Das Unfallszenario liess den Atem stocken

  20.05.2022 Saanen

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) fordert von den Betreibern der Gstaad Airport AG alle drei Jahre eine Notfallübung. Der gespielte Ernstfall soll den Einsatz aller Rettungskräfte der Region und ihre Koordination untereinander optimieren sowie ein hohes Mass an Sicherheit gewährleisten.

JENNY STERCHI
Die Übungsleiter hatten nichts ausgelassen, als sie für die Notfallübung auf dem Gstaad Airport ein Unfallszenario entwickelten. Insgesamt waren rund 60 Personen ins Szenario involviert, zusammengesetzt aus Rettungskräften, Figuranten, Beobachtern, Übungsleitern und anderen.

Ein Unfall – viele Brennpunkte
Ein (simulierter) Business-Jet (Falcon 7X) konnte unmittelbar nach der Landung nicht mehr gesteuert werden und krachte in ein Kleinflugzeug, das vor dem Hangar 2 geparkt war. Angehörige der Insassen sahen den Unfall von der Lounge aus und liefen sofort zur Unfallstelle. Brennende Flugzeugteile gingen in Gebäudenähe zu Boden. Der Hangar 2 war mit dichtem Rauch gefüllt, da eine Tragfläche des Jets infolge des Aufpralls die Halle beschädigt hatte. Ob sich darin noch Menschen befanden, war unklar. Wir, die Zuschauer, waren informiert. Aber Feuerwehren, Ambulanz und Polizeikräfte wussten nicht, was sie erwartete, ausser, dass am Freitagnachmittag eine Übung abgehalten werden würde.

Was wie ein Drehbuch für einen Katastrophenfilm klingt, war die Situation, auf die Feuerwehr, Ambulanz, Polizei und die Crew des Gstaad Airport am Freitagnachmittag reagieren mussten. Alle drei Jahre verlangt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) eine solche Übung für den Gstaad Airport in Zusammenarbeit mit den hiesigen Rettungskräften. In den Jahren zuvor wurden die Unfallszenarien jeweils auf den umliegenden Strassen errichtet. In diesem Jahr war der Unfallort zum ersten Mal direkt auf dem Gstaad Airport.

«Zaungäste» – nicht zu unterschätzen
Egal, ob es total verunsicherte Angehörige oder Journalisten auf der Jagd nach dem besten – wenn auch zweifelhaften – Unfallfoto sind. Diejenigen, die nicht direkt ins Unfallgeschehen verwickelt und nicht an der Rettung beteiligt sind, stehen in der Regel im Weg.

Eindrücklich und bis zum Ende der Notfallübung spielten die Figuranten ihr Rollen. Neben verstörten Töchtern des im Jet ankommende Ehepaars waren auch renitente Presseleute am Unfallort unterwegs. Während sich die Flugplatzmitarbeitenden bis zum Eintreffen der Ambulanz um die Angehörigen kümmerten,wiesen Simon Anderman, Airport Manager der Gstaad Airport AG, und ein weiterer Flugplatzangestellter sowie die Polizei, unter der Leitung von Daniel Rhyn und Thomas Lehmann, die bisweilen anstrengenden Journalisten in die für sie vorgesehenen Räume – weit genug weg vom Unfallort.

Die ersten Rettungskräfte der Flugplatzfeuerwehr, unter der Leitung von Feuerwehrkommandant Daniel Zwahlen, waren bereits vor Ort. Es dauerte nicht lange, bis auch die Kameraden der Feuerwehr Saanen, unter der Leitung von Feuerwehrkommandant Beat Gobeli, eintrafen. Hinzu kamen Rettungskräfte der STS AG unter der Leitung von Marc Stiller.

Neu verfügt der Gstaad Airport über einen Alarmknopf, mit dem, anders als früher, sämtliche Rettungsdienste direkt aufgeboten werden. Es muss also keiner der externen Einsatzkräfte mehr per Telefon alarmiert werden.

Spannendes Detail
Wenn so viele Rettungskräfte im Einsatz stehen und die Lage mitunter unübersichtlich ist, dann muss die Kommunikation fehlerfrei funktionieren. Um örtliche Gegebenheiten nicht kompliziert und zeitraubend erklären zu müssen, wird von den Einsatzleitern der Rettungsdienste eine Skizze vom Unfallort angefertigt. Diese Zeichnungen helfen den Rettungskräften, sich bei der Planung des weiteren Einsatzverlaufs zu orientieren. Erkenntnisse über gerettete Personen, Brandherde und sich ändernde Umstände werden fortlaufend eingezeichnet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Gstaad Airport halten sich bei solchen Ernstfällen jeweils an die jeweiligen Checklisten. Bei dieser Übung wurde der neu aufgebauten Notfallplan angewendet und geprüft.

«Besser geht immer»
All das geschah unter den Augen von Beobachtern, die im Auftrag des BAZL das Vorgehen sämtlicher Rettungskräfte dokumentierten. Bis zum offiziellen Ende der Übung blieben die Feuerwehrleute, die Polizei und die medizinischen Einsatzkräfte im «Szenario». Im anschliessenden Rapport wurden dann die verschiedenen Equipen und ihre Einsätze analysiert. «Es gibt immer Verbesserungspotenzial», erklärte Simone Oehrli, Deputy Airport Manager, nach der Notfallübung. «Ohne solche Übungen würden die aber gar nicht sichtbar.» Insofern sei dies immer der Ausgangspunkt für Optimierungen. Für diesen Nachmittag hatte der Gstaad Airport weitläufig über diesen Übungseinsatz informiert und den Flugplatz für sämtliche Flugbewegungen während des Nachmittags per offiziellem NOTAM gesperrt. «Im Ernstfall muss diese Sperrung sehr kurzfristig erfolgen und auch dann kann nicht sichergestellt werden, dass kein Flugzeug Saanen anfliegt oder ein Helikopter bewegt werden muss», erklärt Simon Anderman. «Dann gilt es für unser Personal einmal mehr, die Augen und Ohren offen zu halten. Wir danken im Namen der Gstaad Airport AG allen Beteiligten für die Mithilfe und die Verfügbarkeit.»


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