Ei-Skulpturen am Gstaad Menuhin Festival
25.08.2025 KulturDas Ei – zerbrechlich und so fruchtbar zugleich. Für den Künstler Marc Reist ist es Sinnbild des Lebens und grenzenlose Inspirationsquelle. Am Menuhin Festival Gstaad zeigt er seine Skulpturen und spricht im Interview über die Faszination dieser Form.
...Das Ei – zerbrechlich und so fruchtbar zugleich. Für den Künstler Marc Reist ist es Sinnbild des Lebens und grenzenlose Inspirationsquelle. Am Menuhin Festival Gstaad zeigt er seine Skulpturen und spricht im Interview über die Faszination dieser Form.
JONATHAN SCHOPFER
Vor der Aufführung strömen die Gäste bedächtig ins Konzertzelt. Gleich beim Eingang fällt eine monumentale Ei-Skulptur ins Auge, vor der Besucherinnen und Besucher interessiert stehen bleiben. «Wir legen Wert darauf, jedes Jahr auch Kunst auszustellen, sei es in Form von Bildern oder Skulpturen», sagt Arina Kropf aus dem Ressort Fundraising & Events des Gstaad Menuhin Festivals. Seit vielen Jahren wird so Kunst ausgestellt. In diesem Jahr stammen die Skulpturen vom Schweizer Marc Reist.
Der 1960 in Grenchen geborene und ausgebildete Bildhauer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Eiform. Bekannt wurde er mit Skulpturen im öffentlichen Raum wie «Swiss Navigation» in London. Nun zeigt er in Gstaad unter dem Titel «Globo Uovo» monumentale Ei-Skulpturen. Im Interview gewährt er Einblick in seine Gedankenwelt.
Marc Reist, Sie arbeiten mit der Eiform. Was fasziniert Sie daran?
Die Eiform ist sehr spannend für mich. Wenn man ein Ei in die Hand nimmt, merkt man sofort die Zerbrechlichkeit. Man bewegt sich automatisch vorsichtiger und achtet besser auf das, was man tut. Achtsamkeit finde ich ausserordentlich wichtig. Das Ei ist Ursprung allen Lebens und zugleich ein Symbol dafür, dass echtes Wachstum Rücksicht braucht.
Wie entsteht daraus eine Skulptur – vom ersten Gedanken bis zum fertigen Werk?
Der entscheidende Gedanke braucht oft sehr lange. Dann folgt eine spontane Handzeichnung — für mich eine Kopie des Gedankens. Aus diesen Zeichnungen haben sich allmählich dreidimensionale Skulpturen entwickelt. Das Ei ist eine dynamische Kreisform. Wichtig ist mir, diesem Spirit in der Umsetzung treu zu bleiben. Ab da hängt es von der Grösse ab: Manchmal dauert es eine Woche, manchmal bis zu einem halben Jahr.
Wie wählen Sie die Materialien aus, mit denen Sie eine Skulptur erschaffen?
Im Projekt «Globo Uovo» arbeite ich vor allem mit Materialien wie Gestein, Metall und Fiberglas. Das sind Materialien, die uns im Alltag begegnen — Naturstoffe und Kunststoffe. Jedes Material bringt eigene Voraussetzungen mit. Jede Form hat ihren Inhalt, und jeder Inhalt seine Form.
Gibt es Eindrücke oder Formen im Saanenland, die Sie inspirieren?
Wenn ich nach Gstaad hinauffahre, beeindrucken mich vor allem die Berge und Felsformationen. Ich arbeite auch an Reliefs von Felsstrukturen. Das Spiel zwischen Grün und Felsen finde ich sehr inspirierend. Ich habe das Gefühl, die Einheimischen wissen, dass Landschaft und Mensch zusammengehören. Das beeindruckt und inspiriert mich immer wieder.
Sie haben nun schon mehrfach beim Menuhin Festival Gstaad ausgestellt. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Ich war inzwischen wohl achtmal dabei. Der Kontakt kam über Jeanette de Vigier zustande, die die Galerie «Les Hirondelles» in Gstaad führt. Das Menuhin Festival ist ein besonderer Ort: Es zieht ein Publikum an, das Kunst, Musik und Kultur gleichermassen schätzt — mehr als eine übliche Galerie.
Gibt es in der aktuellen Ausstellung ein Werk, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Ein Lieblingsstück kann ich kaum benennen, aber eine Arbeit ist mir besonders wichtig: ein spiegelglänzendes Ei mit Stacheln. In diesem Ei wächst etwas und bricht aus der Schale heraus. Dieser Moment des Aufbrechens ist für mich besonders bedeutsam.
Marc Reist stellt noch bis am 30. August seine Skulpturen im Menuhin Festivalzelt in Gstaad aus.
SO ARBEITET MARC REIST
• Gestein
Beginn mit einem Block: Das Material wird Stück für Stück zur Form hin abgetragen.
• Fiberglas
Aufbauverfahren: Auf eine Trägerform wird Schicht für Schicht Material aufgetragen. Zum Schluss folgen stundenlange Schleif- und Polierarbeiten für eine glatte Oberfläche.
• Metall
Einzelne Elemente werden zusammengeschweisst. Auch hier braucht es am Ende viele Schleifund Poliergänge, bis die Oberfläche fertig ist.
JSC