«Beleidigte Brötli» spielen köstliches Volkstheater

  22.11.2022 Kultur

Das Chörli Reichenstein-Oeschseite ist aufgelöst. Die legendären Theaterabende mit belegten Brötli und Torten, Gesang, Theater, Tombola und Tanz leben weiter – dank den «beleidigten Brötli». Vor vollem Haus hat der Zweiakter «D Jungfere vom Chräiehof» begeistert. Das Stück baut auf die Lustspieleffekte Verwechslung und Missverständnis.

Wie in guten alten Chörli-Reichenstein-Oeschseite-Zeiten war der Gemeindesaal Zweisimmen schon eine Stunde vor dem Bühnenstart bestens gefüllt. Wie früher freuten sich die zahlreichen Gäste über die köstlichen belegten Brötli und Torten. Theaterfans leben die Chörli-DNA weiter und haben eine Theatergruppe gegründet. Deren Leiter Martin Kriegner meinte bei der souveränen Begrüssung – schon als Knecht Housi geschminkt –: «Irgendeinmal hatten wir den Namen ‹beleidigte Brötli›. Was ist schon ein Name? Der Inhalt zählt». Für feinen, harmonischen im Tempo zügigen Gesang sorgte zu Beginn das «St. Stäphner» Jodlerquartett «d’Elfer».

Die Jungfern sind vorerst männerverachtend
Dann bot das Stück von Carmelo Pesenti ,«D Jungfere vom Chräiehof», in zwei Akten 1001 Gelegenheiten zum Lachen und feinste Unterhaltung. Das Lustspiel baut mal subtil, mal offensichtlich auf die Effekte von Verwechslungen und Missverständnissen.

Im Chräihof regieren die Jungfern Lisel (Sandra Eymann) und Lotti (Regula Dänzer) Guggisberg rabiat und männerverachtend. Ihre Bosheit ist gemeindebekannt. Ihr Knecht Housi spielt den gehorsamen Ungehorsam zur grossen Freude der Zuschauer. Der mutige Freier Emil (Gerhard Baumann) wird vom Hof gejagt und draussen in die imaginäre Bschütti-Falle geschubst. Doch dann kommt mit der Notarin (Erika Grunder) die Wende. Das Erbe von 1,2 Millionen Franken von einer Tante in Amerika gibt es nur, wenn sich die Jungfern innert einer Woche verheiraten.

Plötzlich Bräutigamjagd
Die Bräutigamjagd beginnt. Knecht Housi bleibt beim unmissverständlichen Nein: «Oh nein!». Der neue Dorfpfarrer (Thomas Rohrbach) wird bei seinem Begrüssungsbesuch als möglicher Bräutigam verwechselt und sicherheitshalber gleich gefesselt. Dessen Frau (Christine Schenk) lässt auf der Suche nach dem Mann die Jungfern die Verwechslung erkennen. Doch jetzt kommt die Notarin zurück – der Countdown läuft: Ohne Hochzeit geht das grosse Geld an das neue Hundeheim.

Parodie auf Schweizer Wirtschaftsanwälte und Sanktion
Welch köstlicher Seitenhieb auf Schweizer Wirtschaftsanwälte, dass die Notarin dem Pfarrer gestehen muss, als Erbschleicherin das Hundeheim erst vor einer Woche gegründet zu haben. In letzter Sekunde taucht der «bschütti»- stinkende Freier Emil auf, der Pfarrer vollzieht die Heirat von Lotti und Emil, das Erbe ist gesichert. Sanktionen sind gut und heute in: Frau Notarin wird hinaus ins «Bschüttibad» geworfen. Tosender Applaus für stärkstes, herrliches Volkstheater.

Dann lösten wieder die belegten Brötli die «beleidigten Brötli» als Stars ab und die «Edelwyss-Buebe» aus dem Diemtigtal spielten zum Tanz auf. Am Sonntag meldeten die «beleidigten Brötli»: «Sensationeller Besuch» und für heute Dienstag könnte es im Gemeindesaal Zweisimmen zu einem alten Chörli-Reichenstein-Oeschseite-Phänomen kommen: Alte Zuschauer erinnern sich, wie sie früher im Theatersäli in der Waldmatte Oeschseite wie Sardinen zusammengepresst worden sind.

PD/MATTHIAS KURT


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