Wohnraum für junge Lernende, Gymnasiasten und ehemalige Flüchtlinge in Ausbildung. Bezahlbar und mit minimaler sozialer Kontrolle: Die WG Mischer in Saanen ist auf Kurs. Im Sommer beginnen die Verhandlungen, um aus dem Pilotprojekt, das noch bis und mit September 2024 ...
Wohnraum für junge Lernende, Gymnasiasten und ehemalige Flüchtlinge in Ausbildung. Bezahlbar und mit minimaler sozialer Kontrolle: Die WG Mischer in Saanen ist auf Kurs. Im Sommer beginnen die Verhandlungen, um aus dem Pilotprojekt, das noch bis und mit September 2024 läuft, ein Definitivum zu machen.
KEREM S. MAURER
Die WG Mischer im ehemaligen Wohnhaus Rübeldorf in Saanen ist eines von zehn Projekten, denen die Gemeinde Saanen im Rahmen von «Zukunft Saanen – zämä für ünsi Gmein» grünes Licht erteilt hat. Die Idee dahinter war eine gemischte Wohngemeinschaft für Lernende, Gymnasiasten und ehemalige Flüchtlinge in Ausbildung. Geboten wird bezahlbarer Wohnraum. Im August 2021 startete das Projekt mit damals sechs Jugendlichen für eine dreijährige Pilotphase. Nach etwas mehr als der Hälfte ziehen die Verantwortlichen eine durchwegs positive Bilanz – dennoch ist die Zukunft der WG nicht gesichert.
Steigerung der Belegungszahlen
Gegenwärtig bewohnen zehn junge Leute die WG Mischer, ab dem 1. August werden es deren zwölf sein. Zwei junge Frauen und zehn junge Männer. «Wir hätten uns vielleicht ein etwas ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis gewünscht, aber wir sind glücklich, dass wir ab August eine Auslastung der WG von über 90 Prozent haben», sagt Philipp Bigler, Vizepräsident des Vereins WG Mischer.
Viele Wochenaufenthalter
Alle Bewohnenden der WG sind in Ausbildung oder absolvieren ein Praktikum. Die meisten sind Wochenaufenthalter, die jeweils übers Wochenende nach Hause fahren, nur zwei leben die ganze Woche in der WG. Für ehemals Geflüchtete sei das Platzangebot purer Luxus, weiss Philipp Bigler. Die erste Frage, die solche Jugendliche staunend stellen, sei meist: «Habe ich da ein ganzes Zimmer nur für mich allein?» Was die Bevölkerungsgruppen in der WG angehe, sei das Konzept ebenfalls aufgegangen, so Bigler. Ausser, dass es momentan keine Gymischüler:innen habe.
Minimale soziale Betreuung
Mit Selina Flückiger habe man eine bestens geeignete und qualifizierte Betreuungsperson für die Bewohnenden gefunden, ist Philipp Bigler überzeugt. Flückiger ist ausgebildete Sozialarbeiterin und hat in der WG eine Zehnprozent-Anstellung. «Ich finde die WG Mischer ein spannendes Projekt, weil verschiedene junge Leute in diversen Lebenssituationen aufeinander treffen», sagt sie. Manchmal wundere sie sich, wie ruhig es in dieser WG zu und her ginge. Schliesslich wohnten zehn Jugendliche hier und es habe noch nicht eine Reklamation wegen Lärmbelästigung gegeben. Einmal pro Woche komme sie für einen halben Tag vorbei und schaue nach dem Rechten. «Ich wohne ganz in der Nähe, was ein grosser Vorteil ist», ergänzt sie. Vor allem, wenn man einmal schnell vorbeischauen müsse.
Gute Akzeptanz
Zu Beginn der WG Mischer besuchte Asyl Berner Oberland nach der Lehrstellenbörse die WG, worauf es zum Einzug von ehemaligen Flüchtenden kam, die jetzt eine Ausbildung absolvieren. Auch der hiesige Gewerbeverein schätzt das Angebot. Jonas Wanzenried, Präsident des Gewerbevereins Saanenland, bestätigt auf Anfrage: «Wir begrüssen das Angebot der WG Mischer sehr. Da werden Möglichkeiten und Räume geschaffen, die für das Saanenland von Bedeutung sind.» Die Arbeitgeber in der Region würden das Angebot weiterempfehlen und er sei persönlich froh, dass die WG aktuell gut genutzt werde, so Wanzenried.
Die Finanzierung
Die Verantwortlichen der WG Mischer sind in der glücklichen Lage, dass ihr Projekt nicht profitorientiert arbeiten, sprich rentieren muss. «Die Liegenschaft gehört der Gemeinde Saanen und wir müssen nur für jene Teile des Hauses Miete bezahlen, die wir effektiv nutzen. Das ist sehr fair», sagt Bigler und ergänzt: «Durch die Mieten der Bewohnenden und durch die Mitgliederbeiträge unserer Vereinsmitglieder kommen wir gut über die Runden. Zudem haben wir grosszügige Sach- und Geldspenden bekommen.»
Zukunftsverhandlung im Sommer
Die WG Mischer startete für eine dreijährige Pilotphase. Ende August des nächsten Jahres läuft diese Phase aus. Was passiert dann mit der WG und vor allem mit den Bewohnenden? Die Auslastung von 90 Prozent zeige, dass diese Wohnform ein grosses Bedürfnis im Saanenland darstelle und die WG Mischer ihre Berechtigung habe, ist Bigler überzeugt. «Wir werden im kommenden Sommer mit dem Vermieter über ein Definitivum verhandeln und hoffen, dass wir im heutigen Rahmen weitermachen können», so Philipp Bigler.