantwortung, sagt sie, liege schlussendlich bei ihr.
Dass sie ihr Team sehr schätzt, macht sie immer wieder deutlich: «Eigentlich sollten Sie mit jemand anderem ein Interview führen – es gibt Leute, die hier im Hintergrund arbeiten, die sind genauso interessant wie ich.»
«Das war im Fall ein Bundesrat!»
Christine Schopfer engagiert sich seit über 30 Jahren für das Tennis in Gstaad. Seit mehreren Jahren leitet sie den Fahrdienst des EFG Swiss Open und wurde für ihren Einsatz sogar einmal von einem Bundesrat gelobt.
JONATHAN SCHOPFER
Wie sah Ihr Alltag während des Turniers aus?
Mein Arbeitstag begann um 8.00 Uhr und endete, wenn der letzte Tennisspieler mit dem Training fertig war – oft erst um 23.00 Uhr. Da die Spieler danach noch duschten oder zur Physiotherapie gingen, brauchte es auch dann noch Fahrdienste. Es gibt jedes Mal Unvorhergesehenes – deshalb war mein Handy 24 Stunden eingeschaltet. Ich war praktisch jederzeit erreichbar.
Wie viele Fahrzeuge und Fahrer haben Sie koordiniert?
In diesem Jahr waren es 23 Autos und 27 Fahrerinnen und Fahrer.
Wann starteten Ihre Vorbereitungen?
Die beginnen jeweils im Februar. Die Sponsoren teilten mir mit, wie viele Autos zur Verfügung stehen. Danach begann ich mit der Rekrutierung. Ich telefonierte mit allen persönlich, um zu spüren, ob jemand ins Team passt.
Wie schulen Sie die Fahrerinnen und Fahrer?
Wir schulen vor allem den Umgang mit den Tennisspielern. Es gilt eine Schweigepflicht, und Diskretion hat oberste Priorität. Schlussendlich sollen sich die Tennisspieler bei uns wohlfühlen.
Was hat sich über die Jahre verändert?
Früher gab es mehr Gespräche im Auto. Heute steigen viele Tennisspieler ein, setzen Kopfhörer auf, telefonieren oder schlafen.
Zu Beginn jeder Fahrt fragen wir aber, ob sie etwas über die Gegend erfahren möchten. Dann rücken sie manchmal auf den Beifahrersitz – und so entstehen Gespräche. Wir erzählen von der Schweiz, den 26 Kantonen und von Gstaad.
Gab es besondere Erlebnisse, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?
Einmal war ich vertieft in einen Einsatzplan, da kam ein Herr mit seinem Velo und fragte, ob er das Velo in unserer Garage abstellen dürfe. Ich sagte höflich, dass wir keine Velostation seien. Danach kam ein Mitarbeiter zu mir und flüsterte: «Das war im Fall ein Bundesrat!» Da habe ich mich schon gefragt, ob der vielleicht doch sein Velo hätte abstellen dürfen. Dieser ehemalige Bundesrat kam aber später nochmals vorbei und bedankte sich, dass ich korrekt gehandelt hätte. Ich mache da keinen Unterschied – alle werden gleich behandelt.
Wie kamen Sie zur Leitung des Ressorts Transport?
Zuerst habe ich als Spielerbetreuerin begonnen. Ich sass an einem Tisch mit Sandwiches und Getränken für die Tennisspieler. Als sich das Turnier zum ATP-250-Event wandelte, wurden viele Strukturen verändert – Aufgaben wurden neu verteilt. Später war ich selbst Fahrerin. Als mir der damalige Teamchef die Leitung des Ressorts Transport anbot, zögerte ich: «Das kann ich doch nicht.»
Haben Sie über die Jahre persönliche Beziehungen zu den Tennisspielern aufgebaut?
Ja, wir sind wie eine Familie – aus Bekanntschaften werden Freundschaften. Die Tennisspieler schätzen es, dass sie jedes Jahr die gleichen Gesichter sehen. Viele schicken mir zu Weihnachten liebe Nachrichten – das freut mich jedes Jahr aufs Neue.