Ein Gaudi für Gross und Klein
03.11.2025 Kultur«Circus Brass» – unter diesem Titel lud die Brass Band «Harmonie» Saanen am vergangenen Samstag zu ihrem Familien- und Herbstkonzert ein. Und das Publikum wurde nicht enttäuscht, weder die Kleinen am Nachmittag noch die Grossen am Abend.
...«Circus Brass» – unter diesem Titel lud die Brass Band «Harmonie» Saanen am vergangenen Samstag zu ihrem Familien- und Herbstkonzert ein. Und das Publikum wurde nicht enttäuscht, weder die Kleinen am Nachmittag noch die Grossen am Abend.
ANITA MOSER
«Jaaa», rufen die Kinder jeweils lautstark, wenn Kasperli fragt: «Sind ihr alli da?» Ganz ähnlich tönte es auch am Samstagnachmittag im Landhaussaal. «Bym Vorhang sy si», ruft es aus Dutzenden Kinderkehlen, als Clown Jeanloup gesteht, dass er leider seine zwei Leitern zu Hause vergessen habe. «Muesch di umdräie», «vor em Vorhang» – werden die Rufe noch lauter und präziser, als der Clown wieder und wieder in die falsche Richtung läuft. Endlich sieht er die beiden Metallleitern. Und natürlich klappt auch das Kunststück nicht auf Anhieb, immer wieder droht eine der Leitern zu kippen. «Cha mer bitte öpper hälfe…?» Kaum gefragt, schnellen viele Kinderhände in die Höhe.
Wettrennen um den Taktstock mit dem Zirkusdirektor
Später feuern die Kinder den Clown an, als dieser dem Zirkusdirektor/Dirigenten Michael Bach den Taktstock entreisst und damit losrennt, dicht gefolgt von Michael Bach: durch den Saal, zur hinteren Tür hinaus und zur vorderen Türe wieder hinein und dann gleich nochmals eine Runde.
Viel zu lachen gibt es auch, als der Clown eine Fernbedienung entdeckt, mit der er die Musikantinnen und Musikanten «steuern» kann. Mit einem Klick lässt er sie mitten in der Bewegung stoppen, dann mal laut oder leise, mal schnell, mal laaaangsam spielen – «nid so toll, gället Chinde?», meint er und drückt erneut die Stopp-Taste. «Söll ich sie la rückwärts spiele?», fragt er, drückt breit grinsend die Taste und prompt ertönt ein «Chrüsimüsi». Das geht so lange, bis ihm ein Musikant die Fernbedienung wegnimmt: «So, das längt jetz.»
Jeanloup will natürlich auch mitspielen, aber es klappt weder mit der Posaune noch mit der Querflöte noch so richtig mit der Pauke.
Im Galopp über Hürden und Wassergraben
Zum Schluss lädt er Kinder zu einem Pferderennen ein. Diese lassen sich nicht zweimal bitten. Er nimmt auf dem Bühnenrand Platz, die Kinder sitzen ihm zu Füssen. Es geht los mit Galopp: Alle klatschen fest mit ihren Händen auf die Knie, in der Fankurve der Nationalmannschaft wird die Fahne geschwenkt und «Ole, ole, ole» gesungen, in der Spielgruppenkurve wird so laut wie möglich gekreischt, in der Fankurve des Altersheims wird langsam geklatscht, gefolgt von einem Griff in den Rücken und einem «Aau», dazwischen wird wie wild galoppiert, mal über den Wassergraben oder eine Hürde gesprungen. Die Kinder machen begeistert mit und ihre erwachsenen Begleiter:innen strahlen mit ihnen um die Wette. Wie gut das doch tut, den Alltag draussen zu lassen und herzhaft zu lachen.
Hochstehende Musikvorträge
Aber es gab an diesem Nachmittag und am Abend nicht nur Klamauk, sondern auch sehr viel Musik und zwar vom Feinsten – wie man es sich von der Brass Band «Harmonie» Saanen seit Jahren gewohnt ist. Unter der Regie von Zirkusdirektor Michael Bach verwöhnte die BBHS das Publikum mit gängigen Zirkusmelodien wie «Einzug der Gladiatoren», dem «Säbeltanz» oder «Can Can» sowie mit weiteren Stücken mit Bezug zum Thema Zirkus wie beispielsweise «Eastern Circus Music», «A Sad Clown Waltz» oder «The Acrobats».
Vortrag von der Bläserklasse
Am Familienkonzert am Nachmittag hatte auch die Bläserklasse der Schule Saanen einen Auftritt. Den Taktstock überliess Michael Bach – diesmal freiwillig – Clown Jeanloup.
Goldregen zum Abschluss
Zum Abschluss prasselte ein Goldregen über die ganz in schwarz und mit einer übergrossen, bunten Fliege gekleideten Musikantinnen und Musikanten der Brass Band «Harmonie» Saanen nieder, gefolgt von langanhaltendem, absolut verdientem Applaus. Sie haben nicht nur tolle Musik geboten, sondern auch viel Witz bewiesen. Einmal mehr ist es der BBHS gelungen, Gross und Klein die Blasmusik auf eine spezielle Art näher zu bringen. Wer weiss, vielleicht spielt der eine oder die andere kleine Besucher:in dereinst selber in einer Musikgesellschaft.
Vom Zuckerbäcker zum Clown
Der Luzerner Kurt Bucher, alias Jeanloup, hat eine Lehre als Bäcker-Konditor absolviert. Nach einem Auslandjahr in Ecuador habe er auf sein Herz gehört und ein Studium in Sozialpädagogik gemacht.Er spielt Schlagzeug, war jahrelang Mitglied der Brass Band Bürgermusik Luzern und der Swiss Army Brass Band. 2011 hat er «schlagfertig» (Musikunterricht für Kinder mit einer Behinderung) gegründet und Schlagzeug an der Musikschule Buttisholz unterrichtet.
2007 hat er sein Studium in Sozialpädagogik in Luzern abgeschlossen, nebst Anstellungen bei der Stiftung Brändi und dem Wohnheim Sonnegarte arbeitet er an der Schule Flühli/Sörenberg als Schulsozialarbeiter.
Die Ausbildung an der Theater- und Clownschule Basel bereitete ihm den Weg zum selbstständigen Clown und Künstler. Nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung bei der Stiftung Theodora als Spitalclown ist Jeanloup seit 2015 als selbstständiger Künstler unterwegs. PD
https://jeanloup.ch













