Einsprache gegen Deponieerweiterung
21.11.2024 GsteigEin Flachmoor von nationaler Bedeutung, das am Rande des Deponieperimeters liegt, oder x Fahrten mit einem LKW, um den Aushub aus dem Saanenland wegzukarren? An der geplanten Erweiterung der Deponie Saali in Gsteig scheiden sich die Geister.
KEREM S. MAURER
Ein Flachmoor von nationaler Bedeutung, das am Rande des Deponieperimeters liegt, oder x Fahrten mit einem LKW, um den Aushub aus dem Saanenland wegzukarren? An der geplanten Erweiterung der Deponie Saali in Gsteig scheiden sich die Geister.
KEREM S. MAURER
Aushubmaterial fällt überall dort an, wo gebaut wird. Egal, ob es sich dabei um Häuser, Strassen oder Spielplätze handelt. Im Saanenland liegt die durchschnittliche Aushubmenge pro Kopf deutlich über dem landesweiten oder kantonalbernischen Durchschnitt. «Das liegt unter anderem daran, dass unsere Bauten oft an Hanglagen realisiert werden und am Baureglement, das die Höhe von Chalets begrenzt. So wird in die Tiefe gebaut, was noch mehr Aushub generiert», erklärt Heinz Addor, Geschäftsleitungsmitglied der Addor AG Tiefbau und Transporte in Gstaad. Dazu komme, dass das Baugewerbe im Saanenland floriere – und dies nicht erst seit gestern. Da stellt sich die Frage, wohin mit dem Aushub?
Einsprache gegen geplante Erweiterung
Die SL Abbau und Deponie AG, welche von Heinz Addor präsidiert wird, betreibt im Saanenland verschiedene Deponiestandorte. Die seit Jahren abgeschlossene Deponie am Standort Saali soll südwärts erweitert werden. «Die Erweiterung mit einem Volumen von rund 90’000 Kubikmetern ist im regionalen Richtplan Abbau, Deponie, Transporte (ADT) der Region Obersimmental-Saanenland festgesetzt», erklärt Addor. Die Genehmigung dafür habe man bereits im Jahr 2019 erhalten. Die Deponie soll mit unverschmutztem Aushubmaterial des Typs A gemäss Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) aufgefüllt werden. Gegen das Baugesuch «Überbauungsordnung Deponie Saali b – Erweiterung Süd» haben die Umweltorganisationen WWF und Pro Natura gemeinsam Einsprache erhoben.
Stein des Anstosses ist das Flachmoor
Auf Anfrage teilt der WWF mit, dass die Deponie bis an den Rand eines Flachmoores von nationaler Bedeutung gebaut werde, und: «Beim betroffenen Moor handelt es sich um ein einzigartiges Biotop, das wertvollen Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten bietet. Moore entstehen über Jahrhunderte an speziellen Standorten und sind darum durch unsere Bundesverfassung geschützt.» Es sei die Aufgabe von Umweltorganisationen wie WWF und Pro Natura, genau hinzuschauen, wenn so nah an national bedeutsamen Flachmooren gebaut werde. «Auch wenn wir den Bedarf einer Deponie gut nachvollziehen können, dürfen Naturwerte nicht ohne Weiteres zerstört werden», schreibt Chandru Somasundaram, Verantwortlicher für Moorschutz beim WWF Bern.
Gute Basis für weitere Verhandlungen
Am 7. November haben die Einspracheverhandlungen mit den Naturschutzorganisationen stattgefunden. Man gehe davon aus, dass die Einsprache – im Grunde ist es nur eine, weil sich WWF und Pro Natura gemeinsam identisch geäussert haben – ausgeräumt werden könne, zeigt sich Heinz Addor optimistisch. «Jetzt suchen wir anstossende Grundbesitzer, die damit einverstanden sind, auf ihrem Boden sogenannte Pufferzonen zu errichten, die als Kompensationsmassnahmen befeuchtet werden», erklärt Addor. Auch der WWF sprach von einem «konstruktiven Gespräch» mit den Projektanten und Gemeindevertretern. Alle hätten ihre Standpunkte transparent dargelegt und eine «gute Basis für weitere Verhandlungen» geschaffen.
Was schadet der Umwelt mehr?
Bislang wurde unverschmutzter Aushub nach Grandvillard (FR), Zweisimmen, St. Stephan oder Vigier transportiert, führt Heinz Addor aus. Im Durchschnitt spreche man von rund 60 Kilometern pro Fahrt mit einem LKW hin und zurück, rechnet Addor vor und betont, dass sie ein grosses Interesse daran hätten, diese Transportwege so kurz wie möglich zu halten. «Vielleicht muss man abwägen, was der Umwelt mehr schadet: entweder ein Flachmoor, das vorübergehend nur am Rand tangiert wird oder x LKW-Fahrten über unzählige Kilometer. Und je weiter der Transportweg ist, desto teurer kommt das Bauprojekt zu stehen.» Dies sieht der WWF, der nach eigenen Angaben bestrebt ist, eine «einvernehmliche Lösung» zu finden, ähnlich. «Aus unserer Sicht macht es Sinn, lokale Baudeponien zu betreiben, um lange Fahrten zu entlegenen Standorten zu vermeiden», so Chandru Somasundaram. Man müsse jedoch sicherstellen, dass die gesetzlichen Bedingungen, die für das betroffene Flachmoor und den Umweltschutz gelten, berücksichtigt werden.
In fünf Jahren könnte alles vorbei sein
Für Heinz Addor gibt es in Sachen Deponiestandorte Handlungsbedarf. «Planungszeiten von zehn bis fünfzehn Jahren für eine solche Deponie sind einfach zu lang», sagt er. Addor geht davon aus, dass die Fläche der geplanten Deponieerweiterung in vier bis fünf Jahren – wenn es keinen Einbruch im Baugewerbe gebe – bereits wieder abgeschlossen, zugedeckt und landwirtschaftlich genutzt werden könne.
Am 13. Dezember kommt die «Überbauungsordnung Deponie Saali b – Erweiterung Süd» an der ordentlichen Gemeindeversammlung vor das Gsteiger Stimmvolk.