Die Geschwister Züricher: ein starkes Trio mit grossem Talent in Kunst und Literatur
06.10.2023 KulturDie Werke der Geschwister Züricher sind zurzeit im Museum der Landschaft Saanen ausgestellt. Franziska Haldi blickte in die Geschichtsbücher und fand Spannendes heraus über Ulrich Wilhelm, Bertha und Gertrud Züricher, die gemeinsam ein geballtes Talent und Interesse in ...
Die Werke der Geschwister Züricher sind zurzeit im Museum der Landschaft Saanen ausgestellt. Franziska Haldi blickte in die Geschichtsbücher und fand Spannendes heraus über Ulrich Wilhelm, Bertha und Gertrud Züricher, die gemeinsam ein geballtes Talent und Interesse in Kunst und Kultur zeigten.
Ulrich Wilhelm und Bertha Züricher
Züricher? Beim einen oder anderen Saaner wird da etwas klingeln. Ganz besonders, wenn er oder sie Besitzer:in des Bandes «Bärndütsch als Spiegel bernischen Volkstums/Band: Saanen» von Emanuel Friedli ist. Der Band «Saanen» ist 1927 erschienen und ist noch heute die wertvollste Quelle zu Geschichte, Landschaft, Sprache, Mundart und Traditionen des Saanenlandes. In eben diesem «Saanenbuch» hat es etliche farbige Abbildungen aus der Hand von Ulrich Wilhelm (U.W.) und Bertha Züricher.
Meist sind es Porträts von markanten Lauenern, aber auch zahlreiche Landschaftsbilder sind vorhanden. Ein prominentes Bild ist eines von U.W. Züricher, das das Eingangstor zur Lauenen Kirche darstellt. Das Original ist im Museum Saanen ausgestellt.
Wer war die Familie Züricher?
Bertha (geboren 1869), Gertrud (geboren 1871) und Ulrich Wilhelm (geboren 1877) wuchsen in der Berner Länggasse als Kinder des Oberrichters Alfred Züricher und der Bertha Züricher-Lohner auf. Sie genossen im Kreise von fünf Geschwistern eine sorglose, glückliche Kindheit. Leider verstarb der Vater bereits 1887 und die Mutter folgte ihm ein Jahr danach. Ein herber Schicksalsschlag, hatte doch die Familie vor, in ein neu erbautes Haus zu ziehen.
Bertha Züricher entschied sich nach erfolgter Ausbildung zur Schneiderin eine Stelle an der Frauenarbeitschule in Bern zu übernehmen, die sie bis 1894 innehatte. Im Sommer 1895 erfüllte sich ihr lang gehegter Traum, Malerin zu werden, und sie zog zur Ausbildung nach München. Im Herbst 1897 setzte sie ihre Ausbildung in Paris fort und lebte dort fortan als freischaffende Künstlerin. Bertha Züricher weilte oft bei ihren Geschwistern in Lauenen und begeisterte sich für die Bergwelt. Landschaftsdarstellungen aus dem Lauenen- und Geltental zeugen von ihrer starken Ausdruckskraft. Ihr Werk umfasst aber nicht nur Landschaften, sondern auch Porträts und Blumenbilder. Bald einmal wurde ihr Talent bekannt und sie hat sich ein reiches Beziehungsnetz geschaffen. Der Erfolg blieb nicht aus und ihr Talent manifestierte sich durch die rund dreihundert Ausstellungen und die Zahl ihrer Werke von gegen 1600.
Daneben kämpfte sie lebenslang für den Frieden und Frauenrechte. Als begeisterte Feministin setzte sie sich für weibliche Künstlerinnen ein. Bertha Züricher starb 1949 im Alter von 80 Jahren. In der Biografie «Aus dem Kaleidoskop meines Lebens» erzählt sie aus ihrem Leben und ihrem Werdegang. Das Werk wurde im letzten Jahr neu aufgelegt (Herausgeber Mathias Fischer, siehe Literaturverzeichnis).
Ulrich Wilhelm Züricher wurde Architekt, Schriftsteller und war ebenso Maler. Gertrud Züricher wurde Sekundarlehrerin, widmete sich aber ebenfalls der Natur und dem Sammeln von Kinderliedern und -versen. Erst als ich als Lehrerin im Gstaad zu wirken anfing, merkte ich, dass mein ganzer Värslischatz, den ich von meinen Eltern mitbekommen hatte, von Gertrud Züricher stammte. Im Besitz meiner Familie befand sich das Buch «Kinderlied und Kinderspiel», aus dem Jahr 1902, «nach mündlicher Überlieferung gesammelt von Gertrud Züricher». Wer weiss, mag sich ein ehemaliger Schüler von mir noch an gewisse Verse oder Anzählreime erinnern? So lautete der eine Vers: «Ane guagane drei Türgge am Finger Schnäggäge Melone Chrutsuppe Pupuppe...»
Aus Liebe zur Natur und zu den Bergen, aber auch um ihren Geschwistern und ihren Freunden ein Heim zu bieten, kaufte Gertrud Züricher in Lauenen ein Häuschen «Ds Hübi». Das Haus, hinter dem Alten Schulhaus Lauenen, ist nicht mehr in Familienbesitz. Es wurde zum Treffpunkt verschiedenster Künstler, so auch von Martha Stettler (siehe AvS vom 20. Juni 2023), die oft und gerne mit Gertrud Züricher in Lauenen malte. Es zirkulieren zahlreiche amüsante Anekdoten über die beiden berggängigen Frauen, offensichtlich eine kleine Sensation im männlich beherrschten Alpbetrieb. Zahlreiche prachtvolle Bilder erinnern an diese Zeiten.
FRANZISKA HALDI/MUSEUM DER LANDSCHAFT SAANEN
Literaturverzeichnis: Friedli, Emanuel, Bärndütsch im Spiegel bernischen Volkstums Gedenkschrift Bertha Züricher, Ulrich Wilhelm Züricher, Gertrud Züricher Egli, Kurt Jakob, B. Züricher Fischer, Mathias (Herausgeber), «Aus dem Kaleidoskop meines Lebens», Autobiographie einer Berner Malerin
Die Kunstausstellung «Landschaftsmalerei Saanenland» im Museum der Landschaft Saanen läuft noch bis am 15. Oktober. Das Museum ist jeweils vom Donnerstag bis Sonntag geöffnet.