Digital- und Bergfahrten
18.07.2025 KolumneEin A3-Blatt Papier, darauf die Tage des aktuellen Monats mit dem jeweiligen Übernachtungspreis. Daneben das Telefon, Taschenrechner, Bleistift und Radiergummi. So das Bild an der Rezeption in früheren Jahren. Und im rückwärtigen Büro endlos viel Papierkram mit ...
Ein A3-Blatt Papier, darauf die Tage des aktuellen Monats mit dem jeweiligen Übernachtungspreis. Daneben das Telefon, Taschenrechner, Bleistift und Radiergummi. So das Bild an der Rezeption in früheren Jahren. Und im rückwärtigen Büro endlos viel Papierkram mit Einsatzplänen, Abrechnungen, Bestellungen und, und, und…
Die Zeiten haben sich geändert – die Digitalisierung hat längst Einzug gehalten, natürlich auch in der Hotellerie. Betroffene Bereiche sind u.a. das Buchungssystem, der Onlinevertrieb, das digitale Check-in, die Gästemobilität und Kommunikation, das Housekeeping, die Datenanalysen, das Yield-Management und viele mehr. Die Herausforderungen für die Betriebe sind enorm, insbesondere für die kleineren, oft auf sich allein gestellten Familienhotels. Es gilt äusserst sorgfältig abzuwägen, welche Investitionen sinnvoll und finanziell tragbar sind.
Bruno Kernen vom Hotel Kernen in Schönried bringt eine wiederkehrende Problematik auf den Punkt: «Kaum hat man eine Neuanschaffung getätigt, ist diese schon wieder veraltet!» Im Hotel Arc-en-ciel in Gstaad weiss man um die schier unzählbare Anzahl und Vielfalt an digitalen Produkten sowie auch über die sehr kostenintensiven Anschaffungen. Auch deshalb, so Gastgeber Tim Wetli, habe man sich entschieden, nicht zu den Vorreitern zählen zu wollen, sondern sich wenn möglich für Produkte zu entscheiden, die sich in befreundeten Betrieben bereits bewährt haben. Von einem für Kleinstbetriebe hohen Verhältnis der Einstiegs- und jährlich wiederkehrenden Kosten zum effektiven Nutzen spricht man auch im Le Petit Relais in Saanenmöser. Thomas Kernen betont aber gleichzeitig, dass sowohl der Betrieb als auch die Gäste von der Digitalisierung durchaus profitieren würden. Auch Tim Wetli zeigt sich überzeugt, dass viele Digitalisierungen das Gästeerlebnis verbessern. Als positives Beispiel nennt er die über die Hoteltüre hinausreichende Gstaad Card. Auch diese Gästekarte ist «Gstaad onLine», der Digitalisierungsoffensive von Gstaad Saanenland Tourismus, entsprungen. «Wir sind klar der Überzeugung, dass unsere Partnerbetriebe wie auch die Gäste von ‹Gstaad on-Line› profitieren», so Ronnie Oehrli, Leiter Digitalisierung und Innovation. Um die Gastgeber auch dafür begeistern zu können, gilt unbedingt an der Thematik dran zu bleiben: «Auch wenn bei den Partnerbetrieben im ersten Schritt das Gefühl aufkommt, mehr Aufwand zu haben, werden sie künftig von wertvollen Daten und Erkenntnissen profitieren können, die wir mit ihnen teilen werden.» Doch von all diesen digitalen Hintergründen, so die Meinung im Le Petit Relais, möchte der Gast eigentlich lieber gar nichts direkt spüren. Thomas Kernen: «Bei Prozessen, welche die Gäste betreffen und auch fordern, sind wir bei der Umsetzung eher zurückhaltend. Wir haben den Eindruck, dass ein Gast während seines Erholungsaufenthalts gerne auch mal etwas weniger digital unterwegs sein möchte.» Oder in Abwandlung eines bekannten Sprichworts zusammengefasst: «Digitales recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!»
HOTELIERVEREIN GSTAAD-SAANENLAND
«Gastgeberblick» ist eine Kolumne des Hoteliervereins Gstaad-Saanenland. Sie erscheint regelmässig und informiert über das, was die Hoteliers und Gastgeberinnen in der Ferienregion Gstaad bewegt.